Pilot, Patriot und loyaler Soldat: Zum Tod von Christophe Keckeis, ehemaliger Chef der Armee

Vergangene Woche verstarb alt Korpskommandant Christophe Keckeis im Alter von 75 Jahren. Er bekleidete zwischen 2004 und 2007 als Erster den Posten des Chefs der Armee.

Markus Gygax
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Christophe Keckeis, Chef der Armee (2004–2007)

Christophe Keckeis, Chef der Armee (2004–2007)

Christian Beutler

«Pilo», wie Christophe Keckeis mit seinem Fliegernamen genannt wurde, war Pilot durch und durch. Aber noch viel mehr: «Pilo» vereinte die Fähigkeiten auf sich, um Soldat, Kommandant und schliesslich auch General zu sein.

Zuallererst war er Patriot. Das war das Fundament. Die Schweiz liebte er über alles, die Schönheit unseres Landes, die Vielfalt der Sprachen und Kulturen, unser politisches System mit der direkten Demokratie, die ausgeprägte freie Meinungsäusserung und damit die harten Diskussionen.

Intellektuelle Brillanz

«Pilo» war als Kommandant ein Leader: Nicht nur bei schönem Wetter und im tiefen Frieden, nein, auch wenn es stürmte und schneite, wenn der Föhn von der Grimsel her mit 100 km/h gegen den Militärflugplatz Meiringen blies. Gerade die Stürme lehrten ihn, hart zu sein, nicht nachzugeben, durchzuhalten, Vorbild zu sein, aber auch andern zu helfen, die diesen Willen nicht aufbringen, sie zu unterstützen, sie zu motivieren. «Pilo» war, wie man sich eben einen militärischen Kommandanten vorstellt.

Dazu verfügte er über intellektuelle Brillanz: «Pilo» konnte Berge von Unterlagen, Akten und Vorschriften durchackern und – seine besondere Stärke – auch memorieren. Damit war er verhandlungsstark und dossiersicher. Dabei half ihm auch seine Sprachfertigkeit. Als Welscher sprach er perfekt Schweizerdeutsch und konnte sich auch auf Hochdeutsch problemlos ausdrücken. Sein Studium der Politikwissenschaften machte ihn zum kompetenten Gesprächspartner der Politiker.

Doch «Pilo» trug auch zur Kameradschaft Sorge. Er krampfte zwar oft allein im «stillen Kämmerlein» und präsentierte anschliessend die perfekte Lösung. Doch dann bedeuteten ihm die Kameraden alles. Er war bei allen Festen dabei, machte mit, fühlte sich pudelwohl und konnte ausgelassen sein. Am andern Morgen war er wieder der Alte: korrekt, konzentriert, voller Schaffenskraft und nie müde.

Ernsteinsatz in Albanien

Seine physische und psychische Robustheit zeigte sich besonders nach einer Flugzeugkollision in der Luft. «Pilo» musste die Mirage mit dem Schleudersitz verlassen und überlebte. Vielleicht stärkte diese Erfahrung seine Durchsetzungs- und Überzeugungskraft zusätzlich.

So vermochte er der Politik und der hohen Armeeführung klar darzulegen, dass für die Schweizer Luftwaffe ein effizientes Überschalltraining nur im Ausland möglich ist. So konnten wir 1985 mit den Mirage- und Tiger-Jets während Wochen über dem Mittelmeer üben. Seither findet beinahe jedes Jahr eine Luftkampfkampagne im Ausland statt.

Ein Höhepunkt seiner Karriere war der Einsatz mit den Super Puma in Albanien. Als Chef Einsatz der Luftwaffe rang er dem Bundesrat nach den Osterfeiertagen 1999 die Bewilligung ab, unverzüglich mit Helikoptern nach Tirana zu fliegen. Die Flüchtlinge, die auf der Flucht vor dem Kosovo-Krieg über die Grenze strömten, mussten sofort aus der Luft unterstützt werden.

Loyaler Soldat

Der «scharfe» Einsatz stand immer im Fokus von «Pilo». Dieser ist «raison d’être» der Armee, das Üben nur Mittel zum Zweck. Bereit zu sein – geistig, körperlich und materiell –, war sein grosses Anliegen. Nur eine einsatzbereite Armee taugt etwas und kann im entscheidenden, aber unvorhersehbaren Moment helfen, schützen und kämpfen.

Eine Eigenschaft von «Pilo» darf nicht fehlen: die Loyalität. Wenn von «oben» etwas angeordnet wird, dann wird das auch umgesetzt. Der Primat der Politik gilt! Dadurch konnte er sicherstellen, dass nicht dauernd am Auftrag herumgenörgelt wurde, anstatt die Zeit zu nutzen, eine Lösung zu erarbeiten.

Mit diesem Prinzip und der Auftragstaktik brachte er es nach der Jahrtausendwende fertig, als letzter Generalstabschef und erster Chef der Armee die «alte» Armee 95 in die «neue» Armee XXI umzubauen. Eine Mammutaufgabe, die er als loyaler Soldat auch in einem schwierigen politischen Umfeld meisterte.

Nach seiner Pensionierung stellte er all seine Fähigkeiten als Vater, Grossvater, Ehegatte, Pilot, Fluglehrer und Kommentator an Flugveranstaltungen und Podien, als Publizist oder Berater zur Verfügung. Unermüdlich, kompetent, loyal, immer zugunsten «seiner» Schweiz und «seiner» Armee. Danke, «Pilo».

Korpskommandant Markus Gygax war von 2009 bis 2012 Kommandant der Schweizer Luftwaffe.