Investoren fragen sich, wie lange die Schweizerische Nationalbank unter Führung von Präsident Thomas Jordan dem Zug der geldpolitischen Straffung noch widerstehen kann, und sind kurz davor, eine Erhöhung um einen Viertelpunkt einzupreisen. Das wäre die erste Anhebung seit 2007. Der Zinssatz ist derzeit der niedrigste der Welt.

Volkswirte sagen für Donnerstag keine Zinsänderung der SNB vorher. Dennoch wird die Entscheidung, nur wenige Stunden nach einem wahrscheinlichen Halbprozent-Schritt der Federal Reserve am Mittwoch, zu einer der am meisten beachteten seit Jahren.

Der SNB-Satz liegt seit mehr als sieben Jahren bei minus 0,75 Prozent, weil die Währungshüter sich gegen die Rolle des Franken als "sicherer Hafen" stemmen. Die Schweizer Währung wird von der SNB seit langem als "hoch bewertet" oder manchmal sogar "überbewertet" bezeichnet.

Inflation und Höhe des Frankens im Fokus

Die Frage ist, inwieweit die Notenbanker, während sie die Höhe des Franken im Auge behalten, ihre Strategie neu ausrichten wollen, um den Inflationsgefahren Rechnung zu tragen, während die umliegende Eurozone ebenfalls strafft.

Die Aufregung um die Geldpolitik nahm am Mittwoch noch zu, als die Europäische Zentralbank eine Dringlichkeitssitzung ankündigte. Dies geschah nach einem Ausverkauf an den Märkten, der vor allem italienische Anleihen traf. Der Euro legte gegenüber dem Franken nach dieser Nachricht zu.

"Die Inflationsaussichten sind sicherlich nicht die gleichen wie in den USA oder der Eurozone, deshalb haben sie etwas mehr Zeit", sagte Maxime Botteron, Ökonom bei der Credit Suisse in Zürich. "Trotzdem haben wir schon lange kein so interessantes Treffen mehr erlebt."

Alle 20 Prognosen in einer Bloomberg-Umfrage unter Ökonomen, einschliesslich derjenigen der Credit Suisse, erwarten keine Änderung des Leitzinses.

Überrascht die SNB mit einer Zinserhöhung?

Doch alle Beobachter sind hellhörig geworden. Obwohl die SNB-Sitzung im Schatten der Fed-Entscheidung steht und normalerweise ein Nichtereignis ist, erwarten die Strategen der Saxo Bank "ausnahmsweise die interessanteste Zentralbanksitzung der Woche".

Überraschend wäre tatsächlich, wenn die SNB die Zinssätze im Rahmen einer regulären Sitzung ändern würden. Die Zinsschritte in den Jahren 2011, 2014 und 2015 kamen alle aus heiterem Himmel. Der letzte fiel zusammen mit der schockierenden Entscheidung der Zentralbank, ihre Währungsobergrenze aufzuheben.

Die Inflation in der Schweiz lag im Mai bei 2,9 Prozent und damit über dem Ziel der SNB, wenn auch nicht übermässig. Das mit der Europäischen Union harmonisierte Teuerungsmass lag bei 2,7 Prozent, gegenüber mehr als 8 Prozent in der Eurozone. Entscheidend für die SNB werden auch die Inflationserwartungen und die Gefahr von Zweitrundeneffekten sein.

"Es gibt keinen Grund, warum die SNB auf die EZB warten sollte", sagte Karsten Junius, Chefökonom der Bank J Safra Sarasin in Zürich. "Die Inflation ist hierzulande einfach zu hoch. Ausserdem ist der Schweizer Arbeitsmarkt sehr angespannt."

(Bloomberg)