Knorr-Bremse-Mehrheitsgesellschafter Milliardär Heinz Hermann Thiele ist tot

Selfmade-Milliardär: Heinz Hermann Thiele
Foto: AFPDer Milliardär und Mehrheitsgesellschafter des Bremsenspezialisten Knorr-Bremse, Heinz Hermann Thiele, ist tot. Der 79-Jährige sei am Dienstag überraschend in München gestorben, teilte das Unternehmen mit. Der Selfmade-Milliardär hielt auch einen zweistelligen Anteil an der größten deutschen Fluggesellschaft Lufthansa. In der Liste der 500 reichsten Deutschen stand er zuletzt mit einem Vermögen von rund 17 Milliarden Euro auf Platz 8.
Thiele hatte sich sein Vermögen selbst erarbeitet. Als 28-Jähriger hatte der gebürtige Mainzer nach seinem Jurastudium 1969 beim Münchner Mittelständler Knorr-Bremse angefangen - als Sachbearbeiter in der Patentabteilung. 1979 wurde er Vertriebschef, Mitte der 1980er übernahm er die Firma. Er machte sie vom Sanierungsfall zum profitablen Weltmarktführer für Zug- und Lkw-Bremsen. Strategisch klug gelangen ihm mehrere Übernahmen, zudem führte er das Unternehmen technisch an die Spitze. Zuletzt erwirtschafteten fast 30 000 Beschäftigten rund sieben Milliarden Euro Umsatz.
Das manager magazin hatte Heinz Hermann Thiele für seine Lebensleistung 2017 in die Hall of Fame der Deutschen Wirtschaft aufgenommen. "Ich bin Unternehmer und werde bis zum letzten Atemzug unternehmerisch tätig sein", sagte er damals. (Ein Porträt über den unerbittlichen Unternehmer lesen Sie hier .)
Thiele war bekannt für seinen selbstbewusst-radikalen Führungsstil. Erst im vergangenen Jahr war er wieder in den Aufsichtsrat zurückgekehrt und fungierte als stellvertretender Vorsitzender. Trotz sehr guter Renditen war er nicht zufrieden mit der Entwicklung der Firma.
Zwei Mal tauschte er zuletzt den Chef aus. Klaus Deller (58), der Knorr-Bremse 2018 erfolgreich an die Börse gebracht hatte, trat im April 2019 im Streit mit seinen Vorstandskollegen und Thiele zurück. Sein vom Gasekonzern Linde geholter Nachfolger Bernd Eulitz musste dann im August 2020 nach nur zehn Monaten wegen "tief greifender Meinungsverschiedenheiten" gehen. Der aktuelle Chef, Jan Mrosik (56) , kommt von Siemens.
Einer breiten Öffentlichkeit wurde Thiele im vergangenen Jahr bekannt, als er in der Corona-Krise zum größten Aktionär der Lufthansa aufstieg. In der ersten Jahreshälfte hatte er nach und nach 15,5 Prozent der Lufthansa-Aktien übernommen; nach dem Rettungseinstieg des Staates hält er noch 12,4 Prozent. Ihm gehe es jedenfalls – anders als bisweilen spekuliert – nicht um die Übernahme von Lufthansa Technik, sagten damals Insider. Thiele wolle stattdessen "als deutscher Großaktionär einen Beitrag leisten".
Wie es für Knorr-Bremse nach dem Tod des Patriarchen weitergeht, ist noch unklar. Der Knorr-Patriarch suchte schon länger einen Ankerplatz für sein Unternehmen. Fusionsgespräche mit dem Zulieferer ZF platzten, ein Vorstoß bei Continental scheiterte am Unwillen des Haupteigners Schaeffler.
Seit 2018 ist Knorr Bremse an der Börse notiert, die Chancen stehen gut, dass das Unternehmen bald in den Dax aufsteigt. Über seine Finanzholding Stelle hielten Thiele und seine Familie aber weiterhin die Mehrheit.
Thiele hinterlässt eine Frau und zwei erwachsene Kinder. "Vorstand und Aufsichtsrat trauern um eine globale und visionäre Unternehmerpersönlichkeit, die die weltweite Schienen- und Nutzfahrzeugbranche über Jahrzehnte wegweisend geprägt hat", erklärte Knorr-Bremse. "Heinz Hermann Thiele hat sein ganzes Leben in den Dienst der Firma gestellt."