Nach antisemitischem Angriff: Hunderte bei Solidaritätsgebet für attackierten Rabbiner

Rabbiner Yehuda Teichtal (47) am Freitagabend bei seiner Rede in der Synagoge in Berlin-Wilmersdorf

Rabbiner Yehuda Teichtal (47) am Freitagabend bei seiner Rede in der Synagoge in Berlin-Wilmersdorf

Foto: DAVIDS/Sven Darmer
Von: Matthias Lukaschewitsch

In einer bewegenden Zeremonie haben am Freitagabend hunderte Berliner und Mitglieder der Jüdischen Gemeinde zu Berlin ihre Solidarität mit Rabbiner Yehuda Teichtal (47) demonstriert.

In der Zentralen Synagoge Chabad appelierte der vor zwei Wochen von bislang unbekannten Tätern bespuckte und antisemitisch beschimpfte Rabbiner, „null Toleranz für Intoleranz zu zeigen.“

Er rief angesichts wiederholter antisemitischer Übergriffe und Anfeindungen auf offener Straße in der Bundeshauptstadt dazu auf, „jüdisches Leben und den jüdischen Glauben selbstbewusst und stark zu zeigen.“

Rabbiner Yehuda Teichtal (47) begrüßte vor der Synagoge Außenminister Heiko Maas (52, SPD) und dessen Lebensgefährtin Natalia Wörner (51)

Rabbiner Yehuda Teichtal (47) begrüßte vor der Synagoge Außenminister Heiko Maas (52, SPD) und dessen Lebensgefährtin Natalia Wörner (51)

Foto: DAVIDS/Sven Darmer

Sichtlich bewegt zeigte sich der Rabbiner vom Besuch von Außenminister Heiko Maas (52, SPD) und seiner Lebensgefährtin Natalia Wörner (51) im Saal der Synagoge. „Es ist ein gutes und wichtiges Zeichen, dass es Menschen wie sie gibt, die deutlich machen, dass Antisemitismus keinen Platz in diesem Land mehr haben darf! Es darf nicht sein, dass 75 Jahre nach der ,Shoa‘ in Berlin, München und Hamburg Juden Angst haben müssen, die Kippa zu tragen.“

Maas sagte: „Antisemitismus darf nie wieder Platz in Deutschland bekommen. Wir dürfen als Mehrheit nicht dazu schweigen. Wir wissen: Mit Worten fing es (1933) schon einmal an, dann folgten die Taten.“

Samuel Segal, Rabbiner der jüdischen Gemeinde Berlin: „Zum Glück hat mich wegen meines Glaubens noch niemand antisemitisch beschimpft. Aber ich merke schon, dass das Klima in Berlin – und wohl auch ganz allgemein in Deutschland – rauer geworden ist. Es gibt Menschen, die offen antisemitisch sind. Und denen möchte ich nicht mit meinen Kindern begegnen.“

Samuel Segal, Rabbiner der jüdischen Gemeinde Berlin: „Zum Glück hat mich wegen meines Glaubens noch niemand antisemitisch beschimpft. Aber ich merke schon, dass das Klima in Berlin – und wohl auch ganz allgemein in Deutschland – rauer geworden ist. Es gibt Menschen, die offen antisemitisch sind. Und denen möchte ich nicht mit meinen Kindern begegnen.“

Foto: DAVIDS/Sven Darmer

Miriam Marcus (83), Jüdin aus Berlin: „Mir selbst ist das auch schon passiert, dass mich ein Araber auf der Straße beschimpft und mit Tiraden belegt hat. Ich trage den Davidstern an der Kette. Er hat ihn offenbar gesehen. Das war nicht schön und ich hatte große Angst."

Miriam Marcus (83), Jüdin aus Berlin: „Mir selbst ist das auch schon passiert, dass mich ein Araber auf der Straße beschimpft und mit Tiraden belegt hat. Ich trage den Davidstern an der Kette. Er hat ihn offenbar gesehen. Das war nicht schön und ich hatte große Angst.“

Foto: DAVIDS/Sven Darmer

Was tun aber gegen das Problem eines Antisemitismus, der nicht nur von rechts, sondern verstärkt auch von arabischstämmigen Migranten in Berlin kommt? Rabbiner Teichtal sieht drei Eckpunkte: Mehr Zivilcourage. Mehr Sensibilisierung in Schulen von Kindern und Lehrern.

Und: „Es muss uncool, unpopulär werden, in Deutschland Antisemit zu sein!“

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