Hart, aber fair: Der Journalist Peter Merseburger ist tot

Als die gespaltene Gesellschaft noch Ausdruck der politischen Kultur war, war Peter Merseburger ihr Moderator. Nun ist er im Alter von 93 Jahren gestorben.

Peter Merseburger (1928–2022)
Peter Merseburger (1928–2022)dpa/ZB

Als die Wendung vom engagierten Journalismus mehr als eine bloß hingesagte Phrase war, verlieh Peter Merseburger diesem ein Gesicht. Unvergesslich das Bild, wie er in gedrungener Haltung in die Kamera blickt, scheinbar zum Sprung bereit.

Das ARD-Magazin „Panorama“, das Merseburger zwischen 1967 und 1975 moderierte, war vielen Konservativen ein Dorn im Auge. Was heute vielfach mit dem Unterton der Sorge als gesellschaftliche Spaltung beschrieben wird, war zu dieser Zeit eine Ausdrucksform der politischen Kultur, Kontroversen ein Teil der gesellschaftlichen Aufklärung. „‚Panorama‘ ist wachsam und kritisch, aber fair“, lautete der zentrale Satz seiner ersten Moderation für die Sendung, die häufig über Themen wie Ostpolitik und den einheimischen RAF-Terror berichtete.

Ein emotionaler Höhepunkt seiner Zeit in dem ARD-Magazin war die Auseinandersetzung zur Frage der Legalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Der Paragraf 218 war über viele Jahre eine Chiffre für einen Kampf um gesellschaftliche Modernisierung, der weit über das Selbstbestimmungsrecht von Frauen über ihren Körper hinausging. Als die im Rundfunkrat vertretene katholische Kirche einen „Panorama“-Beitrag zum Thema aus dem Programm nehmen ließ, weigerte sich Peter Merseburger, die Sendung zu moderieren. Die Texte wurden von dem späteren „Tagesschau“-Sprecher Joe Brauner verlesen.

Verständlich und direkt

Peter Merseburger, 1928 in Zeitz in Sachsen-Anhalt geboren, hatte nach dem Studium der Germanistik, Geschichte und Soziologie zunächst als Korrespondent und Redakteur beim Nachrichtenmagazin Der Spiegel gearbeitet, ehe er zum Fernsehen wechselte. Nach seiner Zeit bei „Panorama“ folgten wichtige Stationen als ARD-Korrespondent in Washington, Ost-Berlin und London.

Zu Meilensteinen der in Deutschland lange vernachlässigten politischen Literatur zählen Peter Merseburgers umfangreiche Biografien über Willy Brandt, Rudolf Augstein und Kurt Schumacher. Analytische Klarheit und die Begabung, Zeitgenossenschaft in eine verständliche Sprache zu bringen, die aufklärt und neugierig macht, haben schließlich ein beachtliches Spätwerk entstehen lassen. Am Dienstag ist Peter Merseburger im Alter von 93 Jahren in Berlin gestorben.