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Wirtschaft Selfmade-Milliardär gestorben

Thieles Lebenstraum blieb unerfüllt

Freier Wirtschaftsredakteur
Heinz Hermann Thiele im Juni 2020 Heinz Hermann Thiele im Juni 2020
Heinz Hermann Thiele im Juni 2020
Quelle: AFP/HANDOUT
Heinz Hermann Thiele, Firmenpatriarch des Weltkonzerns Knorr-Bremse und Lufthansa-Großaktionär, ist am Dienstag im Alter von 79 Jahren gestorben. Die Krönung seines Lebenswerkes blieb ihm verwehrt.

Worum geht es

Eine der größten Unternehmerpersönlichkeiten Deutschlands ist tot. Der Münchner Selfmade-Milliardär Heinz Hermann Thiele starb am Dienstag wenige Wochen vor seinem 80. Geburtstag unerwartet im Kreise seiner Familie in München. Thiele baute als einstiger Angestellter und späterer Chef den Mittelständler Knorr-Bremse zum Weltkonzern mit zuletzt 6,2 Milliarden Euro Umsatz und fast 30.000 Beschäftigten auf. Heute ist Knorr-Bremse die Nummer eins bei Eisenbahnbremsen und führend bei Lkw-Bremsen. „Er hinterlässt ein einzigartiges und außergewöhnliches Lebenswerk“, heißt es in einer Stellungnahme.

Thiele erwarb sich den Ruf eines Firmenpatriarchen, der mit Weitsicht, aber auch mit Härte seine Interessen verfolgte. „Das Unternehmerleben ist ein unvermeidlicher, immerwährender Kampf“, sagte er einmal. Zahlreiche Wechsel bei Führungskräften an der Spitze des Münchner Konzens sprechen eine eigene Sprache.

Rein formal bekleidete Thiele seit 2016 keine operativen Ämter mehr bei Knorr-Bremse. Erst im vergangenen Sommer war er nach einer Führungskrise nach vier Jahren als stellvertretender Vorsitzender in den Aufsichtsrat zurückgekehrt. Im Hintergrund zog er immer die Fäden, nicht zuletzt als Großaktionär.

Knorr-Bremse schaffte es bisher nicht in den Dax

Die Vorstandschefs nach ihm hatten es schwer: So warf Klaus Deller 2019 kurz nach dem erfolgreichen Börsengang das Handtuch. Gut ein Jahr später war für Bernd Eulitz Schluss. Erst jüngst zum Jahreswechsel übernahm der Ex-Siemens-Manager Jan Michael Mrosik den Chefposten.

Wahrscheinlich war es Thieles Lebenstraum als Unternehmer, dass sein Konzern Knorr-Bremse in die Dax-Champions-League aufsteigt, wenn im September 40 statt bisher 30 Unternehmen zu der Topklasse gehören. Die Chancen sind günstig. Es wäre die Krönung seines Lebenswerkes gewesen. 2018 hatte Thiele den Konzern an die Börse gebracht. Zusammen mit seiner Tochter hielt er zuletzt noch 59 Prozent.

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Bis zuletzt sorgte Thiele für Aufsehen. „Der Milliardär, vor dem alle zittern“ hieß es im Sommer 2020, als das staatliche Rettungspaket für die Lufthansa davon abhängig war, dass Thiele dem Staatseinstieg zustimmte. Mit einem geschätzten Vermögen von etwa 17 Milliarden Euro gehörte Thiele zu den reichsten Deutschen. Er konnte es sich leisten, Anfang 2020 bei der Airline noch vor der gewaltigen Branchenkrise auf Schnäppchenjagd einzusteigen. Schrittweise baute er ein Paket von 15,5 Prozent auf, das durch den späteren Staatseinstieg auf rund zwölf Prozent abschmolz.

Thiele liebte das Spiel mit dem unternehmerischen Risiko

Er wurde damit zum größten privaten Einzelaktionär der Lufthansa und drohte mit einem Veto auf der Hauptversammlung, um den Staatseinstieg im Sommer 2020 zu verhindern, was die Pleite der Lufthansa bedeutet hätte. In letzter Minute lenkte er dann doch ein.

Sein Leben lang liebte Thiele das Spiel mit dem unternehmerischen Risiko. Dazu gehörte auch der Einstieg bei Unternehmen, selbst gegen deren anfänglichen Widerstand, wie beim Bahntechnikunternehmen Vossloh.

Er lernte die Härte in seiner Unternehmerlaufbahn. Kurz nach seinem zweiten Staatsexamen heuerte der in Mainz geborene Jurist als Sachbearbeiter in der Patentabteilung von Knorr-Bremse an. Später wurde er Chef und kaufte sich in den Konzern ein. 1989 gehörten ihm alle Anteile. Thiele setzte sehr früh auf die Internationalisierung des Konzerns und holte schon vor gut 30 Jahren den ersten Großauftrag aus China herein.

Entspannung auf seinem Landgut in Uruguay

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Der Patriarch hielt gerne alles unter Kontrolle und ließ sich kaum etwas vorschreiben, am wenigsten von Gewerkschaften. 2004 trat Knorr-Bremse aus dem Arbeitgeberverband aus.

Wenn Thiele Entspannung suchte, flog er nach Uruguay, in sein Landgut mit angeblich 8500 Rindern und 12.500 Schafen. In Südafrika soll ihm eine Plantage mit Hunderten Angestellten gehören, die Avocados, Mangos und Zitrusfrüchte anbauen.

Zuletzt hieß es, er wolle etwas kürzertreten. Statt 70 vielleicht nur noch 40 Stunden die Woche arbeiten, oder noch weniger. Wegen der Corona-Pandemie konnte er auch etwas weniger die weltweit verstreuten Stützpunkte seiner Konzerns besuchen. Bei diesen Reisen begleitete ihn oft seine zweite Ehefrau Nadia, die er 2011 heiratete. Heinz Hermann Thiele hat zwei Kinder, einen Sohn und eine Tochter. Seine Frau brachte einen Sohn mit in die Ehe.

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