Luxemburg bietet Steuererleichterungen für Publikumsfonds an, die davon abhängen, wie viel des jeweiligen Portfolios der europäischen grünen Taxonomie entspricht. Laut Analysten von Goldman Sachs ist dies das erste Beispiel für einen direkten finanziellen Anreiz für Investoren, das EU-Regelwerk für nachhaltiges Investieren zu befolgen. Richtig umgesetzt dürfte es mehr Geld in ESG-Fonds lenken.

Das Problem ist, dass es noch nicht genügend verlässliche Umwelt-, Sozial- und Governance-Daten von Portfoliounternehmen gibt. Als Folge ist es schwierig für Fondsmanager, ihre ESG-Arbeit entsprechend den Anforderungen zu dokumentieren. Investmentfirmen können bisweilen nicht nachweisen, dass sie die Art von nachhaltigen Allokationen vornehmen, die eine Steuervergünstigung auslösen würden, sagte Dario Zambotti, Direktor bei Deloitte, der auf Dienstleistungen im Bereich Nachhaltigkeit spezialisiert ist.

"Es ist für Vermögensverwalter sehr schwierig, eine solide Analyse ihres Portfolios durchzuführen und Ergebnisse zu erzielen, auf deren Grundlage ein Wirtschaftsprüfer eine angemessene Zusicherung geben könnte", so Zambotti. Auf dem Spiel stehen bis zu 260 Millionen Euro an jährlichen Vergünstigungen für in Luxemburg registrierte nachhaltige Fonds, sagte er.

Zeichnungssteuer

"Gegenwärtig ist das Verfahren mit hohem Informations- und Arbeitsaufwand verbunden, birgt hohe Reputationsrisiken und führt möglicherweise zu lediglich begrenzten wirtschaftlichen Einsparungen", erklärte Zambotti.

Luxemburger Publikumsfonds unterliegen im Allgemeinen einer jährlichen Zeichnungssteuer von 0,05 Prozent auf ihren Nettoinventarwert. Fonds, die nachweisen können, dass ihre Portfolios mit der grünen Taxonomie der EU übereinstimmen, können diesen Satz auf bis zu 0,01 Prozent senken. Die Regelung kann somit nachhaltigere Investitionen incentivieren und darüber hinaus die Attraktivität Luxemburgs als Standort für grüne Geldgeber erhöhen.

Eine Sprecherin des luxemburgischen Finanzministeriums lehnte es ab, Einzelheiten über die Anzahl der Fonds, die die Steuererleichterung beantragt haben, zu nennen. Im Allgemeinen, so sagte sie, verzeichne der Markt für nachhaltige Fonds in Luxemburg "weiterhin signifikantes Wachstum". Im vergangenen Jahr sei etwa ein Drittel der europäischen ESG-Vermögenswerte in Luxemburg verwaltet worden, auf das auch 38 Prozent der Nettozuflüsse in nachhaltige Fonds in der Region entfielen.

Regelung inkonsistent und unvollständig

Das europäische Regelwerk für ESG-Investitionen - die Verordnung über die Offenlegung nachhaltiger Finanzprodukte - trat im März 2021 in Kraft. Doch der Wunsch der EU, den ersten weltweiten Massstab zu setzen, führte zu einem Rahmenwerk, von dem die Behörden jetzt zugeben, dass es überhastet kam und daher inkonsistent und unvollständig ist.

Börsennotierte Unternehmen sind noch nicht verpflichtet, an der Taxonomie ausgerichtete Daten offenzulegen, obwohl Fonds diese Informationen für ihre ESG-Offenlegungen benötigen. Die Association of the Luxembourg Fund Industry hat davor gewarnt, dass Investmentmanager die Auflegung neuer ESG-Fonds zunehmend auf Eis legen könnten, solange sie noch versuchen, sich einen Überblick über die verschiedenen regulatorischen Risiken zu verschaffen.

Da die Unternehmen die notwendigen Daten noch nicht vorlegen, müssen Fonds, die die Steuervergünstigung einstreichen wollen, zusätzliche Prüfverfahren durchführen, um Vollständigkeit und Zuverlässigkeit ihrer Berechnungen zu gewährleisten. 

"Die fehlenden Informationen erlauben es den Vermögensverwaltern nicht, von dieser Möglichkeit wirklich zu profitieren", so Zambotti.

Unklarheit bei Erdgas und Atomkraft

Ausserdem gab es viel Unklarheit, wie umstrittene Vermögenswerte wie Erdgas und Kernenergie im Rahmen der Taxonomie behandelt werden würden - das EU-Parlament stimmte mittlerweile dafür, beide als grün zu kennzeichnen. 

Trotz dieser Hürden wird eine Steuervergünstigung, wie sie Luxemburg anbietet, als der richtige Weg angesehen. Deloitte geht davon aus, dass im Laufe der Zeit mehr Fondsmanager die Vergünstigung in Anspruch nehmen werden. Andere glauben, das luxemburgische Modell wird anderenorts übernommen.

"Es würde mich nicht überraschen, wenn andere Länder ähnliche Massnahmen in Erwägung ziehen", so Arthur Krebbers, Leiter des Bereichs Corporate Climate and ESG Capital Markets bei NatWest Markets. "Es ist klar, dass verschiedene nationale Gremien versuchen werden, Anreize für eine starke Anpassung an die EU-Taxonomie zu schaffen."

(Bloomberg)