Südkorea kündigt Pakt mit Japan

Mit „fehlendem Vertrauen“ begründete Südkoreas Außenministerin Kang Kyung-wha die Absage an Tokio.
Mit „fehlendem Vertrauen“ begründete Südkoreas Außenministerin Kang Kyung-wha die Absage an Tokio. APA/AFP/POOL/HOW HWEE YOUNG
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US-Verbündete in Asien beenden Informationsaustausch über Nordkoreas Atom-Raketenprogramm.

Tokio. Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un darf jubeln. Einen Tag vor der automatischen Verlängerung steigt Südkorea aus dem Geheimdienstpakt mit Japan aus. Das 2016 unterzeichnete General Security of Military Information Agreement (Gsomia) regelte bisher zuverlässig den Austausch von Informationen über das nordkoreanische Atom- und Raketenprogramm wie auch über verdächtige Truppenbewegungen. Japan hatte damit gerechnet, dass Südkorea ungeachtet aller aktuellen Meinungsverschiedenheiten – auch im Interesse der USA – den Pakt beibehält.

Japans Premier Shinzo Abe reagierte entsprechend enttäuscht. Das verbündete Nachbarland beschädige das vertrauensvolle Verhältnis beider Staaten. Japans Regierungschef appellierte an Südkoreas Präsident Moon Jae-in, die gemeinsame Kooperation mit der Schutzmacht USA jedenfalls fortzusetzen. Die Krise kommt zu einem äußerst heiklen Zeitpunkt. Nordkorea führte in den vergangenen Wochen eine ganze Serie von bisher sechs Raketentests ab. Die dabei von Pjöngjang erprobten Kurz- und Mittelstrecken-Geschosse hatten allesamt eine Reichweite bis nach Japan.

Rückschlag für die USA

Seouls Ausstieg aus diesem sensiblen Sicherheitspakt ist aber vor allem auch ein Rückschlag für US-Präsident Donald Trump. Dessen Außenminister Mike Pompeo drückte seine „Enttäuschung“ aus. Ein Sprecher des Pentagon forderte erneut beide Seiten auf, ihre Differenzen schnell beizulegen. „Wir alle sind stärker und Nordostasien ist sicherer, wenn die USA, Japan und Südkorea in Solidarität und Freundschaft kooperieren.“

Washington war der Initiator dieses Abkommens. Nun ist zwischen den beiden wichtigsten US-Verbündeten in der Region das Vertrauen abhanden gekommen. Mit „fehlendem Vertrauen“ begründete Südkoreas Außenministerin Kang Kyung-wha die Absage an Tokio. „Unter den gegebenen Umständen liegt der Austausch von sensiblen militärischen Informationen nicht mehr in unserem nationalen Interesse“, fügte ein Sprecher des südkoreanischen Sicherheitsrates hinzu.

Disput um Zwangsarbeiter

Das ohnehin belastete Verhältnis zwischen beiden Nachbarn eskalierte in jüngster Zeit in einen handfesten Handels- und Geschichtskonflikt. Im vergangenen Monat hat Japans Regierung Seoul von der „weißen Liste“ bevorzugter Partner gestrichen und rigide Vorschriften für den Export von High-Tech-Materialien an Südkorea erlassen. Diese Entscheidung ist darauf zurückzuführen, dass südkoreanische Gerichte japanische Unternehmen verurteilt hatten, Zwangsarbeitern Entschädigungen zu zahlen. Korea war von 1905 bis 1945 von Japan besetzt. Zwischen 1938 bis zum Ende des Weltkriegs mussten Hunderttausende Koreaner als Zwangsarbeiter schuften.

Aus Tokioter Sicht sind Entschädigungsforderungen obsolet, weil sie bereits durch ein Abkommen von 1965 geregelt worden seien. Beide Staaten geben sich vehement die Schuld daran, dass die diplomatischen und wirtschaftlichen Bande derzeit so angespannt sind wie nie zuvor in den 54 Jahren diplomatischer Beziehungen. In beiden Hauptstädten werden nationalistische Gefühle aufgewühlt, statt sich um eine Lösung zu bemühen. Die gegenseitigen Retourkutschen haben jetzt eine Eskalationsstufe erreicht, die Sicherheit und Stabilität erheblich gefährdet.

("Die Presse", Print-Ausgabe, 24.08.2019)

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