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Feminismus Sexualwissenschaftlerin Shere Hite ist tot

Ihr "Hite Report", eine Studie über weibliche Sexualität, wurde in den Siebzigerjahren zum Bestseller und gilt als feministische Pioniertat. Nun ist die Sexologin mit 77 Jahren gestorben.

Die feministische Sexualwissenschaftlerin Shere Hite ist tot. Das melden der britische "Guardian" und die "Süddeutsche Zeitung". Demnach ist sie am Mittwoch im Alter von 77 Jahren in London gestorben.

Shere Hite wurde in den Siebzigerjahren berühmt durch ihre "Hite Reports", sexualwissenschaftliche Werke, die sich an ein breites Publikum wendeten - und dies auch fanden. Insbesondere der erste "Hite Report" wurde zum Bestseller - in Deutschland war er mit dem Untertitel "Das sexuelle Erleben der Frau" eines der meistverkauften Sachbücher des Jahres 1977.

Die gebürtige Amerikanerin hatte ihr Studium an der Columbia University in New York mit der Arbeit als Model finanziert, es entstanden auch Aufnahmen für den "Playboy". Später protestierte sie gegen eine sexistische Werbekampagne, bei der sie selbst als "Olivetti Woman" im Bild zu sehen war.

Ihr 48 Millionen Mal verkaufter Bestseller wurde von der konservativen Presse verrissen

Von 1972 bis 1978 leitete Hite in New York das "Feminist Sexuality Project NOW". 1978 wurde sie Direktorin der Forschungsstelle "Hite Research International". Lehraufträge und Gastprofessuren zum Thema Sexualität der Frau führten sie an renommierte Universitäten in den USA (Harvard, Cambridge), in Frankreich (Sorbonne) und in Japan.

Bekannt wurde Hite in erster Linie mit ihren drei Reporten zu Sexualität, die heftige Diskussionen, zunächst in den USA, auslösten. Im Gegensatz zu Sexualwissenschaftlern wie Alfred Kinsey und Masters & Johnson erreichten Hites Studien weltweit die breite Masse der Leser. 1976 brachte sie ihre erste Studie zur weiblichen Sexualität ("The Hite Report: A Nationwide Study of Female Sexuality") auf den Markt. Der Inhalt ihres über 48 Millionen Mal verkauften Bestsellers, den die konservative amerikanische Presse wegen der provozierenden Ergebnisse über eheliche und außereheliche Beziehungen verriss, beruhte auf der Auswertung von Fragebögen.

Demnach kam von den befragten Frauen im Alter zwischen 14 und 78 Jahren nur knapp jede dritte (30 Prozent) allein durch Penetration zum Höhepunkt. Jede fünfte Frau (19 Prozent) bedurfte eines zusätzlichen Anreizes: der manuellen Stimulation der Klitoris. Vier Fünftel schließlich masturbierten - mit dem nachhaltigsten Erfolg: 95 Prozent von ihnen erreichten so den Höhepunkt.

Methodisch in gleicher Weise ging Hite bei der fünf Jahre später erschienenen Studie über die männliche Sexualität, "The Hite Report On Male Sexuality", vor. 1987 schloss sie die Trilogie mit einem rund tausend Seiten umfassenden Bericht "Women and Love. A Cultural Revolution in Progress" ab.

Wegen der Medienkampagnen gegen ihre Person siedelte Hite zwischenzeitlich nach Europa über. 1985 heiratete sie den deutschen Konzertpianisten Friedrich Höricke und nahm 1995 auch die deutsche Staatsbürgerschaft an. 1999 trennte sich das Paar. Zuletzt lebte sie mit ihrem zweiten Ehemann Paul Sullivan in London. Sie hatte zuletzt an Alzheimer- und Parkinson-Krankheiten gelitten.

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