Während sich die Europäische Zentralbank darauf vorbereitet, die Zinssätze am Donnerstag zu erhöhen, denken Politiker von Madrid bis Warschau an Massnahmen wie die Aussetzung von Hypothekenzahlungen sowie Bankensteuern, um Verbraucher vor höheren Kreditkosten und der Rekordinflation zu schützen.

Polen hat letzte Woche Hauseigentümern erlaubt, ihre Immobilienkreditraten auszusetzen. Spanien denkt über eine 5-prozentige Steuer auf Bankgebühren und Zinsen nach. Ungarn hat bereits eine Bankensteuer eingeführt.

Banken sind ein einfaches Ziel für Politiker, die nach Wegen suchen, die Auswirkungen der steigenden Inflation abzufedern. Der Kontinent ist traditionell bankenkritisch und die milliardenschweren Rettungen mit Steuergeld während der Finanzkrise haben dem Image nicht geholfen. Für die Kreditinstitute, die bereits mit den Russland-Sanktionen zu kämpfen haben, könnten solche Massnahmen indes ein verlorenes Jahrzehnt verlängern, in dem sie Marktanteile an die Wall Street abtreten mussten und sich schwer taten, dringend benötigte Investitionen zu tätigen.

Spanien will last der Krise gerecht verteilen

"Wir müssen die Last dieser Krise gerecht verteilen und nicht, wie während der letzten, die Schwächsten am stärksten belasten", sagte der spanische Premierminister Pedro Sanchez letzte Woche, als er überraschend die neue Steuer präsentierte.

Der Plan der sozialistischen spanischen Regierung, mit dem 3 Milliarden Euro für Massnahmen zur Abfederung der Inflation aufgebracht werden sollen, hat den Marktwert der fünf grössten börsennotierten Banken des Landes an diesem Tag um rund 6 Milliarden Euro verringert. Die Regierung will eine mehrwertsteuerähnliche Abgabe auf Dienstleistungs- und Zinsgebühren erheben, die Körperschaftssteuer für Banken aber nicht ändern, berichtete Bloomberg.

In Polen, wo die Raten für variabel verzinste Kredite von nahezu Null auf über 6 Prozent in die Höhe geschnellt sind, können bis Ende 2023 bis zu acht monatliche Hypothekenzahlungen ausgelassen werden. Das Moratorium wird die Branche voraussichtlich 20 Milliarden Zloty (4,2 Milliarden Euro) kosten. Die Polensparte mBank verhagelt auch bei der Commerzbank das Quartal mit einer Belastung von bis zu 290 Millionen Euro.

Steigende Zinserträge wecken Begehrlichkeiten

Die europäischen Kreditinstitute machen seit langem die extrem niedrigen und sogar negativen Zinsen für ihre schwache Rentabilität verantwortlich. Banken verdienen ihr Geld zum grossen Teil mit der Differenz zwischen den Zinsen, die sie auf Einlagen zahlen, und dem, was sie für die Kreditvergabe verlangen. Niedrige Zinsen drücken diese Marge. Höhere Zinssätze hingegen erlauben es den Kreditgebern, mehr für Kredite zu verlangen.

In Ländern wie Polen und Schweden, die ihre Zinssätze angehoben haben, steigen die Zinserträge bereits. Viele Regierungen betrachten dieses Wachstum jedoch als unfairen Mitnahmegewinn in einer Zeit, in der die Menschen damit zu kämpfen haben, die Raten für ihre Hauskredite zusammenzukratzen.

Europas Banken "könnten durchaus in den Fokus der Steuerbehörden geraten", schrieben die Analysten der Goldman Sachs unter der Leitung von Chris Hallam nach der spanischen Ankündigung. "Die Befürchtung, dass weitere Länder auf die Liste gesetzt werden könnten, könnte den Sektor für Investoren weniger attraktiv machen."

(Bloomberg)