Zum Tod des weltbekannten Fotografen

F.C. Gundlach: Der Mann mit dem Klick

Thomas Fedra
F.C. Gundlach beim 51. TW-Forum in Heidelberg im Jahr 2009.
F.C. Gundlach beim 51. TW-Forum in Heidelberg im Jahr 2009.

F.C. Gundlach war der erste, der in den 60er Jahren ein professioneller Dienstleister für die Fotografen wurde, und er gründete 1975 eine der ersten deutschen Fotogalerien. Jetzt ist der Fotograf und Sammler im Alter von 95 Jahren gestorben.

Gundlach genoss hohes Ansehen in der Modebranche. Im Jahr 2009 wurde er so etwa mit dem 51. TW Forum-Preis geehrt. In der TextilWirtschaft ehrte der damalige Herausgeber Peter Paul Polte den Ausnahme-Fotografen mit einem auführlichen Porträt.

Anlässlich des Todes von F.C. Gundlach veröffentlicht die TextilWirtschaft dieses mit "Der Mann mit dem Klick" überschriebene und am 14. Mai 2009 erstmals erschienene Porträt erneut.

Der Mann mit dem Klick

F. C. Gundlach hieß, als er 1926 in dem kleinen hessischen Dorf Heinebach an der Grenze zu Thüringen geboren wurde, "Franz Christian" Gundlach. Den Namen hat er nie benutzt. Er nannte sich immer "F. C. Gundlach". Rückblickend auf sein langes und erfolgreiches Leben sagt er, zu einer Karriere gehören immer drei Dinge: Talent, Fleiß und Disziplin und Fortune. Fortune heißt, den richtigen Menschen im richtigen Moment zu begegnen.

Als einer vom Jahrgang 1926 hat er alles Schreckliche erlebt, was jene Epoche seiner Generation zu bieten hatte. Mit 17 zum Wehrdienst, mit 18 in den Krieg, mit 19 in Kriegsgefangenschaft, Hunger und Krankheit. Als alles vorbei war, fand er sich 1947 totkrank in einer Lungenheilanstalt. Nach so viel Hiob beginnt dann das Leben in Fortune. Er bekommt einen der raren Ausbildungsplätze an einer privaten Lehranstalt für Fotografie in Kassel. Irgendwann an einem Tag seiner Ausbildung sollte er von der Schule fliegen und genau an diesem Tag gelang ihm eine tolle Aufnahme. Er durfte bleiben. Und heute sagt er: "Ich war der einzige von den damals 16 Leuten, der dann wirklich Karriere als Fotograf gemacht hat."

Impressionen vom 51. Forum der TextilWirtschaft: TW Forum-Preis für F.C. Gundlach 2009

1951 ging er nach einem Trainee-Programm in Stuttgart nach Paris und wurde Assistent eines damals berühmten Fotografen namens Harry Meerson, ein Russe, der nach Paris emigriert war. Durch einen Agenten in Paris lernte er den Chefredakteur der damals renommierten deutschen Zeitschrift "Elegante Welt" kennen. Einer seiner ersten Auftraggeber. Durch Meerson kam er dann später in Kontakt zu den großen Pariser Modehäusern.

1954 begann seine Zusammenarbeit mit der Zeitschrift "Film und Frau", das war damals die schönste und eleganteste Mode- und Gesellschaftszeitung, noch heute legendär durch ihre berühmte Mischung aus sepiafarbenen Fotos und goldenem Druck. Gundlach war der erste Fotograf der jungen Generation, der noch nicht vor dem Krieg gearbeitet hatte und der sich durchsetzen musste gegen etablierte Fotografen wie Regina Relang, Hubs Flöter und Norbert Leonhard.

Gundlach sagt heute: "Film und Frau nahmen mich ernst und haben mich durchgeboxt." Es wurde damals vom Publikum verlangt, eine heile Welt zu inszenieren. Die Generation, die den Krieg überlebt hatte, wollte keine Trümmer sehen, sie wollte Harmonie und keine Konflikte. Diese Arbeit ging bis 1966. Ab 1963 bekam Gundlach einen Exklusivvertrag bei der Zeitschrift "Brigitte", damals mit 1,6 Mill. Auflage eine der größten Frauenzeitschriften der Welt und jahrzehntelang das Flaggschiff des Hamburger Verlages Gruner + Jahr. Gundlach hatte den Auftrag, in jeder Ausgabe 40 Seiten Mode zu produzieren. Und das ging so 20 Jahre lang. Parallel dazu fotografierte er Werbung für die Modeindustrie und machte Reportagen für die Zeitschrift Stern und andere. Mitte der 50er Jahre kam er durch einen Zufall in Kontakt mit der neu gegründeten Lufthansa, deren Premierenflüge er fortan begleitete. Über 15 Jahre lang wurde er der Haus- und Hoffotograf der Lufthansa, kam so durch die ganze Welt und verknüpfte die Mode mit den exklusiven Möglichkeiten des Fliegens.

Seit den frühen 50er Jahren und seiner ersten Ausstellung dort hatte er eine Wohnung in Paris. Und als in den 70er Jahren New York die Leitbildstadt der Medien wurde, da ging er dort hin und hatte auch dort bis 2008 einen Wohnsitz. In New York erkannte er in den 60er Jahren, dass die Amerikaner den Europäern in der Entwicklung der Technik viele Jahre voraus waren. Um bessere und schnellere technische Bedingungen für die deutschen Fotografen zu schaffen, gründete er 1967 mit einem amerikanischen und einem englischen Partner ein Dienstleistungsunternehmen für Fotografen. Es war das erste in Deutschland und blieb das beste.

Der Film zum Forumpreis 2009: F.C. Gundlach

Das alles steigerte er künstlerisch, als er 1975 in Hamburg eine der ersten deutschen Fotogalerien gründete. Weltweit zeigte er als einer der ersten Fotos des legendären Fotografen Robert Mapplethorpe. Bilder, die damals niemand wollte und die heute schier unbezahlbar sind. 90 Ausstellungen hat er von 1975 bis 1992 veranstaltet. Er zeigte dabei alle Fotokünstler von Rang und Namen, sowohl historisch als auch aktuell. Das reichte von dem berühmten Kölner Fotografen August Sander aus der Vorkriegszeit bis hin zu Irving Penn, von Diane Arbus bis zum jungen Wolfgang Tillmanns.

In den Jahren 2003 bis 2005 gründete die Stadt Hamburg in den Deichtorhallen "Das Haus der Fotografie". Er wurde der Gründungsdirektor dieses neuen Museums. Den Grundstock für dieses Museum bildet seine Sammlung. Zu seinem 80. Geburtstag 2006 widmete die berühmte Berliner Fotogalerie Kicken (die Nummer eins in Deutschland), F. C. Gundlach eine Ausstellung, die erstmals ausschließlich die Farbfotos aus den 60er und 70er Jahren zeigte. F. C. Gundlach seinerseits konzipierte 2006 unter dem Titel "The heartbeat of fashion" eine Ausstellung mit den Bildern seiner Kollektion. Seine Sammlung fotografischer Arbeiten unter dem Titel "Das Bild des Menschen in der Fotografie" zählt zu den bedeutensten privaten Fotosammlungen in Deutschland und steht dem Haus der Fotografie in Hamburg als Dauerleihgabe zur Verfügung.

Er selbst beschreibt seine Arbeit wie folgt: "Als Modefotograf muss der Fotograf ganz in seiner Zeit leben, denken und fühlen. Modefotografien sind immer Interpretationen und Inszenierungen. Sie reflektieren und visualisieren den Zeitgeist der Gegenwart und antizipieren denjenigen von morgen. Sie bieten Projektionsflächen zur Identifikation an, aber auch für Träume, Wünsche und Sehnsüchte. Und doch sagen Modefotografien mehr über eine Zeit aus als Dokumentarfotografien, die vorgeben, Realität abgebildet zu haben."

Das Portrait "Der Mann mit dem Klick" über F.C. Gundlach von Peter Paul Polte erschien erstmals am 15. Mai 2009 in der TextilWirtschaft Nr. 20. Anlässlich des Todes F.C. Gundlachs am 23. Juli 2021 wurde es nun erneut veröffentlicht.

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