Europa wartet angespannt auf den Neustart der Pipeline, wenn die Wartungsarbeiten am Donnerstag beendet sein sollen. Putin gab am späten Dienstag das bisher deutlichste Signal dafür, dass Moskau zumindest wieder etwas Gas liefern wird.

Wenn jedoch eine von den Sanktionen betroffene Turbine, die für den Betrieb der Pipeline nötig ist, nicht nach Russland zurückgeschickt wird, werde die Verbindung ab nächster Woche mit nur noch 20 Prozent der Kapazität arbeiten, schränkte Putin ein. Denn dann müsse eine andere Turbine gewartet werden, so der Präsident. Das fragliche Gerät trat erst nach intensiven diplomatischen Bemühungen Berlins seinen Rückweg aus Kanada an.

"Wenn eine weitere kommt, werden zwei in Betrieb sein. Wenn nicht, nur eine, so dass dann 30 Millionen Kubikmeter pro Tag gepumpt werden", sagte er Reportern nach einem Gipfelgespräch im Iran am späten Dienstag. 

Er wolle die Komponente zurück in Russland haben, zusammen mit allen Papieren, sagte er. Gazprom teilte am Mittwoch mit, dass die korrekten Unterlagen noch nicht eingetroffen seien.

Unsicherheit bleibt hoch

Die Gaspreise in Europa stiegen leicht an, während Händler sich schwer taten, die Äusserungen Putins zu deuten. Einerseits sind seine Aussagen positiv, da viele Marktteilnehmer damit gerechnet hatten, dass die Gaslieferungen überhaupt nicht wieder aufgenommen würden. Andererseits sorgt die Konditionalität für Unsicherheit.

"Es ist völlig klar, dass Moskau die Lieferungen aus geopolitischen Gründen drosselt - es will in diesem Winter eine europäische Gaskrise heraufbeschwören, um Europa so weit in die Knie zu zwingen, dass es die Unterstützung für die Ukraine einstellt", sagte Tim Ash, ein leitender Stratege bei Bluebay Asset Management.

Zurzeit fliesst wegen Wartungsarbeiten kein Gas durch die Pipeline nach Europa, wo versucht wird, die Speicher für den Winter aufzufüllen. Vor der Wartung floss das Gas zuletzt nur mit etwa 40 Prozent der Kapazität, was Gazprom auf technische Gründe geschoben hatte. Auch andere Leitungen, etwa durch die Ukraine und Polen, liefen mit verminderter Leistung.

"Damit Russland weiterhin ein geopolitisches Druckmittel hat, muss Gas fliessen, denn nur so kann man damit drohen, den Hahn zuzudrehen", meint Nick Campbell, Direktor der Beratungsfirma Inspired.

Zustand der Turbinen als Streitpunkt

In der Nähe der russischen Ostseeküste befindet sich die Gazprom-Kompressorstation Portovaya, von wo aus das Gas seine 1200 Kilometer lange Reise per Nord Stream nach Deutschland antritt. Als Russland letzten Monat die Lieferungen stoppte, wurden Probleme mit der Station angeführt, die rechtlich von der Pipeline getrennt ist und andere Eigentümer hat.

Portovaya verfügt über sechs grosse Gasturbinen, die ausreichend Druck erzeugen können, um Gas über eine so lange Strecke zu transportieren. Nach Angaben von Gazprom waren jedoch nur zwei davon in Betrieb, bevor die Nord-Stream-Pipeline Anfang des Monats wegen Wartungsarbeiten angeschaltet wurde. Die anderen Komponenten waren zur Wartung beim Hersteller, der Siemens Energy.

Eine Turbine strandete aufgrund der Sanktionen Ottawas gegen Moskau in Kanada, wo sie gerade instandgesetzt wurde. Kanada gab das Bauteil nach Drängen Berlins an Deutschland zurück, und andere Turbinen können nun ebenfalls gewartet werden. Es gibt jedoch keine Klarheit darüber, wann dies geschehen könnte und in welchem Zustand die übrigen Turbinen sind.

Gazprom macht den Zustand der Turbinen verantwortlich für die reduzierten Lieferungen. Deutschland und Italien, beide wichtige Abnehmer, nennen die Reduktion dagegen ein politisches Manöver, was Russland zurückgewiesen hat.

(Bloomberg)