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Tod mit 96 Jahren Komponist und Dirigent Friedrich Cerha ist tot

Zu seinen berühmtesten Arbeiten zählt die Vollendung der Oper »Lulu«: Friedrich Cerha galt weit über seine Heimat Österreich hinaus als Wegbereiter der Neuen Musik. Mit 96 Jahren ist er in Wien gestorben.
Friedrich Cerha

Friedrich Cerha

Foto: Mirjam Reither / picturedesk.com / picture alliance

Der österreichische Komponist und Dirigent Friedrich Cerha ist tot. Er starb im Alter von 96 Jahren am Dienstag in Wien, wie seine Familie der Nachrichtenagentur dpa mitteilte. Er galt als einer der wichtigsten zeitgenössischen Komponisten der Welt.

Cerha, der vielfach ausgezeichnet wurde, schrieb mehr als 200 Orchester-, Kammermusik- und Solowerke. Bekannt wurde er besonders als jener Künstler, der Alban Bergs Oper »Lulu« vollendete.

Cerha, geboren 1926 in Wien, begann im Alter von sechs Jahren mit dem Geigenunterricht und schuf bereits in der Schulzeit erste Kompositionen. Noch vor der Matura wurde er 1943 zur Wehrmacht eingezogen. In Dänemark kam er in Kontakt mit dem antifaschistischen Widerstand und desertierte. Nach einer Irrfahrt durch Deutschland und Pommern gelang ihm 1945 die Flucht zu Fuß nach Tirol, wo er zunächst als Hüttenwirt und Bergführer lebte. Im November 1945 kehrte er nach Wien zurück und studierte ab 1946 an der Wiener Universität Philosophie, Musikwissenschaft und Germanistik sowie an der Akademie für Musik Komposition.

»Doyen der Neuen Musik«

Nach dem Abschluss war Cerha zunächst als Konzertgeiger und Musiklehrer tätig. 1958 gründete er zusammen mit seiner Frau Gertraud Cerha und dem Komponistenkollegen Kurt Schwertsik das Kammerensemble »die reihe«, das es sich zur Aufgabe machte, moderne Komponisten wie Alban Berg, Anton Webern und Arnold Schönberg bekannt zu machen. »Als 1926 Geborener hat er uns bewusst gemacht, wie sehr die Neue Musik den demokratischen Geist als Voraussetzung braucht, um sich entfalten zu können«, sagte Österreichs Kultur-Staatssekretärin Andrea Mayer am Dienstag.

Mit dem Orchesterzyklus »Spiegel« schuf er Anfang der Sechzigerjahre ein erstes Hauptwerk. Der Zyklus wurde wegen fehlender Aufführungsmöglichkeiten in Österreich erst zehn Jahre nach der Fertigstellung bekannt. Ein weiterer Triumph gelang ihm mit seiner vollendeten Fassung von Bergs »Lulu«. Die komplette dreiaktige Oper wurde erstmals am 24. Februar 1979 – mehr als vier Jahrzehnte nach der Uraufführung des von Berg hinterlassenen Fragmentes – in der Pariser Oper aufgeführt und als eines der größten Musikereignisse der Siebzigerjahre gefeiert.

Parallel zu seiner Arbeit als Komponist und Dirigent war Cerha auch als Hochschullehrer tätig und unterrichtete von 1976 bis 1988 an der Hochschule für Musik in Wien. Zu den zahlreichen Ehrungen, die ihm zuteilwurden, gehören der Goldene Löwe der Biennale Venedig für sein Lebenswerk sowie das Goldene Ehrenzeichen der Stadt Wien.

Der »Kurier«  würdigte Cerha zu seinem Tod als »Doyen der Neuen Musik in Österreich, der nicht nur die Musikszene darin unterstützt hat, weltoffener und neugieriger zu werden«.

hpi/dpa