Die Zinsänderung tritt ab dem morgigen Freitag, 17. Juni, in Kraft, wie die SNB am Donnerstagvormittag mitgeteilt hat. 

Der letzte Zinsschritt in der Schweiz erfolgte 2007. Nach der Einführung des Negativzinses bei -0,75 Prozent Anfang 2015 hatte die Schweiz den niedrigsten Leitzins der Welt, wie Bloomberg schreibt. Wichtigstes Motiv der SNB-Geldpolitik ist in den vergangengen Jahren gewesen, eine starke Aufwertung des Frankens zu verhindern. 

Der nunmehrige Zinsschritt kommt überraschend. Ökonomen hatten grossmehrheitlich erwartet, dass die SNB bis auf weiteres mit einem Zinssschritt abwarten will. Beliebt war auch die Theorie, die SNB warte einen Zinschritt der Europäischen Zentralbank (EZB) ab, der im Juli erfolgen soll.

Auch mit dem Ausmass des Zinsschrittes um gleich 0,5 Prozentpunkte ist weitherum nicht gerechnet worden. 

Weitere Zinschritte möglich

Der Inflationsdruck in der Schweiz ist bei einer Rate von 2,9 Prozent weniger stark als anderswo. Die Teuerung in den USA wurde zuletzt bei 8,6 Prozent gemessen, in der Eurozone liegt sie bei 8,1 Prozent. Dennoch argumentiert die SNB explizit mit der Teuerung.

"Die straffere Geldpolitik soll verhindern, dass die Inflation in der Schweiz breiter auf Waren und Dienstleistungen übergreift", schreibt die SNB. Es sei nicht auszuschliessen, dass in absehbarer Zukunft weitere Zinserhöhungen nötig würden, um die Inflation auf mittlere Frist im Bereich der Preisstabilität zu stabilisieren. Die Inflation dürfte erhöht bleiben, heisst es im Communiqué. 

Der Druck auf die SNB, die Zinsen zu erhöhen, ist zuletzt gestiegen. In der Eurozone bahnt sich ein Zinschritt um 0,25 Prozentpunkte im Juli an, während die US-Notenbank Federal Reserve angesichts der hohen Inflation den Zinsen inzwischen auf 1,75 Prozent hochgesetzt hat. 

Franken «nicht mehr hoch bewertet»

Der Schweizer Franken ist im Urteil der SNB nicht mehr hoch bewertet. In der Folge bringen die Währungshüter erstmals seit Einführung des Euro-Mindestkurses im Jahr 2011 auch den Verkauf von Devisen ins Spiel.

Seit der letzten Lagebeurteilung der SNB im März habe der Schweizer Franken handelsgewichtet abgewertet, erklärte SNB-Präsident Thomas Jordan am Donnerstag laut Redetext zur geldpolitischen Lagebeurteilung. Als Folge davon sei die heimische Währung heute nicht mehr als "hoch" bewertet anzusehen.

Das aktuelle Umfeld sei aber auch in Bezug auf die Wechselkursentwicklung von grosser Unsicherheit geprägt, betonte Jordan. Sollte sich der Franken übermässig aufwerten, wären die SNB weiterhin bereit, Devisen zu kaufen.

944 Milliarden Franken Devisenreserven

"Würde sich der Franken hingegen abschwächen, würden wir umgekehrt auch Devisenverkäufe erwägen", sagte Jordan. Die SNB sitzt auf einem gewaltigen Berg an Devisenreserven - angehäuft während der Verteidigung des 2015 aufgegebenen Euro-Mindestkurses und danach zur Schwächung des Franken.

Ende 2021 türmten sich bei der SNB Fremdwährungsreserven von 944 Milliarden Franken. Damit übertrafen die Devisenreserven die Höhe des Bruttoinlandproduktes um rund 30 Prozent. Die Schweiz ist damit unter den Industrieländern klar an der Spitze.

Mit Material der Nachrichtenagentur AWP.