Putin: Russland will freundliche Beziehungen zu allen Staaten

Bild: Kreml/CC By-SA-4.0

Vor dem Besuch in Saudi-Arabien in angespannter Lage gab der russische Präsident ein Interview, das auch interessant deswegen ist, was er nicht sagt

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Heute kommt der russische Präsident Putin nach Saudi-Arabien und wird Dienstag auch die Vereinigten Arabischen Emirate besuchen. Angeblich soll es beim Treffen mit König Salman bin Abdulaziz Al Saud, und gesondert mit Kronprinz Mohammad bin Salman Al Saud, neben den Konflikten im Nahen Osten und Nordafrika um Geschäfte und die letztes Jahr beschlossene strategische Partnerschaft gehen. Gut möglich, dass nach dem Angriff auf Aramco-Ölanlagen auch wieder ein möglicher Kauf von russischen S-400-Raketenabwehrsystemen zur Diskussion steht, für die man sich in Saudi-Arabien schon einmal interessiert hatte. Die amerikanischen Patriot-Systeme waren nicht in der Lage, die angreifenden Drohnen und Raketen auszumachen und abzuschießen.

Die USA haben eine Verlegung von weiteren US-Truppen und Material zur Verstärkung der Abwehr versprochen, was König und Kronprinz am Samstag begrüßten. Das ist ein Zeichen auch dafür, dass Washington weiter den Krieg Saudi-Arabiens gegen die jemenitische Armee der Huthis und die Zivilbevölkerung unterstützt. Die langjährige mit den USA alliierte fundamentalistische und repressive Monarchie, mit der Trump besonders eng war, um Geschäfte zu machen und eine Front gegen den Iran aufzubauen, dürfte trotz der weiteren Entsendung von US-Truppen nach deren Rückzug aus Syrien und dem "Verrat" der Kurden verunsichert über die Verlässlichkeit sein - und das just nach dem erfolgreichen Angriff von den Huthis oder aus dem Iran.

Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate haben den türkischen Angriff auf die syrischen Kurden als "militärische Aggression" und "Gefährdung der Stabilität" scharf verurteilt. Der Angriff sei eine "offene Verletzung der Einheit, Unabhängigkeit und Souveränität des syrischen Territoriums". Die Wortwahl ist nicht uninteressant, es werden weder die Kurden noch die Assad-Regierung erwähnt, was deutlich macht, dass es mit der türkischen Offensive um den künftigen Einfluss in Syrien geht, während die USA sich zurückziehen. Das zeigt auch, dass nun die Kurden mit Damaskus eine Abmachung getroffen haben und syrische Truppen Richtung Kobane und Manbidsch vorrücken, um den türkischen Vormarsch zu stoppen. Wie sich Russland in dem sich abzeichnenden Konflikt zwischen Ankara und Damaskus verhalten wird, ist noch nicht absehbar.

Putin umschmeichelt saudische Herrscher

Vor dem Besuch gab Wladimir Putin dem saudischen Sender Al-Arabyia, Sky News und RT Arabic ein Interview, um den Rahmen der russischen Politik abzustecken. Putin sagte schon gleich mal, dass es um ein historisches Ereignis gehe. Seit einigen Jahren hätten sich die Beziehungen zwischen den beiden Staaten dramatisch verändert. Saudi-Arabien sei nun ein "befreundetes Land", Putin habe gute Beziehungen zum saudischen König und zum Kronprinzen. Ganz an den Anfang stellt Putin die guten wirtschaftlichen Beziehungen und kommt dann gleich zur militärischen Kooperation. Er hob die "positive Rolle" Saudi-Arabiens zur "konstruktiven" Lösung der syrischen Krise hervor, ohne sie näher zu benennen, was auch schwierig wäre. Aber man schmeichelt einem Partner, zumal dieser wie die Türkei fest verankert im westlichen Lager war und sich Brüche zeigen.

Gefragt, warum Russland in Syrien militärisch eingegriffen hat, aber nicht im Irak oder Libyen, sagte er erst einmal, er sei während der Krisen im Irak und in Libyen noch nicht im Amt gewesen, was natürlich Unsinn ist. Er musste dann natürlich einräumen, dass er vor der Irak-Invasion der USA russischer Präsident war, sich aber mit Frankreich und Deutschland dagegen stellte und vor negativen Folgen warnte, "die dann auch eingetreten sind", also letztlich die Entstehung des Islamischen Staats. Im Fall von Libyen sei er ausgetrickst worden, weil die UN-Sicherheitsresolution keinen Angriff ermöglichte. Wieder sei Chaos entstanden, eine erwartbare Flüchtlingswelle habe Europa erreicht und die Region wurde destabilisiert. Die Rolle Russlands klammerte er aus, Hauptakteur sind die USA, die Entscheidungen treffen, vor deren Folgen Putin warnte, aber dem offensichtlich nichts entgegensetzen konnte.

In Syrien sei man hingegen der legitimen Regierung zu Hilfe gekommen, damit terroristische Organisationen dort keinen "Pseudostaat" errichten können: "Wir haben nicht zulassen können, dass Militante in frühere Sowjetrepubliken eindringen" und von dort nach Russland kommen können. Das heiße nicht, dass die syrische Regierung nicht mit verantwortlich für die Situation sei, aber man habe das Problem schon einmal mit Tschetschenien gehabt. Man habe aber nicht nur die legitime Regierung unterstützt, sondern man wollte eine politische Lösung des Konflikts ermöglichen. Auch hier hält sich Putin bedeckt, was die aktuellen Probleme mit der Türkei in Idlib, Afrin und jetzt in ganz Nordsyrien betrifft.

Oder sehr indirekt. Letztlich müssten alle Streitkräfte, die illegitim in Syrien sind, das Land verlassen. Das würde die USA, den Iran, aber auch die Türkei betreffen. Und wenn die legitime Regierung dies wünsche, auch die russischen Truppen. Konsequent würde aber die Forderung, dass Syrien "von der militärischen Präsenz anderer Staat" befreit sein müsse, auch bedeuten, dass Russland seine Militärstützpunkte schließen müsste. Aber Putin versichert, dass die Syrer den russischen Truppen und der russischen Militärpolizei vertrauen. Und er sei optimistisch, weil syrische Flüchtlinge zurückkehren würden.

Keine Festlegung

Die Angriffe auf die Aramco-Ölanlagen verurteilte Putin, ohne einen Schuldigen zu nennen. Man habe Saudi-Arabien vielmehr darin bestärkt, eine Untersuchung darüber zu führen, wer für die Angriffe verantwortlich ist. Der Kronprinz, so Putin, habe gewünscht, dass Russland mit seinen engen, aber fragilen Beziehungen, dabei mitwirken sollen. Er würde den Iran verurteilen, wenn er dahinter stünde, aber der iranische Präsident habe versichert, dass der Iran damit nichts zu tun habe. Man wird allerdings davon ausgehen können, dass er mehr darüber weiß, aber sich sicher gibt, dass wohl der Iran nicht als Schuldiger ausgemacht werden kann. Putin aber streitet ab, Hintergrundwissen zu haben.

Überhaupt will er sich nicht festlegen, Russland sei mit Saudi-Arabien befreundet, habe aber eine besondere Beziehung zum Iran, der auch Russlands Nachbar ist. Iran sei ein "altes Land mit einem reichen kulturellen Erbe". Russland wolle keinen "Showdown", sondern gute Beziehungen oder zumindest eine "Normalisierung" der Beziehungen zwischen den Ländern in den Regionen fördern, die alle ihre eigenen Interessen verfolgen. Man wolle freundlichen Beziehungen mit allen Ländern der Region. Auffällig ist, dass es dabei nur um staatliche Beziehungen und den Dialog zwischen Staaten geht, Demokratie ist kein Thema - wie auch im Umgang mit Saudi-Arabien und den Vereinigten Arabischen Emiraten -, auch Menschenrechte spielen keine Rolle.

Russland sei der von einem neuen Wettrüsten am wenigsten betroffene Staat

Was die Haltung zu den USA betrifft, sagte Putin, man werde mit allen Regierungen zusammenarbeiten. Trump habe die Beziehungen zu Russland normalisieren wollen. Aber leider sei das nicht geschehen. Innenpolitisch sei das derzeit nicht möglich. Er sei aber besorgt über "die globale Sicherheit und das strategische Gleichgewicht".

Russland habe etwa auf den Ausstieg aus dem ABM-Vertrag mit der Entwicklung von Hyperschallraketen reagiert. Niemand habe Hyperschallraketen außer Russland. Wenn man diese abwehren könne, werde Russland andere Waffen entwickeln. Das habe leider zu einem Wettrüsten geführt: "Das ist eine Tatsache. Leider ist das die Wahrheit." Er bedauert auch den Ausstieg aus dem INF-Vertrag und hofft, dass es einen neuen START-Vertrag geben werde. Aber man habe vorgesorgt und eine neue Generation von Waffen entwickelt.

Und Putin machte klar, dass ihn die weitere Osterweiterung nicht glücklich mache. Die Nato sei nur ein "Mittel der amerikanischen Außenpolitik". Staaten, die der Nato beitreten, hätten keine Entscheidung mehr über ihre Waffen, was man in Rumänien und Polen sehen könne. Die Installation der Raketenabwehrsysteme seien eine Bedrohung Russlands. Sie sind bei allen Beteuerungen der Nato auch gegen Russland gerichtet, aber Russland habe die Bedrohung ausgeschaltet. Sagt Putin.

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