Mit Michael J. Wilson, Cheftstratege für US-Aktien bei Morgan Stanley, hat sich einer der lautstärksten "Bären" an der Wall Street bezüglich der momentanen Dollarstärke geäussert. Die "extreme" Erholung des Dollars im vergangenen Jahr gehe in der Regel mit Marktstress, einer Rezession oder beidem einher, wie er in einem Bericht vom Sonntag schreibt.

Die Fed wolle eine deutliche Konjunkturabschwächung erreichen und ein stärkerer Dollar sei ein Bestandteil dieses Plans. Gemäss Wilson bedeute ein solcher Dollar-Anstieg jedoch auch einen "massiven Gegenwind" für die Gewinne von vielen grossen US-Firmen. Dies wiederum wäre ein weiterer Grund, von getrübten Gewinnaussichten auszugehen, wie er weiter ausführt. "Die jüngste Aktienrallye wird wahrscheinlich verpuffen", meint der Stratege dazu.

Die Entwicklung des Bloomberg Dollar Spot Index von 2018 bis 2022. Grafik: Bloomberg

Der Bloomberg Dollar Spot Index, bei welchem die Performance von zehn führenden Währungen mit dem US-Dollar verglichen werden, ist am heutigen Montag sprunghaft angestiegen. Damit hat dieser inzwischen wieder ein Niveau erreicht, welches zuletzt vor mehr als zwei Jahren bestand hatte. Damals hatte der Ausbruch der Pandemie eine Marktpanik ausgelöst.

Gaskrise und Zinserhöhungen

Die Gründe für diesen Anstieg sind vielfältig: Eine Kombination aus starken Zinserhöhungen der US-Notenbank Fed und Befürchtungen hinsichtlich des Wirtschaftswachstums haben dem Dollar Auftrieb gegeben. Aber auch die Gaskrise in der Eurozone und das Streben der Händler nach Euro-Dollar-Parität haben zur Dollar-Rallye mit beigetragen.

Wenn man den 16-prozentigen Anstieg des ICE US-Dollar Index in den letzten 12 Monaten betrachte, so Wilson weiter in seinem Bericht, würde dies eine Gewinneinbusse von 8 Prozent für jede Aktie im S&P 500 bedeuten. Beim ICE US-Dollar Index handelt es sich um den führenden Massstab, wenn es um den internationalen Wert der amerikanischen Währung geht. Der Dollar werde nach Ansicht von Wilson weiter standhaft bleiben, da die Expansion von Geldmengen angesichts der strafferen Fed-Politik nachlasse.

Berechtigte Rezessionsängste?

Gemäss dem Chefstrategen von Morgan Stanley sei es unwahrscheinlich, dass der US-Dollar Anzeichen eines Niedergangs zeigen werde, da hierzu die Fed ihren momentanen Kurs umschwenken müsste. Angesichts des starken Arbeitsmarktbericht vom letzten Freitag hält Wilson dies aber für unwahrscheinlich.

Der S&P 500 hat seit seinem Tief von Mitte Juni um etwa 6 Prozent zugelegt und konnte damit seinen bisherigen Rückgang in diesem Jahr auf 18 Prozent reduzieren. Die Meinungen sind geteilt darüber, ob es sich dabei nur um eine kurzfristige Entwicklung handelt.

Von grosser Wichtigkeit werden aber die kommende Gewinn-Saison und mögliche Anpassungen von Analysten-Erwartungen sein. Diese werden nämlich darüber Aufschluss geben, ob die momentan bestehenden Rezessionsängste ihre Berechtigung haben. Angesichts der invertierten US-Renditekurve für Staatsanleihen werden die weltweiten Rezessionsrisiken wahrscheinlich für heissen Diskussionsstoff sorgen.

(Bloomberg/cash)