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Streit um Abo-Kosten Apple wehrt sich gegen Spotify-Vorwürfe

Apple schlägt gegen Spotify zurück: Der Konzern kassiere keine überhöhten Provisionen von Kunden des Streamingdienstes, wie dessen Chef Daniel Ek behauptet. Ek nutze falsche Zahlen, heißt es in einem internen Dokument.
Spotify-App auf einem iPhone: Unfaire Gebührenpraktiken?

Spotify-App auf einem iPhone: Unfaire Gebührenpraktiken?

Foto: Daniel Bockwoldt/ dpa

Es waren schwere Vorwürfe, die Daniel Ek erhob. Apple sei zwar ein Konkurrent seiner Firma, schrieb der Gründer und Geschäftsführer des Musik-Streamingdienstes Spotify, und das sei auch gut so. "Aber Apple verschafft sich immer noch bei jeder Gelegenheit Vorteile", schimpfte  Ek Mitte März. Deshalb habe Spotify Beschwerde bei der EU-Kommission eingelegt.

Zur Begründung behauptete Ek, dass Apple von Spotify eine "Steuer" in Höhe von 30 Prozent auf Käufe über Apples Bezahlsystem erhebe - etwa dann, wenn Spotify-Nutzer von einem Gratis- auf ein kostenpflichtiges Premiumkonto umsteigen. Das würde Spotify zwingen, seine Preise "künstlich aufzublasen", und zwar deutlich über das, was Apple für seinen eigenen Streamingdienst Apple Music verlange.

Daniel Ek, Chef des schwedischen Musik-Streamingdienstes Spotify

Daniel Ek, Chef des schwedischen Musik-Streamingdienstes Spotify

Foto: TORU YAMANAKA/ AFP

Apple wehrt sich jetzt gegen diese Vorwürfe - und beschuldigt Spotify, wissentlich mit irreführenden Zahlen zu operieren. So erwecke Spotify den Eindruck, dass die 30-Prozent-Abgabe für alle Nutzer von Apple-Geräten fällig werde. Dabei gehe es um nur 680.000 Nutzer, wie es nach SPIEGEL-Informationen in Apples Stellungnahme an die EU-Kommission heißt, die Ende Mai in Brüssel eingetroffen ist.

Apple: Spotify operiert mit irreführenden Zahlen

Die Kommission von 30 Prozent sei nur bei jenen Spotify-Kunden erhoben worden, die ihr Abo über Apples In-App-Kauffunktion von Gratis auf Premium umgestellt hätten. Diese Funktion sei aber nur von 2014 bis 2016 in der Spotify-App aktiv gewesen - und in dieser Zeit hätten nur 680.000 Kunden davon Gebrauch gemacht. Für alle anderen Abo-Upgrades vorher und nachher hat Apple nach eigenen Angaben keinen Cent kassiert.

Spotify hatte laut seinem letzten Geschäftsbericht  Ende des ersten Quartals 2019 weltweit rund 100 Millionen zahlende Nutzer - eine Steigerung von 32 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Apple Music kommt aktuell auf gut 50 Millionen Kunden, wuchs zuletzt aber schneller als der schwedische Wettbewerber. Europa ist die wichtigste Region für Spotify. In den USA hat Apple Spotify zuletzt offenbar überholt .

Spotify lässt Anfragen unbeantwortet

Auch für die betroffenen 680.000 Spotify-Abos verlangt Apple offenbar - anders als Ek in seinem Blog schreibt - nicht 30 Prozent, sondern nur die Hälfte. Schon vor einiger Zeit hat die Firma die Kommission für Abo-Kunden gesenkt: Nach einem Jahr Mitgliedschaft fällt sie von 30 auf 15 Prozent. Da die 680.000 Spotify-User ihre Abos vor drei bis fünf Jahren abgeschlossen haben, muss Spotify für sie nach Apple-Angaben  nur noch 15 Prozent abführen.

Warum Ek dennoch behauptet, dass Apple bis heute eine Kommission verlange und diese 30 Prozent betrage, ist unklar. Spotify hat auf mehrere Anfragen des SPIEGEL nicht reagiert.

Ek hat in seinem Blogpost eingeräumt, dass Spotify die Gebühr an Apple umgehen könne, indem man die Apple-eigene Bezahlfunktion nicht nutze. Dann aber erschwere Apple die Kommunikation zwischen Spotify und seinen Kunden, blockiere App-Updates oder halte Spotify von Produkten wie der Assistenzsoftware Siri, dem vernetzten Lautsprecher HomePod und der Computer-Uhr Apple Watch fern. Apple weist diese Behauptungen als unwahr zurück.

Vestager erinnert an Milliarden-Bußgelder gegen Google und Microsoft

Die entscheidende Frage im Prüfverfahren der EU-Kommission ist nun, ob Apples App Store eine dominante Plattform ist, die den gesamten Musikstreaming-Markt beeinflussen könnte, und ob Apple seinen eigenen Streaming-Dienst bevorteilt. "Wir haben eine Plattform, die Kunden zu verschiedenen Anbietern leitet, und dann beginnt die Plattform, solche Geschäfte selbst zu machen, also selbst zum Anbieter zu werden", sagte EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager im März über den App Store. Das sei ein Muster, "das wir schon kennen". Es war eine Anspielung auf die milliardenschweren Bußgelder gegen Google und Microsoft.

Bei Apple hält man diesen Vergleich schon deshalb für falsch, weil das iPhone in der EU nur einen Anteil von 25 Prozent des Smartphone-Markts hält. Nahezu der gesamte Rest entfällt auf Handys mit Googles Android-Betriebssystem. Zudem sei Apple Music auch nicht dominant auf dem Markt der Streaming-Anbieter.

Zu Dauer und Stand des von Spotify angestrengten Prüfverfahrens wollte die EU-Kommission auf Anfrage keine Angaben machen.