Kommunalwahl Trier soll Großstadt bleiben – aber wie?

Trier · Das geplante Baugebiet am Brubacher Hof bleibt Zankapfel der Stadtratsfraktionen. Auch bei der Frage, ob Investoren eine höhere Quote beim Sozialwohnungsbau vorgeschrieben soll, sind die Kommunalpolitiker nicht einer Meinung.

 Fast 100 Appartements und Wohnungen sind im Neubaukomplex an den Kaiserthermen entstanden. Damit Trier eine attraktive Wohnstadt bleibt, müssen laut Stadtverwaltung noch viel mehr neue Wohngebiete ausgewiesen werden.

Fast 100 Appartements und Wohnungen sind im Neubaukomplex an den Kaiserthermen entstanden. Damit Trier eine attraktive Wohnstadt bleibt, müssen laut Stadtverwaltung noch viel mehr neue Wohngebiete ausgewiesen werden.

Foto: Portaflug Föhren

Etwa 110 000 Menschen wohnen zurzeit in Trier. Erklärtes Ziel von Oberbürgermeister Wolfram Leibe ist es, diese Zahl in den kommenden Jahren mindestens zu halten – besser noch zu steigern. „Wir brauchen langfristig mindestens 110 000 bis 120 000 Bürger, denn auf diese Bevölkerungszahl ist unsere gesamte Infrastruktur ausgelegt“, sagte Leibe vor gut einem Jahr, als die Stadtverwaltung eine große Studie zur Bevölkerungsentwicklung vorlegte.

Damit Trier die Chance hat, seine Einwohnerzahl zu steigern, müssen möglichst viele Wohnungen neu gebaut werden. Ohne die vorgesehenen Baugebiete am Brubacher Hof, wo Wohnungen für rund 2400 Menschen entstehen sollen, am Zentenbüsch bei Trier Ruwer und – langfristig – am Langenberg zwischen Euren und Zewen würde laut Studie die Bevölkerungszahl Triers stark zurückgehen.

Denn gerade junge Familien sind auf der Suche nach Grundstücken für neue Einfamilien-, Zweifamilien- oder Reihenhäuser. Werden keine neuen Baugebiete ausgewiesen, hätte das laut Studie gravierende Folgen: Der Anteil älterer und hochbetagter Trierer würde im Vergleich zum Anteil junger Menschen immer weiter steigen. Es gäbe dann so viele ältere Trierer, dass nicht mehr genügend jüngere Menschen in der Stadt leben würden, um diese zu pflegen.

Bei sinkender Einwohnerzahl würde das Leben zudem wohl teurer, weil Kosten auf weniger Schultern verteilt werden könnten. Ein Beispiel: Das Abwassersystem der Stadt wird derzeit von rund 80 000 Gebührenzahlern finanziert. Sinkt die Zahl der Bürger, würden die Gebühren für den Einzelnen steigen.

Geht die Zahl der Familien mit Kindern zurück, sinken auch die Schülerzahlen. Da der Erhalt von halb leerstehenden Gebäuden allerdings unwirtschaftlich ist, wären Schulschließungen wohl unausweichlich.

Auch für Wirtschaft und Einzelhandel ist die Einwohnerzahl überlebenswichtig: Laut der städtischen Studie geben die Trierer im Durchschnitt pro Jahr 5800 Euro in den Trierer Geschäften aus. Sinkt die Bevölkerung auch nur um 10 000 Menschen, fehlen dem Trierer Handel rund 58 Millionen Euro – pro Jahr.

Stadtentwicklung und Wohnungsbau waren auch Themen beim großen TV-Gespräch mit den Vertretern der sieben im aktuellen Stadtrat vertretenen Fraktionen – die unterschiedliche Meinungen vertraten.

Tobias Schneider, FDP: „Nur, wenn wir den Bedarf decken, entspannt sich der Wohnmarkt und wir lösen das Problem der hohen Mieten. Natürlich sehen wir beim Brubacher Hof die Probleme in Sachen Natur und Naherholung – wichtiger ist es aber, dort neuen Wohnraum zu schaffen. Eine Quote für den Bau von Sozialwohnungen vorzuschreiben, könnte allerdings eine Hürde für Investoren sein – im Gegenzug müsste man an anderer Stelle für diese Erleichterungen schaffen.“

Michael Frisch, AfD: „Unsere Meinung ist, dass Trier nicht auf jeden Fall wachsen muss. Die teuren Mieten haben zudem viele Ursachen – beispielsweise die Niedrigzinspolitik. Durch diese ist das Geld billig, die Leute investieren in Betongold – das treibt Preise und Mieten hoch. Statt neue Baugebiete auszuweisen sind wir für eine vernünftige Innenstadtverdichtung, Parkplätze von Discountern etwa könnten mit Wohnetagen überbaut werden. Mitbedacht werden muss, dass nicht immer mehr Menschen in die Städte gezogen werden und der ländliche Raum dann ausblutet.“

Jörg Johann, die Linke: „Für Normalverdiener ist es schwierig, in Trier eine Wohnung zu finden. Durch eine höhere Quote beim Sozialwohnungsbau ein großes Angebot zu schaffen, ist daher richtig. Die hohen Baukosten, die entsprechende Mieten mit sich bringen, sollten außerdem abgefedert werden – es muss nicht immer Passivhausstandard sein, manchmal reichen auch niedrigere Anforderungen an die Energieeffizienz eines Hauses.“

Christian Schenk, UBT: „Wenn ich Investor wäre und mir würde vorgeschrieben, 50 Prozent Sozialwohnungen zu bauen, würde ich mir gut überlegen, ob ich in Trier investieren will. Richtig ist aber, dass wir mehr Wohnraum schaffen müssen, um der Nachfrage nachzukommen. Ein Baugebiet am Brubacher Hof wäre allerdings eine Fehlentwicklung – wir würden damit weitere Verkehrsprobleme schaffen.“

Wolf Buchmann, die Grünen „Ich denke auch, dass wir die Quote für den Bau von Sozialwohnungen erhöhen sollten. Wir brauchen auch mehr rollstuhlgerechte Wohnungen. Quotierungen sind da die einzige Möglichkeit, günstigen Wohnraum hinzubekommen. Für junge Familien sollten wir auch Grundstücke zu niedrigeren Preisen zur Verfügung stellen.“

Sven Teuber, SPD: „Wir fordern, dass jede dritte Wohnung, die am Brubacher Hof entstehen wird, öffentlich gefördert sein soll und damit bei einer Miete von 7 Euro pro Quadratmeter liegt. Wir haben immer mehr Familien, die es sich sonst nicht leisten können, hier zu wohnen. Diese ziehen dann aus der Stadt raus – und Kinder und Eltern pendeln dann täglich nach Trier rein zur Schule und zum Arbeitsplatz. Das bedeutet dann wirklich mehr Verkehr!“

 Logo_Kommunalwahl_2019

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Foto: TV/Lambrecht, Jana

Udo Köhler, CDU: „Trier muss wachsen, denn auch bei Wohnungen gilt: je kleiner das Angebot, desto teurer. Beim Brubacher Hof ist zwar der Frust der Anwohner dort groß – aber wir brauchen die neue Baufläche. Da müssen die wenigen Anlieger zum Wohle der großen Gemeinschaft zurückstecken. Eine höhere Quotierung beim Sozialwohnungsbau halten wir dagegen für problematisch. Denn was Investoren an einer Stelle billig bauen, müssen sie an anderer Stelle über teure Mieten wieder reinholen.“

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