Pflanzenschutzmittel
Oberster Bauer zum Chlorothalonil-Verbot: «Wir müssen uns auf die Zulassungsbehörden verlassen können»

Der Bund verbietet Pflanzenschutzmittel mit dem Wirkstoff Chlorothalonil. Das Fungizid ist laut Bund «wahrscheinlich krebserregend». Bauernpräsident Markus Ritter (CVP/SG) findet den Entscheid richtig. Und er fordert eine Entschädigung für Bauern, die solche Mittel noch vorrätig haben.

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Markus Ritter, Präsident des Bauernverbands und CVP-Nationalrat, sieht bei den Pflanzenschutzmitteln insbesondere auch die Zulassungsbehörde in der Pflicht.

Markus Ritter, Präsident des Bauernverbands und CVP-Nationalrat, sieht bei den Pflanzenschutzmitteln insbesondere auch die Zulassungsbehörde in der Pflicht.

CH Media

Der Bund verbietet Chlorothalonil. Ein guter Entscheid?

Markus Ritter: Wir begrüssen den Entscheid. Er entspricht den Empfehlungen des Bauernverbandes. Und auch die Fenaco als grosser Verkäufer von Pflanzenschutzmitteln hat die entsprechenden Produkte bereits aus dem Verkauf genommen. Der Entscheid ist richtig, denn er entspricht den neusten wissenschaftlichen Erkenntnissen zu den möglichen Wirkungen der Abbaustoffe von Chlorothalonil.

Umweltschutzverbände kritisieren, zig weitere Giftcocktails seien noch im Umlauf.

Es ist Sache der Zulassungsbehörde, die Mittel zu überprüfen, wenn es Anzeichen gibt, dass sie gefährlich sind. Darauf müssen wir Bauern uns verlassen können. Der Entscheid zu Chlorothalonil zeigt ja, dass die Behörde in einem solchen Fall handelt. Die Schweiz hat das Verbot zwar später ausgesprochen als die EU, dafür gilt es bereits ab 1. Januar – und nicht wie in der EU erst ab Sommer 2020. Das finde ich richtig: Wenn von einem Wirkstoff eine nicht tragbare Gefährdung ausgeht, muss man ihn sofort verbieten.

Chlorothalonil wird seit Jahrzehnten eingesetzt und galt lange als ungefährlich. Das weckt Misstrauen. Wie wollen Sie das Vertrauen wieder zurückgewinnen – auch angesichts der Trinkwasser- und Anti-Pestizid-Initiativen?

Für uns ist wichtig, dass die Bevölkerung zum einen Vertrauen in die Bauern hat, zum anderen aber auch in die Zulassungsbehörde. Denn diese hat eine enorme Verantwortung. Sie entscheidet, was man einsetzen darf, wie man es einsetzen darf, wo man es einsetzen darf. Es ist wichtig, dass die Bevölkerung jetzt sieht, dass die Behörde Mittel schnell vom Markt nehmen kann. Wir haben also ein funktionierendes System. Der Entscheid der Bevölkerung zu den beiden Initiativen ist daher nicht nur ein Entscheid zu den Bauern, sondern zum ganzen System, das den sicheren Einsatz von Pflanzenschutzmitteln gewährleistet.

Sie schieben die Verantwortung ab.

Nein, auf keinen Fall. Aber wir können die Verantwortung für die Wissenschaft nicht übernehmen. Sie muss beurteilen, welche Wirkung ein Pflanzenschutzmittel hat – da reicht Bauernschläue nicht. Die Zulassungsstelle entscheidet, ob die Bauern ein Pflanzenschutzmittel verwenden dürfen und unter welchen Bedingungen. Sie hat das Wissen, um diesen Entscheid zu fällen.

Was bedeutet das Chlorothalonil-Verbot konkret für die Bauern?

Es ist nicht in allen Bereichen gleich einfach, eine Alternative zu finden, aber es sollte möglich sein. Man muss auch verstehen, dass es für die Bauern eine Herausforderung sein kann, auf ein Mittel plötzlich zu verzichten. Bei manchen Kulturen – zum Beispiel Zuckerrüben oder Raps – geht es ohne Pflanzenschutzmittel kaum. Wir müssen den Bauern Alternativen bieten. Und was man prüfen muss, ist eine Entschädigung, wenn ein Mittel kurzfristig verboten wird. Bauern, die solche Mittel noch an Lager haben, müssen mindestens teilweise vergütet werden.

Also zum Beispiel durch die Rückerstattung des Verkaufspreises?

Ja. Es ist wichtig, dass die Chlorothalonil-Produkte zu den Verkaufsstellen zurück gebracht und vernichtet werden. Da müssen wir einen Anreiz schaffen, damit alle ihre Produkte zurückbringen. Wir werden kommende Woche die Diskussion weiterführen, um zusammen mit SP und Grünen einen Vorstoss dazu einzureichen. Es ist wichtig, dass wir jetzt eine Regelung zur Entschädigung bei Verboten einführen. Denn es wird weitere ähnliche Fälle geben.