Der bei einem Flugzeugabsturz umgekommene Selfmade-Millionär Rainer Schaller war ein Meister des Marketings. Von Würzburg zog er aus und schuf die grösste Fitnesskette der Welt. Sein Name bleibt aber auch verbunden mit der Love-Parade-Katastrophe im Jahr 2010.
Um eine gute Marketing-Idee war Rainer Schaller nie verlegen: Er engagierte einst die in Deutschland sehr belieben Witali und Wladimir Klitschko als Testimonials für seine Sportstudiokette McFit, heuerte den Stardesigner Michael Michalsky für den Entwurf von Home-of-Fitness-Studios mit Loft-Charakter an oder ersteigerte für eine Million Euro zugunsten der Aktion «Ein Herz für Kinder» ein Fussballspiel der McFit-All-Stars gegen den FC Bayern. Zu dem Event kamen rund 50 000 Zuschauer in die Arena auf Schalke. Der Einsatz hat sich meist gelohnt – in nur gut zwanzig Jahren schuf Schaller ein globales Fitnessstudio-Imperium.
Schon bei der Gründung seines ersten Studios 1997 startete der gebürtiger Franke mit dem cleveren Slogan «Jetzt auch in Würzburg» – und suggerierte damit, dass es sich um die neue Filiale einer möglicherweise grossen amerikanischen Kette handele. Zuvor hatte sich der Sportfan selbst eine kleine Muckibude gezimmert, in der er für ein paar Mark auch Kumpels trainieren liess. Die Idee war geboren. Sein späteres Geschäftskonzept eines 24 Stunden geöffneten Discount-Fitnessstudios ohne Wellness funktionierte glänzend. Das «Handelsblatt» schrieb einmal despektierlich von «Billigstudios für Türsteher und H&M-Verkäuferinnen».
Schon bald eröffnete Schaller weitere Filialen mit der Banane als Maskottchen im Logo. Im Jahr 2000 erfolgte mit jeweils einem Studio in Bochum und Oberhausen der Sprung von Bayern ins Ruhrgebiet, sozusagen die Proll-Hochburg Deutschlands. 2002 eröffnete der 1,92-Meter-Mann dann gleich vier Studios auf einmal in Berlin. Im Jahr 2006 hatte McFit bereits über 400 000 Mitglieder. «Einfach erfolgreich gründen» könnte man über Schaller in Anlehnung an den damaligen McFit-Werbeslogan «Einfach gut aussehen» sagen.
Am Samstag ist Schaller im Alter von nur 53 Jahren bei einem Flugzeugunglück ums Leben gekommen. Er sass zusammen mit seiner Freundin und ihren beiden Kindern sowie einer weiteren Person in einem Privatflugzeug, das im mexikanischen Palenque gestartet und auf dem Weg zum Flughafen Limón in Costa Rica war. Die Maschine des eher seltenen Typs Piaggio P.180 Avanti war am Freitagabend (Ortszeit) rund 25 Meilen vor Limón vom Radar verschwunden. Zu diesem Zeitpunkt herrschten schlechte Witterungsverhältnisse.
Inzwischen wurden von den Behörden Trümmerteile, Gepäckstücke und die Leichen eines Erwachsenen und eines Kindes geborgen. Der Minister für öffentliche Sicherheit von Costa Rica bestätigte am Wochenende zudem, dass es sich bei den Passagieren um deutsche Staatsbürger gehandelt habe. Der Pilot des Flugzeugs sei Schweizer gewesen.
Der gebürtige Bamberger war im wahrsten Sinne des Wortes immer ein Unternehmer. Nach abgebrochener Schule absolvierte er eine Lehre zum Einzelhandelskaufmann und übernahm in der fränkischen Heimat die Edeka-Filialen seiner Eltern. Von den zeitweise vier Filialen war das Stammhaus in Schlüsselfeld immer noch in seinem Besitz. Der Selfmade-Millionär zeigte, dass man es mit viel Enthusiasmus, Tatkraft und guten Ideen auch ohne Universitätsabschluss zu Reichtum bringen und ein Imperium schaffen kann. Sein Unternehmen wuchs nicht nur organisch, sondern auch durch Übernahmen, etwa von Fit 24 im Jahr 2007. Vor drei Jahren wurde das Vermögen von Rainer Schaller in den Medien auf 250 Millionen Euro geschätzt.
2019 firmierte er die McFit Global Group um in RSG Group (Rainer Schaller Global Group) und eröffnete in der Schweiz Studios unter der Premiummarke John Reed. Ein Jahr später erwarb der bekennende Fan von Arnold Schwarzenegger für 100 Millionen Dollar die amerikanische Fitnesskette Gold’s Gym, die sich gerade im Insolvenzverfahren nach Chapter 11 befand. Diese war 1965 im kalifornischen Venice Beach gegründet worden, das sich für eine gewisse Zeit zum Zentrum der globalen Bodybuilder-Szene entwickelt hatte.
Derzeit betreuen rund 41 000 Mitarbeiter in 1000 Studios rund 6,4 Millionen Mitglieder in 48 Ländern auf allen Kontinenten. Zu den 21 Marken gehören auch zwei Modelagenturen und eine Firma für Nahrungsergänzungsmittel. McFit ist somit auch die Geschichte einer deutschen Kleinstfirma, die zu einem globalen Champion aufgestiegen ist. Die RSG gilt als grösste Fitnesskette der Welt.
Doch wie wohl jeder Unternehmer musste auch Schaller Rückschläge einstecken. So misslang das Vorzeigeprojekt «The Mirai», mit dem er in Oberhausen den grössten Fitnesstempel der Welt aufbauen und sein eigen nennen wollte, was aber vor allem an der Corona-Pandemie lag, die allen Fitnessstudiobetreibern stark zusetzte.
Seine schmerzhafteste Niederlage steht im Zusammenhang mit der Love-Parade, dem Vorbild der Zürcher Street Parade. Schaller hatte den serbelnden Techno-Event Mitte der nuller Jahre von Berlin ins Ruhrgebiet geholt, die Geschäftsführung übernommen und jährlich mehrere Millionen in die Parade investiert. Er habe mit einem kleinen Budget eine hohe Bekanntheit erreichen wollen, erzählte Schaller später. McFit warb umgehend damit, Hauptsponsor der grössten Party der Welt zu sein. Doch 2010 war die Party jäh zu Ende.
Bei der Veranstaltung in Duisburg starben durch eine Massenpanik 21 Menschen, und über 650 wurden verletzt. Schaller geriet als Veranstalter und Sponsor ins Kreuzfeuer der Medien, wurde selbst aber nie rechtlich belangt. Noch im gleichen Jahr verkündete er das endgültige Aus der Love-Parade. Der Marke McFit und dem weiteren geschäftlichen Erfolg von Schaller schadete die Katastrophe offenbar nicht. Soweit bekannt hinterlässt Schaller einen Bruder, den Dirigenten Gerd Schaller.
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