TINA - "There is no Alternative" (zu Aktien) - ist in der Pandemie-Ära das Motto der Märkte schlechthin gewesen. Im diesjährigen Bärenmarkt wurde der Ausdruck aber schon für tot erklärt. Die Berichte über das Ende von TINA waren aber möglicherweise übertrieben. Stattdessen habe sich für den US-Markt die momentane Bezeichnung "TINAC" durchgesetzt: "There is no Alternative Country". Damit werde ausgedrückt, dass Anlegerinnen und Anleger momentan vor allem auf das amerikanische Börsengeschäft setzen sollten. Dementsprechend äusserte sich Ed Yardeni, der Präsident der Beratungsfirma Yardeni Research, in einer Notiz am Montag.

Das liege nämlich daran, dass die gestiegene globale Unordnung einen steigenden Dollar und Kapitalzuflüsse in die US-Finanzmärkte begünstige. Dies sei bereits seit Mitte Juni mit dem Kursanstieg der US-Staatsanleihen ersichtlich, wie der Stratege schrieb. Die Anleger "könnten zum Schluss kommen, dass sie die USA in ihren Portfolios Übergewichten müssen, da kein anderes Land eine Alternative bietet", führt Yardeni weiter dazu aus. Er verweist dabei auf den Ukraine-Krieg, die Möglichkeit eines Wirtschaftseinbruchs in Europa - falls Russland die Gaslieferungen einstellen sollte -, Chinas Covid- und Immobilienprobleme und das politische Chaos in den Schwellenländern.

Entwicklung von US-Aktien im Vergleich zum globalen Aktiengeschäft von Juli 2021 bis Juli 2022. Grafik: Bloomberg

Das Beste vom Schlechtem

Vor dem ernüchternden Hintergrund des weltweiten Preisdrucks, der strafferen Geldpolitik und des langsameren Wachstums, wirkt diese Behauptung aber fast so, als hätte man sich das Beste vom Schlechten ausgesucht. Falls die amerikanische Zentralbank zur Inflationsbekämpfung die Zinsen anhebt, könnte dies zu einer Rezession in den USA führen. Dann würden auch die US-Finanzmärkte keine wirkliche Option für Anlegerinnen und Anleger mehr darstellen.

"Wir sind immer noch vorsichtig, denn es besteht das Risiko, dass die Fed zu weit gehen könnte", sagte Joe Gilbert, Portfoliomanager bei Integrity Asset Management, gegenüber Bloomberg Radio. "Die US-Zentralbank weiss nie, ob sie zu weit gegangen ist, bis es bereits zu spät ist."

Der Dollar gab am Montag leicht nach, blieb aber in Sichtweite seines Rekordhochs. Die US-Futures legten zu, während asiatische und europäische Aktien eine Rallye, welche am Freitag an der Wall Street begonnen hatte, fortführten. Der S&P 500-Index ist seit seinem Tief von Mitte Juni um mehr als 5 Prozent gestiegen und hat den diesjährigen Verlust auf 19 Prozent reduziert.

Es stellt sich nun die grosse Frage, ob es sich dabei nur um einen kurzfristigen Aufschwung des Bärenmarkts, oder doch um den Beginn von etwas Dauerhaftem handelt. Diese Thematik spaltet auch die Marktbeobachter. Der Stratege Yardeni stellt sich dabei auf die Seite der Optimisten und sieht die Möglichkeit eines neuen Bullenmarktes in einigen Monaten voraus. Gemäss seiner Aussage könnte der S&P 500 bis Ende 2023 neue Rekorde aufstellen.

(Bloomberg/cash)