Streit um Rettungen auf dem Mittelmeer Auf hoher See gerettet: Trier will Bootsflüchtlinge aufnehmen

Trier/Mainz · Land und Städte kündigen an, Migranten zu helfen, denen die Fahrt übers Mittelmeer gelingt. Ministerin Anne Spiegel kritisiert, dass private Retter oft im Stich gelassen werden.

 Die von der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye herausgegebene Aufnahme zeigt einen Seenotretter (l) der zu einem Flüchtlingsboot schaut.

Die von der Seenotrettungsorganisation Sea-Eye herausgegebene Aufnahme zeigt einen Seenotretter (l) der zu einem Flüchtlingsboot schaut.

Foto: dpa/Fabian Heinz

Mindestens 682 Migranten sind in diesem Jahr auf ihrer Flucht nach Europa im Mittelmeer ertrunken. Um Menschen zu helfen, die die gefährliche Reise überleben, wollen Kommunen in Deutschland mehr Flüchtlinge aufnehmen, als sie es nach dem Verteilungsschlüssel müssen.

Dazu gehört auch Trier, das im Stadtrat einen Beschluss getroffen hat, Migranten aus dem Mittelmeer aufzunehmen. Oberbürgermeister Wolfram Leibe (SPD) sagt: „Aus unserer Sicht ist der Beschluss nicht nur ein Lippenbekenntnis, sondern wir stehen dazu und werden ihn – wenn es entsprechende Anfragen gibt – auch umsetzen.“

Die rheinland-pfälzische Integrationsministerin Anne Spiegel (Grüne) will nun Tempo machen, dass im Mittelmeer gerettete Flüchtlinge tatsächlich in Gemeinden landen, die helfen wollen. „Ich werde mit diesen Kommunen besprechen, wie wir die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen am besten umsetzen, und werde auch Kontakt mit dem Bundesinnenministerium aufnehmen“, sagt Spiegel auf Anfrage unserer Zeitung.

Die Ministerin sieht bei der Aufnahme bislang eine Krux: Die allerwenigsten der Flüchtlinge landeten in den Kommunen, weil sie in der Regel ein Asylverfahren durchlaufen müssten und bis zur Entscheidung in die Erstaufnahmeeinrichtungen kämen, schildert die Grünen-Politikerin, die einen Ausweg sieht: „Es gibt auch die Möglichkeit, den besonders schutzbedürftigen Flüchtlingen aus humanitären Gründen direkt einen Aufenthaltstitel zu geben, damit sie sofort in die hilfsbereiten Kommunen kommen. Darüber müssen wir Gespräche führen“, betont Spiegel. In einem Brief an Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) schreibt die Ministerin, Rheinland-Pfalz sei bereit, vom Bund evakuierte libyische Migranten über die reguläre Aufnahmequote hinaus aufzunehmen.

Der Verein „Resqship“ fordert in einer Mainzer Resolution die lokale Ebene auf, stärker zu handeln. Zu den Unterzeichnern gehören Parteien, Kirchen und Gewerkschaften. Im Land haben neben Trier noch Mainz und Kaiserslautern ihre Bereitschaft bekundet, mehr Flüchtlinge aufnehmen zu wollen. Aus den Kreisen der Region heißt es auf Anfrage, solche Erklärungen seien derzeit nicht geplant. Anne Spiegel geht von einer „geringen Zahl“ von Menschen aus, die nach Rheinland-Pfalz kämen. In diesem Jahr sind im Land bislang 2927 Asylanträge gestellt worden.

Flüchtlingshelfer – wie der Mainzer Mediziner Gerhard Trabert – kritisieren indes, dass ihre Arbeit im Mittelmeer kriminalisiert werde. Spiegel fordert von der EU, ein Seenotrettungsprogramm aufzulegen. Sie sagt: „Es ist moralisch unterste Schublade, dass Europa zusieht, wie private Organisationen auf dem Mittelmeer viel riskieren und Menschenleben retten. Das ist kein haltbarer Zustand. Das Sterben muss ein Ende haben.“ Im Gespräch mit dem Trierischen Volksfreund erzählen rheinland-pfälzische Retter im Mittelmeer-Einsatz von ihren Eindrücken.

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