Der schillernde Genfer Anwalt Dominique Warluzel stirbt im Alter von 64 Jahren

Er war mit Alain Delon befreundet, schrieb ein Theaterstück, amtete als Präsident des Servette FC und wurde wegen versuchter Tötung mit Eventualvorsatz verurteilt. Das bewegte Leben von Dominique Warluzel endet am 8. März 2022 in seiner Heimatstadt Genf.

Michele Coviello
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Von Gegnern gefürchtet, von Freunden geliebt: Der schillernde Anwalt Dominique Warluzel ist tot.

Von Gegnern gefürchtet, von Freunden geliebt: Der schillernde Anwalt Dominique Warluzel ist tot.

Fabrice Coffrini / Keystone

Vielleicht wird sein Wunsch nun tatsächlich erfüllt. «Für meinen Sarg möchte ich Kirschholz», sagte Dominique Warluzel im Jahr 2019 dem Magazin «L’Illustré». Wenige Monate davor war er ein weiteres Mal knapp dem Tod entkommen – ein akuter Atemstillstand mitten in der Nacht. Überlebt hatte er nur, weil ihn vier Krankenschwestern in seinem Zimmer des Genfer Hôtel Métropole konstant betreuten.

Seine letzten Lebensjahre waren eine Qual. Bis zu 45 Medikamente nahm Dominique Warluzel zeitweise täglich ein. 2013 hatte ihn ein Schlaganfall hart getroffen. Seither war das Leben des einst gefürchteten Strafrechtlers und Playboys schwer beeinträchtigt. Er war halbseitig gelähmt, erlitt epileptische Anfälle. Nur noch selten kehrte er auf die Bahamas zurück, dorthin, wo er sich 2011 niedergelassen hatte. Ende Mai wollte er mit Freunden im Umland von Genf seinen 65. Geburtstag feiern. Am 8. März ist Warluzel um 8 Uhr 30 gestorben, wie der Westschweizer Sender RTS unter Berufung auf sichere Quellen berichtet.

Dominique Warluzel war eine weit über Genf hinaus bekannte Figur. So äusserte sich Alain Delons Sohn Anthony am Dienstag zu Warluzels Tod. Der französische Divo Alain war nicht nur Warluzels Mandant, sondern auch mit ihm befreundet. Warluzels Klingelton auf dem Handy war der Soundtrack von «Der Clan der Sizilianer», einem Gangsterfilm mit Delon in der Hauptrolle, wie «L’Illustré» in einem Porträt schreibt.

Jiu-Jitsu und Fernsehen

Warluzel hatte jung eine steile Karriere gestartet. 1983 verteidigte er den Entführer der Tochter des französischen Schriftstellers Frédéric Dard. Später betreute er weitere aufsehenerregende Fälle in der Westschweiz. Frankreich verlieh im 2005 den Verdienstorden der Ehrenlegion.

Mandant und Freund: Alain Delon (Mitte) und Dominique Warluzel (rechts) vor einem Prozess in Genf im Jahr 1991. Der renommierte Anwalt Charles Poncet (l.) war Warluzels Mentor.

Mandant und Freund: Alain Delon (Mitte) und Dominique Warluzel (rechts) vor einem Prozess in Genf im Jahr 1991. Der renommierte Anwalt Charles Poncet (l.) war Warluzels Mentor.

Str / Keystone

Er galt als brillanter Jurist – und hochbegabter Mensch. Als Jugendlicher war er Genfer Tischtennismeister, später trug er den schwarzen Gürtel in Jiu-Jitsu. In der Westschweiz war Warluzel nicht nur als Anwalt, sondern auch als Fernsehmoderator bekannt. Jahrelang war er das Gesicht der Sendung «Profil de» auf RTS. Im Jahr 2012 kam Warluzels Theaterstück «Fratricide» (Brudermord) auf die Bühne – in der Westschweiz, aber auch in Paris.

Servette und Schusswaffe

Bekanntheit erlangte Warluzel zusätzlich, als er sich von 1989 bis 1990 dem Fussballklub Servette FC widmete und dessen Präsident wurde – ein Klub, so mondän und umstritten wie er selber. Denn Warluzel war ein Tausendsassa, gewitzt, geliebt von seinen Freunden, die ihn «Warlu» nannten. Aber er hatte auch andere Seiten. Manche bezeichnen ihn als ungeduldig, schroff, seinen Charakter als schwierig. Warluzel hatte seinen Vater früh verloren und wurde Opfer seines Stiefvaters, der ihn regelmässig misshandelte.

Seine Abgründe wurden im Jahr 2016 offensichtlich. Schwer gezeichnet vom Schlaganfall, hielt sich Warluzel in einem Pflegezimmer eines Genfer Nobelhotels auf. Nach einem Streit mit einer Krankenschwester feuerte Warluzel einen Schuss aus seinem Revolver ab, ohne die Frau zu treffen.

Ein Gericht verurteilte ihn zu einer Haftstrafe von 30 Monaten wegen versuchter Tötung mit Eventualvorsatz. Sie wurde schliesslich zugunsten einer Therapie umgewandelt. Warluzel beteuerte dabei, dass es eigentlich um einen Selbstmordversuch gegangen sei. Er konnte damals nicht mehr gehen und hatte beschlossen, sein Leben zu beenden. Er führte es weiter. Ein Jahr später heiratete er sogar. Nun ist seine bewegte Geschichte zu Ende.