Siegfried Matthus war Dramaturg, Komponist und Gründer des Festivals Kammeroper Schloss Rheinsberg. Er starb jetzt im Alter von 87 Jahren.

Er konnte unglaublich stur sein, wenn er eine Ungerechtigkeit witterte und seine Wahrheit durchsetzen wollte. Auf der anderen Seite war er voll offener Herzlichkeit, er verfügte über die seltene Gabe, Mitstreiter, Sponsoren und Publikum gewinnen und zusammenbringen zu können. Siegfried Matthus hatte alles, was es braucht, um ein glamouröser Komponist zu sein und sein Werk in die Welt zu bringen. In Stolzenhagen unweit von Berlin ist der Künstler und Gründer des Festivals Kammeroper Schloss Rheinsberg am vergangenen Freitag im Alter von 87 Jahren gestorben.

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Seine Sturheit erklärte Matthus selbst gern stolz mit seiner ostpreußischen Herkunft. In Mallenuppen war er 1934 geboren worden, als Flüchtling kam er Ende des Zweiten Weltkriegs in die Nähe von Rheinsberg, wo er sein Abitur ablegte. Bei Rudolf Wagner-Régeny studierte er an der Berliner Musikhochschule Komposition, wurde Meisterschüler von Hanns Eisler und anschließend freier Komponist.

Intendant Felsenstein holte Matthus an die Komische Oper

Walter Felsenstein holte ihn 1964 als Dramaturgen und Hauskomponisten an die Komische Oper. Dort wirkten zwei andere Künstler, mit denen ihn zeitlebens eine Männerfreundschaft verband. Regisseur Götz Friedrich wurde später Generalintendant der Deutschen Oper in West-Berlin, Kurt Masur sollte als Stardirigent Jahre danach Matthus’ Werke in aller Welt aufführen.

Matthus stieg schnell in die Kultur-Schickeria der DDR auf, er war Nationalpreisträger, 1985 erhielt er bereits eine Professur. Seine Premieren an der Komischen Oper wurden zu Ost-Berliner Gesellschaftsereignissen. In den 1980er-Jahren gehörte Matthus zu den drei, vier großen Komponisten der DDR. Er war ein bisschen links, ein bisschen konservativ und hatte ein tonales Gespür für das Publikum. Er war einer der meistaufgeführten lebenden Komponisten, was sich auch nach der Wiedervereinigung ungebremst fortsetzte.

Der Komponist wurde zum Festivalgründer in Rheinsberg

In die Wendezeit hinein entdeckte Matthus das Schloss Rheinsberg seiner Jugend wieder. Bereits 1990 führte er Mitstreiter durch das heruntergekommene DDR-Sanatorium im Schloss. Er hatte einen Traum: Prinz Heinrichs Musenhof sollte wieder erwachen. Der neue Musenhof sollte zugleich ein Sprungbrett für junge Sänger aus aller Welt sein. 1991 wurde mit seiner Oper „Die Weise von Liebe und Tod des Cornets Christoph Rilke“ die Erfolgsgeschichte des Festivals begründet. In den 1990er-Jahren wurden die Eröffnungspremieren zu Sommerereignissen, bei denen sich Landespolitiker, hochrangige Wirtschaftsleute und namhafte Künstler trafen. Und der Festival-Patriarch Matthus blieb im Gründermodus. Am 30. Dezember 1999 wurde mit der Uraufführung seiner eigens dafür geschriebenen Oper „Kronprinz Friedrich“ das wiedererbaute Schlosstheater eingeweiht. In den Jahren danach wurden das Geld knapper und die Rheinsberger Querelen lauter. 2014 übergab er die Kammeroper an seinen Sohn Frank, einen Schauspielregisseur, der es noch einige Jahre als Matthus-Festival fortsetzte.

Siegfried Matthus‘ Oeuvre umfasst rund 600 Werke, darunter vierzehn Opern und mehr als 60 große Orchesterwerke. Zudem arrangierte er zahlreiche Kammermusikwerke und Vokalkompositionen, Ballettszenen und Filmmusiken. Er war bereits seit 1976 Mitglied der Akademie der Künste in West-Berlin, er gehörte der Bayrischen Akademie der Schönen Künste München und dem Präsidiums des Goethe Instituts an. 2015 erhielt er das Große Verdienstkreuz.