Partylaune oder Katerstimmung? Mit ihrer Zinsentscheidung am Mittwoch wird die US-Notenbank Experten zufolge das Börsengeschehen der kommenden Wochen prägen. Dass die Federal Reserve den Schlüsselsatz um 0,75 Prozentpunkte anhebt, gelte als sicher, sagt Stephen Innes, Geschäftsführer beim Vermögensverwalter SPI. Daher werde der Ausblick entscheidend. Sollte die Fed ein langsameres Zinserhöhungstempo signalisieren, wären das gute Nachrichten für das Wachstum der Weltwirtschaft.

Denn Experten befürchten, dass eine zu starke Straffung der Geldpolitik die Konjunktur abwürgt. "Das letzte Mal, dass es den politischen Entscheidungsträgern in den USA gelang, die Inflation von einem so hohen Niveau aus zu senken und gleichzeitig eine Rezession zu vermeiden, war 1951", gibt Shamik Dhar, Chefvolkswirt des Vermögensberaters BNY Mellon, zu bedenken.

Risikofaktoren Italien und Energiesicherheit

Ein weiterer Risikofaktor sei die Regierungskrise in Rom, warnt Portfoliomanager Thomas Altmann vom Vermögensberater QC Partners. "Italien das Potenzial dazu, zum Horrormärchen dieses Sommers zu werden. Mindestens bis zur Neuwahl am 25. September wird die italienische Unsicherheit nicht abnehmen." Experten bezweifeln, dass eine neue Regierung ähnlich reformfreudig sein werde wie die des scheidenden Ministerpräsidenten Mario Draghi.

Der SMI erreichte im Verlauf der gesamten letzten Woche ein Plus von 1,1 Prozent. An den Märkten sei in den vergangenen Tagen eine gewisse Entspannung spürbar gewesen, erklärte George Alevrofas, Anlagechef von VT Wealth Management. 

Dennoch blieben die Marktteilnehmer vorsichtig. "Die geopolitische Lage, die steigende Inflation, die anziehenden Zinsen, die De-Globalisierung und die sich abschwächende Wirtschaft rufen keinesfalls nach Neuengagements", erklärte er.

Bruttoinlandsprodukt und IFO-Index im Blick

Bei den Konjunkturdaten richten Börsianer ihr Augenmerk unter anderem auf die Zahlen zum US-Bruttoinlandsprodukt am kommenden Donnerstag. "Nachdem die US-Wirtschaft bereits im ersten Quartal um auf Jahresrate hochgerechnet 1,6 Prozent gegenüber dem Vorquartal geschrumpft ist, werden die Statistiker nächste Woche wohl auch für das zweite Quartal einen Rückgang von einem Prozent melden", prognostiziert Commerzbank-Volkswirt Christoph Balz. "Damit wäre die gerade an den Finanzmärkten weit verbreitete Definition einer Rezession erfüllt."

Deutschland und die Eurozone halten sich dagegen knapp im Wachstumsbereich. Hier sagen Experten jeweils einen Anstieg des Bruttoinlandsproduktes von 0,2 Prozent voraus. Die Zahlen werden am kommenden Freitag erwartet. Den ersten Aufschlag für den Konjunkturdaten-Reigen macht am Montag allerdings der Ifo-Index, der die Stimmung in den deutschen Chefetagen widerspiegelt. Analysten erwarten für Juli einen Rückgang auf 90,5 Punkte von 92,3 Zählern im Vormonat.

Zahlreiche Dax-Firmen und US-Techwerte legen Zahlen vor

Daneben hält eine neue Flut von Firmenbilanzen Investoren auf Trab. Allein ein knappes Dutzend Dax-Firmen geben in der neuen Woche Zahlen bekannt. Hierzu gehören der Chemiekonzern BASF, die Deutsche Bank und Volkswagen. Im Ausland öffnen unter anderem Amazon, Apple, Intel, Microsoft und die Google-Mutter Alphabet ihre Bücher. Aber auch die Konzerne Credit SuisseUBS, Logitech und Nestlé werden ihre Ergebnisse präsentieren.

"Wir sind der Ansicht, dass die aktuelle Berichtssaison entscheidend sein wird, um das volle Ausmaß des Schadens bei den Unternehmensgewinnen zu erkennen, der durch steigende Kosten entstanden ist", schreiben die Experten des Vermögensverwalters Plenisfer. Sollten die Firmen höhere Preise durchsetzen können, werde sich die Inflation als hartnäckig erweisen.

(Reuters/AWP/cash)