Aufsteiger, Geschäftsmann, Mäzen: Der Winterthurer Immobilienunternehmer Robert Heuberger ist verstorben

Der Aktivdienst wurde sein prägendes Erlebnis, der Aufschwung nach dem Krieg die Chance seines Lebens: Robert Heuberger hatte ein reiches Leben. Geschäftet hat er auch mit Weltstars wie Hildegard Knef oder Lilli Palmer.

Karl Lüönd
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Robert Heuberger, fotografiert 2014 in seinem Haus in Winterthur.

Robert Heuberger, fotografiert 2014 in seinem Haus in Winterthur.

Karin Hofer / NZZ

Das erste Geschäft seines Lebens machte Robert Heuberger mit acht Jahren. Am Heiligen Abend des Krisenjahres 1931, als es schon dunkel war, überredete er den Gärtner in der Nachbarschaft, ihm den letzten Christbaum auf Raten zu verkaufen, 20 Rappen die Woche.

Eine Szene wie bei Charles Dickens! Die Mutter Heuberger war mit vier Kindern allein in Olten. Der Vater war im Militärdienst an einer Lungenentzündung gestorben. Das Geld reichte kaum zum Essen.

Roberts Jugend war hart. In Aarburg konnte er eine Banklehre antreten. Als der Filialleiter und sein Kassierer einrücken mussten, leitete der minderjährige Lehrling die Filiale. Er fiel sofort auf, weil er beim Geldwechseln mehr Gewinn machte, als vorgesehen war. Dafür gab es nicht etwa Lob vom Direktor, sondern einen Rüffel.

Der Aktivdienst wurde sein prägendes Erlebnis, der Aufschwung nach dem Krieg die Chance seines Lebens. Früher als andere kam der junge Bankangestellte, der inzwischen in Winterthur gelandet war, auf die Idee, die beim Bankenkartell noch verpönten zweiten Hypotheken bei Privatanlegern und Versicherern zu finanzieren und damit kapitalschwachen, aber seriösen Bauherren zu helfen. In die richtige Form brachte die Papiere seine Arbeitskollegin Ruth Mötteli. Sie wurde 1947 seine Frau und die wichtigste Geschäftspartnerin.

Heuberger wechselte zur Basler Versicherung, baute deren Generalagentur in Frauenfeld auf und fädelte am laufenden Band Hypothekargeschäfte ein. Längst ging es um ganze Überbauungen. Jetzt verdiente er an jedem Projekt mehrfach: als Kreditvermittler, mit Provisionen auf die mit den Hypotheken verbundenen Versicherungen, schliesslich als Verwalter der Mietshäuser. 1954 gaben die Heubergers ihrem eigenen Geschäft Form und Namen: Siska AG – «Sichere Schweizer Kapitalanlagen».

Beziehungskünstler mit solider Leistung

Robert K. Heuberger verdiente sich mit solider Leistung das Vertrauen gewichtiger Anleger. Dem Käsermeister im Thurgau richtete er die Buchhaltung ein, dafür brachte dieser endlich seine Altersvorsorge in Ordnung. Mit seinem Winterthurer Nachbarn, einem Industriellen, ging er jeden Sonntag in den Fitnessklub. Wochentags verkaufte er ihm Renditehäuser für die Pensionskasse.

Durch eine Empfehlung kam Heuberger mit dem berühmten Zürcher Anwalt Henryk Kaestlin ins Geschäft, der das Vermögen berühmter Filmstars verwaltete und sich auf Filmfinanzierungen verstand. So kam es, dass der biedere Winterthurer Treuhänder Weltstars wie Lilli Palmer, Curd Jürgens oder Hildegard Knef zu Schweizer Mietshäusern verhalf.

Als die Stars auch seine Freunde waren, zeigte er ihnen die Früchte seiner nächtlichen Schreibarbeiten: Robert K. Heuberger schrieb Theaterstücke! Zehn davon sind auch wirklich aufgeführt worden und haben ihm sogar Tantièmen eingebracht. Seine Theaterleidenschaft war in Olten erwacht, wo die Mutter Heuberger im Stadttheater die Garderobe hütete und der Sohn im Verstohlenen die Stücke schaute. Als gesetzter Herr wurde Heuberger 1983 für sechs Jahre Präsident des Winterthurer Theatervereins; in dieser Zeit verdoppelte er die Mitgliederzahl.

Passioniert für die Transformation von Winterthur

An der Transformation der alten Industriestadt in ein neues Zentrum für Dienstleistungen und Ausbildung nahm Heuberger passioniert teil. Schon mit dem wegweisenden Gutschick-Siedlungsprojekt, das er mit einer Gruppe von einheimischen Bauhandwerkern im skandinavischen Stil hochzog, wurde er zum Investor. Neue Grössenordnungen erreichte er mit dem Bau der Einkaufszentren von Uster und Effretikon, dann mit dem grossen Neuwiesenzentrum beim Bahnhof Winterthur. Mit der Umnutzung des Industrieareals Osram und der wegen ihrer krummen Bauform berühmten «Banane», der ehemaligen Betriebszentrale des Volg, gelangen ihm solide Erfolge.

Die Früchte dieser Erfolge teilte das Ehepaar Heuberger – Ruth war das soziale Gewissen – freigebig mit der Allgemeinheit. Über ihre gemeinsame Stiftung wurden viele gute Werke unterstützt, in manchen guten Jahren mit sechs und mehr Millionen Franken. Heubergers halfen dem Kantonsspital, bauten Studentenwohnungen, holten nach einer blamablen Abstimmungsniederlage in Zürich den Club of Rome nach Winterthur. Die Sternwarte war ebenso sein Anliegen wie die Erhaltung technischer Kulturgüter.

Er durfte noch erleben, dass sich seine Söhne Günter und Rainer als selbständige Unternehmer bewährten. Rainer übernahm im Jahr 2000 die Siska Verwaltungs AG, und Günter baute mit Sorgfalt die «Top»-Organisation auf, das private Radio und Fernsehen für die Ostschweiz.

Der Tod seiner starken Partnerin (2016) überschattete Robert Heubergers letzte Jahre. Aber die Kraft und der Optimismus, die sein Leben immer bestimmten, waren stärker. Robert Heuberger sagte es mit einem Sprichwort, das auch den Titel seiner 2013 erschienenen Lebenserinnerungen bildete: «Nicht wie der Wind weht, wie man die Segel setzt, darauf kommt es an.»