Nachruf

Peter Beard: Erinnerung an den berühmten Wildtier- und Modefotografen

Peter Beard, der mit Künstlern wie Andy Warhol und Salvador Dalí befreundet war und dem die "Entdeckung" des Supermodels Iman zugeschrieben wird, war dafür bekannt, die wechselnden Szenerien der afrikanischen Tierwelt und der Modewelt in seinem Werk zu dokumentieren. Im April 2020 verstarb der Fotojournalist und Künstler im Alter von 82 Jahren. 
Peter Beard Erinnerung an den berühmten Wildtier und Modefotografen
© 2020 Peter Beard

Während Peter Beard Anfang der 1960er Mode-Editorials für die amerikanische VOGUE fotografierte, machte sich der gebürtige New Yorker – noch Kunststudent an der Yale University – gleichzeitig einen Namen als Fotojournalist, der die Schrecken der Wilderei und des Verhungerns von Elefanten und Wildtieren im Tsavo East Nationalpark in Kenia beleuchtete. Seine ernüchternde Wildtierfotografie erschien in Publikationen wie "Paris Match", "Vanity Fair", "The Sunday Times" (London), "International Herald Tribune", "Architectural Digest" und dem "LIFE"-Magazin.

"Je tiefer der weiße Mann nach Afrika vordrang, desto schneller floss das Leben aus den Steppen und dem Buschland heraus [...] es verschwand in Berge von Jagdtrophäen, Fellen und Kadavern", schrieb Beard in seinem bahnbrechenden Werk "The End of the Game", das 1965 veröffentlicht wurde. In Fotos dokumentierte er den Tod von 35 000 Elefanten, Flusspferden und Nashörnern in Kenias Tsavo-Tiefland und den ugandischen Parklandschaften – verursacht durch Überbevölkerung und Misswirtschaft im Naturschutz.

Beard fotografierte 2009 den Pirelli-Kalender in Botswana, 2012 wurde sein berüchtigtes Bild des Models Veruschka aus den 1960ern, das 1964 im Darajani, Tsavo East Nationalpark, Nashörner mit einem Seil fesselte, bei Christie's für 21 250 Pfund (rund 24 150 Euro) verkauft. Sein Zuhause in Kenia – die Hog Ranch –, ein mit alten Samtsofas ausgestattetes Camp, lag neben der Kaffeeplantage von Karen Blixen, der dänischen Autorin von "Afrika, dunkel lockende Welt".

Peter Beard in New York, 1995

Photography Bob Berg/Getty Images

"Sie können sich nicht vorstellen, wie großartig es war, als ich 1955 zum ersten Mal hierher kam", sagte Beard 1996 der "Vanity Fair". "Es war das Paradies, glauben Sie mir. Dies war eines der bedeutendsten Wildtiergebiete in der Geschichte der Welt, und jetzt ist es ein Parkplatz. Die Leute halten einen für eine Heulsuse oder einen Nörgler, wenn man darüber spricht, aber die Geschwindigkeit, mit der wir die Natur zerstören, ist überwältigend, und wir passen uns dem Schaden, den wir verursachen, mit unglaublicher Gerissenheit an."

Peter Beard selbst reiste hin und her zwischen Ostafrika und New York, und sein Leben war geprägt von Kontroversen, Affären und Partys. Von den Wasserlöchern Kenias bis zur Elite Manhattans verband er das Ranch-Leben in Nairobi und das gesellschaftliche Leben im Studio 54 mit dem gleichen energischen Selbstbewusstsein. Er schwamm in Gewässern voller Krokodilen, nahm Pablo Picassos Stierkämpfe auf und fotografierte Porträts von Salvador Dalí. Sein Freund Francis Bacon hielt Beard viele Male in seinen Porträts fest, während Beard auf Tournee mit den Rolling Stones arbeitete und das "Tusk"-Albumcover für Fleetwood Mac (1979) fotografierte. "Mick [Jagger] kam so betrunken von einem Nachmittag mit Peter Beard und Francis Bacon zurück, dass er auf meinem Bett eingeschlafen ist", schrieb sein Freund Andy Warhol in einem Tagebuch aus den 1970ern.

Peter Beard in seinem Zuhause in Montauk, New York, 1981

Photography Ron Galella/Ron Galella Collection via Getty Images

Peter Beard dokumentierte sein eigenes Leben in vielen Tagebüchern – das erste Tagebuch war ein Geschenk von Jacqueline Kennedy Onassis, als Beard mit ihrer Schwester Lee Radziwill zusammen war. Die blutverschmierten Seiten voller Collagen verbanden Schmetterlinge und Knochen, Federn und Cocktailrührer mit Fotografien von Löwenjungen und Celebrities. Die amerikanische VOGUE-Chefredakteurin Diana Vreeland und Veruschka besuchten eine New Yorker Ausstellung seiner Bilder von 1975.

"Wenn man sich seine Tagebücher ansieht, denkt man: 'Der Mann ist verrückt!'", sagte Iman 1996 der "Vanity Fair". Das somalische Supermodel studierte 1975 an der University of Nairobi, als sie von Beard "entdeckt" wurde. "Als Peter einen Fototermin vorschlug, hätte ich mir jedoch nie vorstellen können, was das für eine Entwicklung in Gang setzen würde, ich konnte zumindest dafür sorgen, eine Gage in Höhe der Studiengebühren für mein College auszuhandeln – und der Deal war abgeschlossen", sagte sie der amerikanischen VOGUE im Jahr 2017.

Er nahm ihre Fotografien mit zurück nach New York und im folgenden Jahr zog Iman in die Stadt und wurde für die VOGUE fotografiert. Sie hat ihn außerdem beschuldigt, ein Fantast zu sein, der behauptete, sie spreche kein Englisch, obwohl sie in Wirklichkeit fünf Sprachen sprach. "Er sagt, er habe mich mit Ziegen und Schafen entdeckt – dass ich eine Art Hirtin im Dschungel sei", sagte sie gegenüber "Vanity Fair". "Ich habe noch nie in meinem Leben einen Dschungel gesehen [...] aber Peter lebt in einer Fantasiewelt. Er liebt die Vorstellung, mein Svengali zu sein."

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Als mittleres Kind von drei Söhnen, wurde Peter Hill Beard am 22. Januar 1938 in New York als Sohn des Börsenmaklers Anson McCook Beard und Roseanne (Hoar) Beard in eine wohlhabende Familie geboren. Er zog mit seiner Familie nach Alabama, wo sein Vater während des Zweiten Weltkriegs der Luftwaffe diente und stationiert wurde. Nach seiner Rückkehr zur Upper East Side Manhattans besuchte Beard von 1945 bis 1952 die Buckley School, gefolgt von der Pomfret School in Connecticut. Von 1956 bis 1957 ging er dann auf die Felsted School in Essex, England, bevor er sich in Yale einschrieb, wo er Medizin studieren wollte, dann aber zur Kunst wechselte. "Ich war ein Roboter", sagte Beard 1996 zur "Vanity Fair". "Ich ging auf jede einzelne Schule, auf die mein Vater ging. Mir wurde alles in den Schoß gelegt. Ich war einfach zu verwöhnt."

Peter Beards erster Besuch in Kenia geschah im Alter von 17 Jahren zusammen mit Charles Darwins Urenkel, dem Entdecker und Schriftsteller Quentin George Keynes. Er war von Afrika in Ehrfurcht erstarrt. "Es war totale Authentizität – etwas total Reales", erzählte er der "Vanity Fair". Nach seinem Abschluss in Yale im Jahr 1961 begann er ein Praktikum bei der Werbeagentur J. Walter Thompson, kehrte aber bald darauf mit einer Voigtländer-Kamera, einem Geschenk seiner Großmutter, nach Kenia zurück. Die eindringlichen Fotos, die darauf folgten – von Zebra-Kadavern, Elefanten-Skeletten und Geiern – sollten sein erstes Buch füllen.

Peter Beard und Cheryl Tiegs, 1985

Photography The LIFE Picture Collection via Getty Images

Er war dreimal verheiratet, kurzzeitig seit 1967 mit dem It-Girl Minnie Cushing aus Newport und dann von 1981 bis 1983 mit dem amerikanischen Model Cheryl Tiegs. 1986 heiratete er Nejma Khanum – seine Managerin und Ehefrau bis zu seinem Tod. Das Paar hat eine gemeinsame Tochter, Zara, geboren 1988.

2004 schrieb Beard seine autobiografischen Abenteuer in "Zara's Tales: Perilous Escapades in Equatorial Africa" nieder – 11 seiner Tochter gewidmete Erzählungen über das Leben auf der Hog Ranch. "Diejenigen, die die gedankenlose Zerstörung der Natur bedauern, die das Gefühl haben, etwas Unersetzliches zu verlieren, haben uns vielleicht etwas Reales zu erzählen", schrieb Beard als Ausdruck seiner andauernden Liebesbeziehung zu Wildtieren und hinterließ eine eindrückliche letzte Botschaft, sich um die Welt zu kümmern.

Neues Buch von Peter Beard im Taschen Verlag

Peter Beard

© 2020 Peter Beard

Wer tiefer in die spannende Bilderwelt von Peter Beard eintauchen möchte, kann dies mit einem neuen Bildband von Taschen. Die XL-Ausgabe präsentiert die gesamte fotografische Bandbreite des Künstlers – von Haute-Couture-Models, die unter der kenianischen Sonne Giraffen füttern bis hin zu Elefantenkadavern, die Zeugnis für die Zerstörung der Natur durch den Menschen ablegen.

TASCHEN

Peter Beard

Peter Beard, Nejma Beard
Hardcover, 770 Seiten, € 100

taschen.com 

Auszug aus dem Bildband von Taschen

© 2020 Peter Beard

Bildband von Peter Beard (Taschen Verlag)

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