Zum Inhalt springen

Copyright-Debatte EU-Parlament stimmt Dienstag über Urheberrechtsreform ab

Am Dienstag entscheidet das EU-Parlament über den umstrittenen Entwurf zur Urheberrechtsreform. Kritiker rufen für das Wochenende in vielen Städten zu Protesten auf.
Demonstrationen gegen die EU-Urheberrechtsreform in Berlin

Demonstrationen gegen die EU-Urheberrechtsreform in Berlin

Foto: imago images / Christian Spicker

Für die entscheidende Runde zur Copyright-Reform gibt es nun einen Termin: Die Abstimmung im EU-Parlament findet am Dienstag ab 12.30 Uhr statt. Damit ist die umstrittene Reform auf der Zielgeraden - aber noch längst nicht beschlossene Sache.

"Die Debatte wird nächste Woche am Dienstagmorgen in Straßburg noch einmal geführt", sagte der SPD-Europaabgeordnete Tiemo Wölken am Donnerstag in einer Pressekonferenz in Berlin. Auf eine SPIEGEL-Nachfrage sagte Wölken außerdem, dass es Änderungsanträge zur Reform geben werde, "die insbesondere darauf abzielen, den Artikel 13 zu streichen".

"Für Artikel 13 gab es bei der letzten Abstimmung im Parlament nur eine knappe Mehrheit von 64 Stimmen", so Wölken. "Aufgrund der wachsenden Bedenken ist es durchaus realistisch, dass Artikel 13 gelöscht wird. Dann haben es die Mitgliedstaaten im Rat in der Hand, der so geänderten Reform zustimmen oder sie zu weiteren Beratungen zurückzuweisen."

Artikel 11 und 13 sind heftig umstritten

Im Februar hatten sich Unterhändler des EU-Parlaments und der EU-Mitgliedstaaten auf einen Vorschlag zur Neuregelung des Urheberrechts geeinigt, das an das digitale Zeitalter angepasst werden soll. Besonders umstritten sind vor allem zwei Teile des neuen Regelwerks: Artikel 11, in dem ein europaweites Leistungsschutzrecht für Presseverleger geregelt wird, und noch stärker Artikel 13, der die Haftbarkeit von Plattformbetreibern wie YouTube für die Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer vorsieht.

Auch kleinere Plattformen könnten durch die geplante Reform gezwungen werden, das unbefugte Hochladen von urheberrechtlich geschütztem Material mit sogenannten Uploadfiltern zu verhindern - solche Software jedoch gilt als unzuverlässig und könnte auch eigentlich zulässige Inhalte von den Plattformen verbannen, etwa Parodien.

Die Piratenpolitikerin Julia Reda, die bekannteste Gegnerin der umstrittenen Artikel, kritisiert die Pläne als "Angriff auf das freie Internet" und als "Gefahr für kleine Verlage, Autoren und Internetnutzer". Auf Twitter ruft sie ihre Follower dazu auf, gegen die Urheberrechtsreform zu protestieren: "Es ist Zeit, in Massen bei den Protesten am Samstag aufzutauchen."

Europaweite Proteste am Samstag

Für Samstag hat die Initiative "Safe the Internet" einen "europaweiten Demo-Tag" angekündigt . "Wir appellieren an die Mitglieder des Europäischen Parlaments, den Artikeln 11 und 13 nicht zuzustimmen", so die Initiative. "Ebenso appellieren wir an die Bundesregierung, sich an ihren Koalitionsvertrag zu halten, der den Einsatz von Uploadfiltern explizit als unverhältnismäßig ablehnt." Eine Onlinepetition der Initiative gegen die Copyright-Reform hat gerade die Fünfmillionenmarke geknackt .

Die deutsche Wikipedia hatte die zu erwartende Protestwelle mit einem schwarzen Bildschirm eingeläutet - als Zeichen gegen die Urheberrechtsreform ist das Online-Lexikon an diesem Donnerstag 24 Stunden lang offline.

"Dies ist unsere letzte Chance. Helfen Sie uns, das Urheberrecht in Europa zu modernisieren", heißt es derzeit auf der Wikipedia-Startseite. "Obwohl zumindest Wikipedia ausdrücklich von Artikel 13 der neuen Urheberrechtsrichtlinie ausgenommen ist (allerdings nicht von Artikel 11), wird das freie Wissen selbst dann leiden, wenn Wikipedia eine Oase in der gefilterten Wüste des Internets bleibt."

Weitere Seiten protestieren mit Online-Bannern gegen Artikel 13, die Streaming-Plattform Twitch spricht von einer "bad copyright reform". Auch YouTuber mobilisieren seit Wochen gegen die EU-Pläne und rufen ihre Fans dieser Tage erneut auf, an den Protesten am Samstag teilzunehmen. "Wir müssen allesamt auf die Straße gehen, wir müssen rausgehen, um uns lautstark und inhaltsstark dafür einzusetzen, dass am 26. März die Abgeordneten des europäischen Parlaments gegen die Urheberrechtsreform stimmen", sagt etwa "HerrNewstime" in einem Videoaufruf, den er auf Twitter veröffentlicht hat .

Viele Twitter-Nutzer machen sich derzeit über den CDU-Politiker Axel Voss lustig, der als zuständiger Berichterstatter im Parlament die Reform vorangetrieben hat. Mit diversen Äußerungen hat er bei seinen Kritikern den Eindruck bestärkt, sich im Internet wenig auszukennen, zuletzt, als er in einem Interview mit "Vice"  behauptete, bei der Google-Suche gebe es eine eigene Rubrik für Memes. Und dem Hashtag #axelsurft verbreiten sie nun Witze und Spott über den Europapolitiker.

Organisationen wie die GEMA versuchen unterdessen, Unterstützer für die umstrittene Reform zu mobilisieren - unter anderem mit der Kampagne #Yes2Copyright, die auch bekannte deutsche Musiker wie Lena Meyer-Landrut  und Mark Forster unterstützen.

Update: Lena Meyer-Landrut hat nach Kritik an der #Yes2Copyright-Kampagne im Nachhinein auf Twitter  geäußert, dass sie "nicht für Artikel 13 unterschrieben habe", sondern "für Copyright an sich".

Anmerkung: Die Uhrzeit der Abstimmung wurde im Text aktualisiert.