Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit sind weiterhin erstrebenswerte Ziele aller Menschen

Ohne Psychologie wird die Menschheit nicht weiterkommen

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Auch wenn die Überlebensfrage der Menschheit angesichts eines möglichen präventiven Atomkriegs (1) gegenwärtig im Zentrum aller Überlegungen steht, sollten weise Aufklärer „über den Tag hinaus“ denken und überlegen, wie die Mitmenschen in einer Neuen Weltordnung asiatischer Prägung leben wollen. Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit sind weiterhin erstrebenswerte Ziele aller Menschen. 

Wie auch immer sich die Welt entwickeln wird – ohne die Erkenntnisse der wissenschaftlichen Psychologie wird die Menschheit nicht weiterkommen. Als langjähriger Psychologe und Psychotherapeut steht der Autor zu seiner Prognose. Im Folgenden soll die Entwicklung der modernen Psychologie kurz dagestellt werden.

Es wird nicht leicht sein, Mitbürgern mit verschiedenem Bildungsgrad sowie Jung und Alt das Wissen über sich selbst und die Menschen generell zu vermitteln. Bis heute werden sie von Eltern, Kirche und Staat autoritär und religiös erzogen und so programmiert, dass es schwer sein wird, sie auf ihre Probleme aufmerksam zu machen.

Doch Bildung bedeutet, den Menschen zu vermitteln, wie sie ihre Probleme lösen und wie sie leben können. Auch sollten sie erfahren, welche Meinung sie über sich selbst, ihre Partner, Nachbarn, über den Staat und die Gemeinde und welche Haltung sie gegenüber ihren Kindern haben sollen.

Erst in der Neuzeit begannen die Menschen, sich zu erkennen

Vor dem Zeitalter der Psychologie herrschte im Gegensatz zur auf Kausalität beruhenden Wissenschaft die magische Weltanschauung des Mittelalters und der Religion, die die Menschen fest im Griff hatte. Man war der Meinung, dass die Seele des Menschen hier auf dieser Welt nur eine Prüfung durchmacht und dass der Mensch in den Himmel gehört; dort sei das ewige Leben.

Erst Ludwig Feuerbach hat dieses Problem erschüttert, indem er aufzeigte, dass dem nicht so ist (2). Doch seine Erkenntnis wird immer noch bekämpft und nicht weitervermittelt. Noch heute gilt in den Schulen das alte Prinzip der Religion, der übernatürlichen Bestimmung des Menschen. Auch die Gefühle der Menschen durften nicht erforscht werden; die Kirche war dagegen. Naturforscher waren deshalb auf dem falschen Weg, wenn sie andere Völker – die sogenannten Wilden – beobachtet haben.

Erst durch die materialistische Geschichtsauffassung im vorletzten Jahrhundert haben die Menschen angefangen, sich mit sich selbst zu befassen. Sie begannen, den Menschen zu erkennen, zu deuten und sich zu erklären, warum er sich so verhält. Das war der Beginn der Neuzeit.

Die materialistische Geschichtsauffassung war ein großer Einbruch in die Gefühlswelt der Menschen. Karl Marx und die freiheitlichen Sozialisten haben angefangen, den Menschen richtig zu sehen. Wären diese Gedanken nicht bekämpft worden, wäre die Menschheit bereits viel weiter; die Menschen könnten sich das Leben in jeder Beziehung besser einrichten. Dabei hatte Marx den deutschen Philosophen Wilhelm Hegel als Vorbild. Und der hatte noch Gott und das Absolute in der Natur gesehen.

Karl Marx stützte sich jedoch auf Feuerbach ab, lehnte die übernatürliche Tendenz ab und fand heraus, dass die Haltung des Menschen geändert werden kann. Die Tiefenpsychologie bestätigt das. Marx war der Auffassung, dass das Bewusstsein des Menschen durch die Verhältnisse geprägt wird (Das Sein bestimmt das Bewusstsein.). Er hat den Menschen zurückgeholt auf die Erde. Auch hatte er Recht, dass sich die Menschen ändern, wenn ihr Leben gesichert ist, wenn sie einen gedeckten Tisch haben. Sie haben dann andere Gedanken, andere Gefühle und eine andere Beziehung zu den Mitmenschen. Solange die Menschen Angst haben, glauben sie. In der materialistischen Geschichtsauffassung hörte der Glaube an Götter und übernatürliche Wesen auf.

Wenn die gesellschaftlichen Verhältnisse die Menschen ändern, assoziieren sie sich mit ihren Mitmenschen, glauben an sie und fühlen sich in sie ein, indem sie an sie appellieren. Der andere Mensch will so gut leben wie ich, er will ein Dach über dem Kopf haben. Er macht mit, sagten die freiheitlichen Sozialisten, die Anarchisten. Vor den anderen Menschen muss man keine Angst haben und in ihrer Freiheit keine Gefahr sehen. Die freiheitlichen Sozialisten wollten eine Gemeinschaft haben, wo jeder Mensch entscheidet, welchen Weg er wählen, mit wem er sich assoziieren, wie er leben will. Diese Freiheit sollte man allen Menschen geben.

Freiheit bedeutet, dass der Mensch seine Sicherheit hat und nicht um die Kirchensuppe betteln muss. Das Prinzip der Freiheit sollte so verstanden werden, dass jeder arbeitende Mensch weiß, dass wenn er nicht mehr arbeiten kann, wenn er erkrankt, dass er dann dieselbe Möglichkeit hat zu leben, dass er den Lohn, den er heute hat, weiter haben wird, dass er seine Wohnung behalten, dass er weiterleben kann.

Doch eines hat Karl Marx den Menschen nicht zugemutet: dass man sie sofort freilassen kann. Er hatte es sich so vorgestellt, dass Revolutionäre die Macht und den Staat übernehmen und diese dann Gerechtigkeit und das Recht auf Leben, Grund und Boden schaffen. Wenn in den Fabriken Arbeiterräte das Sagen hätten, würde der Staat absterben, sich zurückziehen. Doch das hat sich als Irrtum erwiesen, weil sich Menschen unter dem Prinzip der Gewalt und Autorität nicht entwickeln können, sondern korrupt werden.

Wenn das Sein das Bewusstsein bestimmt, wie Marx sagte, dann beginnt das Sein, wenn den Menschen die Freiheit gegeben wird – und zwar sofort! Nicht der Staat, sondern die Gemeinschaft der Menschen entscheidet: der Bauer, der Angestellte, der Arbeiter in der Fabrik und die Gemeinde. Es muss kein Kommissär oder Städter kommen und Anordnungen treffen. Was will jemand, der das Problem nicht kennt, dem Bauern beibringen?

Die Tiefenpsychologie – ein Kind der Naturwissenschaft

Ohne materialistische Geschichtsauffassung wäre die Psychologie in ihrer Forschung nicht auf dem heutigen Stand. Die Psychologie ist eine Wissenschaft über das Wesen des Menschen, über die menschliche Natur. Als empirische Wissenschaft erforscht sie das geistige und seelische Leben des Menschen mittels systematischer Beobachtung und aufgrund von Erfahrungen: wie wird der Mensch, wie wächst er heran, welche Erlebnisse macht er und wie findet er sich in seinem Leben zurecht.

Naturwissenschaftlich orientierte Psychologen beobachten, messen und analysieren mit dem Ziel, Regelmäßigkeiten zu erkennen und ihre Forschungsergebnisse allen Menschen zur Verfügung zu stellen. Damit kann die Psychologie den Menschen vermitteln, wie sie naturgemäß leben und ihre Lebensprobleme lösen können. Auch lernen sie, die eigenen Gefühle und Reaktionsweisen und diejenigen der anderen Menschen zu erkennen und zu verstehen. Wenn sie die Gefühlswelt der Mitmenschen kennen lernen, dann können sie auch ihre Taten und Handlungsweisen einschätzen – diejenigen ihrer Mitbürger und diejenigen von Politikern und Machthabern.

Leider wird die Wissenschaft der Psychologie in vielen Ländern immer noch unterschätzt oder falsch eingeschätzt. Es gibt nämlich keine Politik ohne Psychologie und auch die Tatsache, dass Kriege geführt werden, ist auf den Mangel an psychologischer Erkenntnis zurückzuführen. Während des deutschen und weltweiten Faschismus haben die meisten Psychologen kläglich versagt und sich für mörderische Kriege einspannen lassen (3).

Der entscheidende Durchbruch in den intellektuellen Gesellschaftsschichten gelang den Naturwissenschaften erst im 17. Jahrhundert. Das löste im Zusammenhang mit der Aufklärung eine wissenschaftliche Revolution aus. Über zwei Jahrhunderte später entdeckte und erforschte der österreichische Arzt, Tiefenpsychologe, Kulturhistoriker und Religionskritiker Sigmund Freud das Unbewusste im Menschen und begründete die Psychoanalyse.

Freud war der Auffassung, dass die ganze Welt ein Spital sei, ein Kranken- oder Irrenhaus. Es gäbe keinen Menschen, der seine Probleme lösen könne. Wenn wir uns heute in der Welt umschauen, stellen wir fest, dass alle Menschen ohne Ausnahme durch die traditionelle Erziehung nicht gesund, sondern psychisch irritiert sind. Erfahrene Psychotherapeuten bestätigen dies. Aus diesem Grunde sind Aufklärung und Bildung der Menschen von großer Bedeutung. Wichtiger jedoch ist das Problem der Erziehung, welches – nach dem deutschen Schriftsteller Jean Paul – den eigentlichen Hebelarm der Kultur darstellt.

Die Bedeutung der Erziehung für eine lebenswerte Zukunft

Wenn es uns ein Anliegen ist, dass alle Bürger zukünftig in einer friedlichen, freien und gerechten Welt leben, dass die Menschen sich und ihre Mitmenschen verstehen und dass Gewalt, Kriege und die Herrschaft von Menschen über den Menschen ein ende finden, dann müssen wir uns dem Erziehungsproblem zuwenden und über die vergangenen und zukünftigen Erziehungsmethoden sprechen.

Die neuere tiefenpsychologische Forschung hat Eltern, Lehrkräften, Pädagogen, Psychologen und allen anderen Interessierten bewusst gemacht, dass der Mensch in einem derartigen Maße das Produkt seiner Erziehung ist, dass man die Hoffnung haben darf, durch bessere, das heißt psychologische Erziehungsmethoden Menschen heranbilden zu können, die gegen die Verstrickungen des Machtwahns gefeit sein werden.

Die Erziehungsmethoden der Vergangenheit schufen einen Menschentypus, der die Tragödie der Geschichte verursachen konnte. Das autoritäre Prinzip, jahrhundertelang als fraglos-gültige Grundlage des erzieherischen Verhaltens angesehen, drosselte bereits in den Kindheitsjahren das Gemeinschaftsgefühl der Menschen und stattete sie mit jener Aggressionsbereitschaft aus, durch die eine gewalttätige Welt im Zustand der Gewalttätigkeit verharren konnte.

Indem die Pädagogik in Elternhaus und Schule auf unangemessenes Autoritätsgebaren und auf Gewaltanwendung verzichtet und sich mit wahrem Verständnis dem kindlichen Seelenleben widmet, wird sie einen Menschentypus hervorbringen, der keine „Untertanen-Mentalität“ besitzt und darum für die Machthaber in der Welt kein gefügiges Werkzeug mehr sein wird.

Die Demokratisierung der Erziehung im Sinne der Achtung vor der kindlichen Persönlichkeit und die freundschaftliche Zuwendung des Erziehers zu seinem Zögling auf der Grundlage einer konsequenten zwischenmenschlichen Anti-Autorität wird den wertvollsten Beitrag zum Aufbau einer humanen Gesellschaftsordnung leisten.

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Dr. Rudolf Lothar Hänsel ist Lehrer (Rektor a. D.), Doktor der Pädagogik (Dr. paed.) und Diplom-Psychologe (Dipl.-Psych. mit Schwerpunkt: Klinische-, Pädagogische-, Medien- sowie Individual-Psychologie). Viele Jahrzehnte unterrichtete er und bildete Fachkräfte fort. Als Pensionär arbeitete er als Psychotherapeut in eigener Praxis. In seinen Büchern und pädagogisch-psychologischen Fachartikeln fordert er eine bewusste ethisch-moralische Werteerziehung und eine Erziehung zu Gemeinsinn und Frieden. Sein Lebensmotto (nach Albert Camus): Geben, wenn man kann. Und nicht hassen, wenn das möglich ist.

Noten 

1. https://www.globalresearch.ca/the-privatization-of-nuclear-war/5458265

2. Feuerbach, Ludwig (1994). Das Wesen des Christentums. Stuttgart

3. Baumgarten, Franziska (1949). Die Deutschen Psychologen und die Zeitereignisse. Zürich

Featured image: BAZA Productions, courtesy of ShutterStock.


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Articles by: Dr. Rudolf Hänsel

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