Non-Profit/Gemeinnützigkeit 1/19
Newsletter zu Entwicklungen im Gemeinnützigkeitsbereich
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1/<br />
20<strong>19</strong><br />
<strong>Non</strong>-<strong>Profit</strong>/<strong>Gemeinnützigkeit</strong><br />
Newsletter zu Entwicklungen im <strong>Gemeinnützigkeit</strong>sbereich<br />
Umsatzsteuer<br />
/ Unterschiedliche Umsatzsteuersätze bei gemischter<br />
Leistung?<br />
Ertragsteuer<br />
/ Umqualifizierung einer Spende in eine VGA<br />
Fundraising & Philanthropie<br />
/ Geld ohne Sinn macht unglücklich<br />
Sonstiges<br />
/ Gesetzesinitiative zur Erhöhung des Übungsleiterund<br />
Ehrenamtsfreibetrages und zur Umsatzfreigrenze<br />
bei wGB gescheitert
B / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
der Gesetzgeber hat dem <strong>Gemeinnützigkeit</strong>srecht kein Weihnachtsgeschenk gemacht: Weder wurde<br />
die gemeinnützigkeitsrechtliche Freigrenze für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe noch die Übungsleiter-<br />
und Ehrenamtspauschale angehoben.<br />
Dafür erscheint unser <strong>Gemeinnützigkeit</strong> Rundschreiben in neuem Gewand. Im Übrigen bietet Ihnen<br />
das vorliegende Rundschreiben eine thematisch abwechslungsreiche Zusammenstellung der Themen<br />
aus Rechtsprechung und Verwaltung. Über Anregungen und Feedback freuen wir uns.<br />
Ich wünsche Ihnen eine interessante Lektüre!<br />
Heide Bley<br />
Rechtsanwältin · Steuerberaterin · Partnerin<br />
heide.bley@schomerus.de<br />
Tel. 040 / 37601-2342<br />
Inhalt<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
3 / KG-Beteiligung fällt nicht in die<br />
Vermögensverwaltung<br />
4 / Spenden an ausländische NPOs:<br />
Struktureller Inlandsbezug einfach zu erfüllen<br />
5 / Vorläufige Anerkennung der <strong>Gemeinnützigkeit</strong><br />
betrifft nur Satzungsbestimmungen<br />
5 / Verlängerung der Billigkeitsmaßnahmen bei<br />
vorübergehender Unterbringung<br />
5 / Wann erteilt das Finanzamt Auskunft über die<br />
<strong>Gemeinnützigkeit</strong><br />
6 / Steuerliche Behandlung von Sammlungen von<br />
Pfandflaschen<br />
6 / Abgrenzung zwischen Wertpapierhandel und<br />
Vermögensverwaltung<br />
ERTRAGSTEUER<br />
7 / Aktualisierung des Erlasses zum Übungsleiterfreibetrag<br />
§ 3 Nr. 26 EStG<br />
7 / Umqualifizierung einer Spende in eine VGA bei<br />
besonderem Näheverhältnis zwischen der<br />
Empfängerstiftung und den Gesellschaftern der<br />
spendenden Gesellschaft<br />
8 / Bewertung von Kunstspenden –<br />
Sachzuwendungen<br />
UMSATZSTEUER<br />
8 / Unterschiedliche Umsatzsteuersätze bei<br />
gemischter Leistung?<br />
SONSTIGES<br />
8 / Gesetzesinitiative zur Erhöhung des Übungsleiter-<br />
und Ehrenamtsfreibetrages und zur<br />
Umsatzfreigrenze bei wGB gescheitert<br />
9 / gGmbH erbt Einzelunternehmen: Wo wird<br />
besteuert?<br />
9 / Entschließung des Bundesrates „Transparenzgebot<br />
bei der Auslandsfinanzierung von gemeinnützigen<br />
Körperschaften“<br />
10 / Unwirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist<br />
FUNDRAISING & PHILANTHROPIE<br />
11 / Geld ohne Sinn macht unglücklich
GEMEINNÜTZIGKEIT / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 3<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
KG-Beteiligung fällt nicht in die Vermögensverwaltung<br />
Die Beteiligung einer gemeinnützigen Stiftung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft, bei der der Gesellschafter<br />
als Mitunternehmer anzusehen ist, begründet einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb.<br />
Dies hat das Finanzgericht Düsseldorf unter Bezugnahme auf die gängige Rechtsprechung des BFH (BFH Urteile<br />
vom 18.02.2016 VR 60/13 und vom 25.05.2011 IR 60/10) mit Urteil vom 18.12.2017 (Az.: 6 K 1598/16 K) entschieden.<br />
Im konkreten Fall hat das Finanzamt für die Einkünfte der<br />
Stiftung aus der Beteiligung an einer GmbH & Co. KG Körperschaftsteuer<br />
mit der Begründung festgesetzt, bei der<br />
Beteiligung handle es sich um einen steuerpflichtigen wirtschaftlichen<br />
Geschäftsbetrieb.<br />
Die Stiftung vertrat hingegen die Auffassung, dass vorliegend<br />
kein Unternehmerrisiko gegeben sei, da dieses stets die Teilhabe<br />
am Verlust der Gesellschaft voraussetze. Eine Nachschussverpflichtung<br />
der Stiftung als Kommanditistin sei nach dem Gesellschaftsvertrag<br />
jedoch gerade ausdrücklich ausgeschlossen.<br />
Darüber hinaus fehle es überdies an der Unternehmerinitiative,<br />
da dem Kommanditisten die Geschäftsführungsbefugnis grundsätzlich<br />
entzogen sei und die Stiftung daher nicht an unternehmerischen<br />
Entscheidungen teilnehmen könne. Es sei vorliegend<br />
daher kein Unterschied zu der Beteiligung eines Minderheitsaktionärs<br />
an einer börsengehandelten AG erkennbar, welche jedoch<br />
üblicherweise der steuerfreien Vermögensverwaltung zugeordnet<br />
werde.<br />
Dieser Argumentation ist das FG Düsseldorf in dem hier zitierten<br />
Urteil nicht gefolgt. Einen wirtschaftlichen Geschäftsbetrieb<br />
begründe nach ständiger Rechtsprechung des BFH in der<br />
Regel, wer als steuerbefreite Körperschaft Einkünfte aus Gewerbebetrieb<br />
im Sinne des § 15 EStG erzielt. Hierzu zähle auch die<br />
Beteiligung an einer gewerblich tätigen Personengesellschaft im<br />
Sinne des § 15 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 EStG, bei der der Gesellschafter<br />
als Mitunternehmer anzusehen ist (BFH, Urteile vom 18.02.2016<br />
VR 60/13; Urteil vom 25.05.2011 IR 60/10). Mitunternehmer sei<br />
derjenige Gesellschafter, der kumulativ Mitunternehmerinitiative<br />
entfalte und Mitunternehmerrisiko trage.<br />
Mitunternehmerinitiative bedeute dabei vor allem Teilnahme<br />
an unternehmerischen Entscheidungen. Ausreichend hierfür sei<br />
schon die Möglichkeit zur Ausübung von Gesellschafterrechten,<br />
die wenigstens den Stimm-, Kontroll- und Widerspruchsrechten<br />
angenähert seien, die den Kommanditisten nach dem HGB zustehen,<br />
oder die den gesellschaftsrechtlichen Kontrollrechten<br />
nach § 716 Abs. 1 BGB entsprächen. Eine Mitunternehmerinitiative<br />
sei jedenfalls dann anzunehmen, wenn die Ausübung der<br />
Mehrheitsmacht durch die Treuepflicht der Mehrheit gegenüber<br />
der Minderheit eingeschränkt sei. Mitunternehmer sei hiernach<br />
nicht, wer vom persönlich haftenden Gesellschafter ohne weiteres<br />
zum Buchwert aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden<br />
könne. Vorliegend könne die Stiftung nur aus wichtigem Grund<br />
zum Buchwert aus der Gesellschaft ausgeschlossen werden.<br />
Darüber hinaus trage die Stiftung auch Mitunternehmerrisiko.<br />
Zwar hafte die Stiftung nicht für die Verluste der Gesellschaft.<br />
Nach ständiger Rechtsprechung genüge für die Annahme eines<br />
ausreichenden Mitunternehmerrisikos eines Kommanditisten jedoch,<br />
wenn er im Fall der Auflösung der KG an den stillen Reserven<br />
und dem Geschäftswert beteiligt wird. Diese Voraussetzung<br />
sei vorliegend erfüllt.<br />
Da die Stiftung somit gewerbliche Einkünfte aus Gewerbebetrieb<br />
i.S.d. § 15 EStG erzielte, unterhielt sie nach Auffassung des<br />
FG Düsseldorf mit ihrer Beteiligung an der KG einen wirtschaftlichen<br />
Geschäftsbetrieb im Sinne des § 14 AO. Dem stehe auch<br />
nicht entgegen, dass es sich vorliegend nicht um eine klassische<br />
unternehmerische Beteiligung, sondern um ein Finanzanlageprodukt<br />
handele, dass durch Banken vertrieben und in das Gesamtvermögenskonzept<br />
eines Anlegers eingebunden werde.
4 / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
Spenden an ausländische NPOs:<br />
Struktureller Inlandsbezug einfach zu erfüllen<br />
An die Voraussetzungen des strukturellen Inlandsbezugs nach § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG sind keine hohen Anforderungen<br />
zu stellen. Zu diesem Ergebnis kommt der BFH in seinem Urteil vom 22.03.2018 (Az. X R 5/16).<br />
Im konkreten Fall hatte der BFH darüber zu entscheiden,<br />
ob die Zuwendung einer inländischen Person an eine griechischkatholische<br />
Pfarrgemeinde in Rumänien als abzugsfähige<br />
Spende angesehen werden kann. Die Klägerin hatte der<br />
Pfarrgemeinde insgesamt 15.000 € zugewendet. Für die Unterstützung<br />
wurde der Name der Klägerin in den Fuß des Altars eingraviert.<br />
Zudem werde der Name der Klägerin bei jeder Messe,<br />
die in der Kirche abgehalten wird, im Rahmen der Fürbitten erwähnt.<br />
Über die Zuwendung erschien in der örtlichen Presse ein<br />
Artikel, in dem das Engagement der Klägerin als Spenderin aus<br />
Deutschland namentlich erwähnt wurde.<br />
Das Finanzamt ließ die Spenden nicht zum Abzug zu, da der<br />
nach § 10b Abs. 1 Satz 6 EStG erforderliche strukturelle Inlandsbezug<br />
fehle und darüber hinaus die vorgelegten Zuwendungsbestätigungen<br />
nicht ordnungsgemäß seien. Es sei nicht ersichtlich,<br />
dass die Tätigkeit der rumänischen Pfarrgemeinde einen Bezug<br />
zu Deutschland habe. Der Hinweis auf eine einzelne deutsche<br />
Spenderin sei nicht ausreichend, zumal im Rahmen der Gottesdienste<br />
voraussichtlich nur der Name der Spenderin, nicht jedoch<br />
ihre Herkunft genannt werde.<br />
Das zuständige Finanzgericht gab der Klage statt. § 10b Abs.<br />
1 Satz 6 EStG sei in verfassungs- und unionsrechtlich gebotener<br />
Weise so auszulegen, dass die Tätigkeit des Zuwendungsempfängers<br />
zum Ansehen Deutschlands beitragen könne, wenn der Beitrag<br />
zur Ansehenssteigerung nicht evident ausgeschlossen sei.<br />
Bei einer ausländischen Organisation, die nachgewiesen habe,<br />
dass sie nach deutschem Recht gemeinnützig sei, könne ohne<br />
weitere Prüfung auch von einer möglichen Ansehenssteigerung<br />
ausgegangen werden. Ferner seien auch die übrigen Voraussetzungen<br />
für den Spendenabzug gegeben. Insbesondere sei zwischen<br />
den Parteien nicht streitig, ob es sich bei der rumänischen<br />
Pfarrgemeinde um eine juristische Person des öffentlichen Rechts<br />
handele.<br />
Der BFH hob das Urteil des Finanzgerichts auf. Die Feststellung<br />
des Finanzgerichts sei nicht ausreichend, um die Frage, ob es<br />
sich bei der Pfarrgemeinde um eine juristische Person des öffentlichen<br />
Rechts handelt, verlässlich auf der Grundlage des rumänischen<br />
Rechts beurteilen zu können.<br />
Der Spendenabzug sei vorliegend allerdings nicht deswegen<br />
zu versagen, weil das Ansehen der Bundesrepublik Deutschland<br />
nicht gefördert werde. Hierbei bedürfe es keiner spürbaren oder<br />
messbaren Auswirkung auf das Ansehen Deutschlands. Bei in<br />
Deutschland ansässigen Organisationen werde ein möglicher<br />
Beitrag zum Ansehen Deutschlands – ohne besonderen Nachweis<br />
– bereits dadurch erfüllt, dass sie sich personell, finanziell,<br />
planend, schöpferisch oder anderweitig an der Förderung gemeinnütziger,<br />
mildtätiger oder kirchlicher Zwecke im Ausland<br />
beteiligten (Indizwirkung). Demzufolge reiche bereits eine finanzielle<br />
Beteiligung einer inländischen Forschungseinrichtung aus,<br />
um den Inlandsbezug zu erfüllen. Aus diesem Grund sei es naheliegend,<br />
dass dies auch für die finanzielle Unterstützung einer<br />
ausländischen gemeinnützigen Einrichtung durch eine inländische<br />
Privatperson gilt.<br />
Dem steht aus Sicht des BFH auch nicht entgegen, dass eine<br />
inländische gemeinnützige Einrichtung im Gegensatz zu einer<br />
inländischen Privatperson unmittelbar im Ausland tätig werde<br />
und damit das gemeinnützige Engagement mit dem Bezug<br />
zu Deutschland auch nach außen hin offenkundig werde. Vielmehr<br />
habe auch eine inländische gemeinnützige Einrichtung die<br />
Möglichkeit, als sogenannte Mittelbeschaffungskörperschaft im<br />
Sinne des § 58 Nr. 1 AO ausländische Körperschaften bei deren<br />
Verfolgung gemeinnütziger Zwecke zu unterstützen. Es sei daher<br />
kein Grund ersichtlich, eine (abzugsfähige) Spende an eine<br />
inländische gemeinnützige Körperschaft, die die Mittel einer im<br />
Ausland ansässigen Körperschaft zur Erfüllung eines bestimmten<br />
gemeinnützigen Zwecks überlässt, und eine (nicht abzugsfähige)<br />
Spende, die dieser ausländischen Einrichtung, die die Voraussetzungen<br />
der §§ 51 ff. AO und § 10b EStG erfüllt, direkt von einem<br />
Spender zugewendet wird, ungleich zu behandeln.
GEMEINNÜTZIGKEIT / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 5<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
Vorläufige Anerkennung der<br />
<strong>Gemeinnützigkeit</strong> betrifft<br />
nur Satzungsbestimmungen<br />
Das Finanzgericht Baden-Württemberg hat in seinem<br />
Urteil vom 05.03.2018 entschieden, dass Gegenstand<br />
der vorläufigen Prüfung nach § 60a AO allein die<br />
satzungsmäßigen Anforderungen sind, nicht hingegen<br />
die (zu erwartende) tatsächliche Geschäftsführung.<br />
In einem eigenständigen Feststellungsverfahren wird neu<br />
gegründeten Organisationen die Erfüllung der gemeinnützigkeitsrechtlichen<br />
Anforderungen bestätigt. In diesem<br />
Verfahren prüft das Finanzamt das Vorliegen der satzungsmäßigen<br />
Voraussetzungen, also die Verfolgung eines steuerbegünstigten<br />
Zwecks sowie die Einhaltung der zwingenden Vorgaben<br />
der steuerlichen Mustersatzung. Auf Grundlage dieses Feststellungsbescheids<br />
nach § 60a AO kann die Körperschaft bereits<br />
Spenden empfangen und Spendenbescheinigungen ausstellen.<br />
Im Streitfall vor dem FG Baden Württemberg ging es um eine<br />
islamische Religionsgemeinschaft, die nach ihrer Neugründung<br />
zunächst die vorläufige <strong>Gemeinnützigkeit</strong> vom Finanzamt bescheinigt<br />
bekam. Aufgrund des Auftritts eines umstrittenen Predigers<br />
befürchtete das Finanzamt, dass sich die tatsächliche Geschäftsführung<br />
der Organisation rechtswidrig darstellen würde.<br />
Das FG Baden Württemberg vertrat jedoch die Auffassung,<br />
dass das Feststellungsverfahren nach § 60a AO allein die Prüfung<br />
der satzungsmäßigen Anforderungen umfasse.1 Die tatsächliche<br />
Geschäftsführung (Tatsachenermittlung) der Organisationen<br />
wird in einem zweiten Schritt, dem Veranlagungsverfahren<br />
durchgeführt. 1<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
Verlängerung der Billigkeitsmaßnahmen<br />
bei vorübergehender<br />
Unterbringung<br />
Das Bundesfinanzministerium hat für die Veranlagungszeiträume<br />
2014 bis 2018 steuerliche Billigkeitsmaßnahmen<br />
bei bestimmten vorübergehenden<br />
Unterbringungsmaßnahmen gewährt (BMF-Schreiben v.<br />
20.11.2014, DStR 2014, 2462). Gegenstand der damaligen Verfügung<br />
war, dass die vorübergehende Unterbringung von Bürgerkriegsflüchtlingen<br />
und Asylbewerbern grundsätzlich als Zweckbetrieb<br />
im Sinne des § 65 AO oder § 66 AO zu behandeln ist, wenn<br />
die Entgelte für die Unterbringung aus öffentlichen Kassen gezahlt<br />
werden. Die zeitliche Befristung der Regelung ist nunmehr<br />
bis Ende 2021 verlängert worden (BMF-Schreiben v. 31.07.2018<br />
– IV C 2-S 2730/15/10001).<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
Wann erteilt das Finanzamt<br />
Auskunft über die<br />
<strong>Gemeinnützigkeit</strong><br />
Das Bundesministerium der Finanzen hat am<br />
12.01.2018 den Anwendungserlass zur Abgabenordnung<br />
(AEAO) an die Datenschutz-Grundverordnung<br />
und die datenschutzrechtlichen Neuregelungen der<br />
AO mit Wirkung ab dem 25.05.2018 angepasst. 2<br />
Der AEAO zu § 30 – Steuergeheimnis wurde geändert.<br />
Stehen Leistungen in Konkurrenz zu einer<br />
gemeinnützigen Organisation, kann der Steuerpflichtige<br />
vom Finanzamt Auskunft darüber verlangen, mit wel-<br />
1 FG Baden-Württemberg Urteil v. 05.03.2018, 10 K 3622/16 = BeckRS 2018, 14376<br />
2 BMF, Schreiben v. 12.01.2018 – IV A 3 – S 0062/18/10001 2018/0001329 = BStBl. I 2018, 175
6 / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
chem Steuersatz vergleichbare Umsätze beim Konkurrenten erfasst<br />
worden sind.<br />
Hierzu müssen folgende Voraussetzungen nach § 30 Abs. 4<br />
Nr. 1 AO erfüllt sein:<br />
• Der Steuerpflichtige legt substantiiert und glaubhaft dar,<br />
durch die unzutreffende Besteuerung des Konkurrenten konkret<br />
feststellbare und spürbare Wettbewerbsnachteile zu erleiden,<br />
• und gegen die Steuerbehörde kann mit Aussicht auf Erfolg<br />
eine Konkurrentenklage erhoben werden.<br />
Das Steuergeheimnis stehe dem nicht entgegen, wenn Leistungen<br />
einer gemeinnützigen Organisation möglicherweise unzutreffend<br />
mit dem ermäßigten Steuersatz besteuert worden<br />
sind, weil die Organisation ihre Umsätze nicht im Rahmen eines<br />
begünstigten Zweckbetriebs erbracht hat, da eine steuerschädliche<br />
Konkurrenzsituation zu Gewerbetreibenden bestanden hat.<br />
Dann können Wettbewerbsnachteile insbesondere entstehen,<br />
wenn die Kunden im Wesentlichen nicht zum Vorsteuerabzug berechtigt<br />
sind.<br />
Nach der neuen Verwaltungsauffassung sind Auskünfte über<br />
die Besteuerung Dritter zur Vorbereitung einer Konkurrentenklage<br />
grundsätzlich zulässig. In der Auskunft erfolgen allerdings nur<br />
Angaben über die Art und Weise der Besteuerung der für die Konkurrenzsituation<br />
relevanten Umsätze, nicht aber über die Höhe<br />
der Umsätze und die hierauf festgesetzte Steuer.1 Dabei ist zu beachten,<br />
dass die betroffene gemeinnützige Organisation gehört<br />
werden soll.<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
Steuerliche Behandlung<br />
von Sammlungen von<br />
Pfandflaschen<br />
GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
Abgrenzung zwischen<br />
Wertpapierhandel und<br />
Vermögensverwaltung<br />
Das FG Hessen 4 hat in einem Beschluss einer gemeinnützigen<br />
GmbH die <strong>Gemeinnützigkeit</strong> entzogen, da<br />
es die Auffassung vertrat, dass der überwiegende Teil<br />
der Geschäftsführung darauf gerichtet gewesen sei,<br />
Aktiengeschäfte durchzuführen.<br />
In dem zu entscheidenden Fall wurde eine gemeinnützige<br />
GmbH zur Förderung von Kunst und Kultur gegründet. Die<br />
gGmbH erwarb in großem Umfang Wertpapiere von ausländischen<br />
Anteilseignern durch Fremdfinanzierung. Die gGmbH<br />
vereinnahmte die Dividenden und verkaufte anschließend die<br />
Wertpapiere wieder an die bisherigen Anteilseigner zurück.<br />
Das Finanzgericht vertrat die Auffassung, dass die gemeinnützigen<br />
Zwecke gegenüber dem Wertpapierhandel einen untergeordneten<br />
Zweck einnahmen. Die gGmbH sei vielmehr durch<br />
den umfangreichen Wertpapierhandel gewerblich tätig geworden.<br />
Die Voraussetzungen der Vermögensverwaltung seien nicht<br />
mehr gegeben. Die gGmbH hat Nichtzulassungsbeschwerde<br />
beim BFH eingelegt, um die Revision zu erzwingen.<br />
Dieser (extreme) Fall verdeutlicht, dass zumindest bei einer<br />
Fremdfinanzierung der Wertpapiere eine Grenze zum gewerblichen<br />
Handel überschritten sein kann.<br />
Die OFD Frankfurt 3 hat mit einer bundesweit abgestimmten<br />
Verfügung zusammengefasst, welche<br />
Sammelverfahren es im Zusammenhang mit<br />
Pfandflaschen gibt. Die Verfügung erläutert, wann eine gemeinnützige<br />
Einrichtung die Einnahmen aus der Sammlung versteuern<br />
muss bzw. welche Zuwendungsbestätigungen auszustellen sind.<br />
3 OFD Frankfurt a. M. Schreiben vom 16.05.2018, Az. S0183A-46-St53<br />
4 Beschluss vom 17.08.2018, Az. 4V1131/17
GEMEINNÜTZIGKEIT / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 7<br />
ERTRAGSTEUER<br />
Aktualisierung des Erlasses<br />
zum Übungsleiterfreibetrag<br />
§ 3 Nr. 26 EStG<br />
Die OFD Frankfurt hat ihre umfassende Verfügung zu<br />
den Voraussetzungen des § 3 Nr. 26 EStG aktualisiert.<br />
Der Erlass gibt einen umfassenden Überblick über<br />
die Voraussetzungen der Steuerbefreiung mit zahlreichen<br />
Beispielen. In der neuesten Aktualisierung 5 sind<br />
Änderungen zu Behindertentransporten und Helfer im<br />
Hintergrunddienst des Hausnotrufdienstes formuliert<br />
worden:<br />
Bei den Behindertentransporten wurden bislang 50 %<br />
der Vergütung der Fahrer und Beifahrer steuerbefreit<br />
im Sinne von § 3 Nr. 26 EStG behandelt. Es wurde dabei<br />
unterstellt, dass in der Regel die Tätigkeit zu gleichen Teilen<br />
auf das Fahren des Behindertenfahrzeugs (keine Vergünstigung)<br />
und die Betreuung behinderter Menschen (steuerbegünstigte Tätigkeit)<br />
entfällt. In der Verfügung wird nunmehr klargestellt, dass<br />
wenn der Fahrer und der Beifahrer verbindlich die Aufgaben festgelegt<br />
haben und nur einer die Betreuungstätigkeit übernimmt,<br />
so ist diese Betreuungstätigkeit zu 100 % in den Grenzen des § 3<br />
Nr. 26 EStG steuerbefreit.<br />
Bei Helfern im Hintergrunddienst des Hausnotrufdienstes galt<br />
bislang, dass die Steuervergünstigung nach § 3 Nr. 26 EStG für die<br />
gesamte Vergütung gewährt wurde, da Bereitschaftszeiten wie<br />
aktive Tätigkeiten behandelt wurden. Nunmehr konkretisiert die<br />
Finanzverwaltung, dass die Bereitschaftszeiten nicht begünstigt<br />
sind, wenn dort ausschließlich Notrufe entgegengenommen und<br />
weitergeleitet werden. Das Entgegennehmen der Alarmanrufe<br />
und die Betreuung der Bewohner mit dem Hausnotrufdienst sind<br />
dagegen steuerbegünstigt.<br />
ERTRAGSTEUER<br />
Umqualifizierung einer<br />
Spende in eine VGA bei<br />
besonderem Näheverhältnis<br />
zwischen der Empfängerstiftung<br />
und den<br />
Gesellschaftern der<br />
spendenden Gesellschaft<br />
Kann eine Stiftung eine nahestehende Person zu den<br />
Stiftern sein? Kann sich durch eine Zuwendung einer<br />
GmbH, deren Gesellschafter die Stifter sind, an die Stiftung<br />
eine VGA ergeben? Das FG Köln bejaht dies.<br />
In dem vom FG Köln zu entscheidenden Fall spendete eine<br />
GmbH Kunstwerke an eine Stiftung. Die Gesellschafter der<br />
GmbH waren mehrheitlich die Stifter.<br />
Die GmbH machte für die Zuwendungen an die Stiftung den<br />
Betriebsausgaben- bzw. den Spendenabzug geltend. Das FG<br />
Köln qualifizierte die Zuwendung in eine verdeckte Gewinnausschüttung<br />
an die Gesellschafter um. Es versagte den Spendenabzug.<br />
Als Begründung führte das Gericht an, dass die Stiftung<br />
eine nahestehende Person im Verhältnis zu den Gesellschaftern<br />
der GmbH sei. Eine verdeckte Gewinnausschüttung an eine nahestehende<br />
Person setze nicht voraus, dass die Zuwendung einen<br />
Vorteil für die Gesellschafter selbst zur Folge habe. Die Revision<br />
gegen das Urteil des FG Köln ist anhängig. Es bleibt abzuwarten,<br />
ob der BFH bestätigen wird, ob eine Stiftung, die eine verselbstständigte<br />
Vermögensmasse darstellt, wirklich als eine nahestehende<br />
Person beurteilt werden kann.<br />
5 OFD Frankfurt Verfügung vom 09.05.2018 Az S2245A-002-St213
8 / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
ERTRAGSTEUER<br />
Bewertung von Kunstspenden<br />
– Sachzuwendungen<br />
In einer Verfügung der OFD Nordrhein-Westfalen 6 sind<br />
die Grundsätze zu der Bewertung von Kunstspenden<br />
zusammengefasst.<br />
Eine Kunstspende richtet sich grundsätzlich nach dem<br />
Händler-Einkaufspreis. Ist ein solcher nicht bekannt,<br />
kann ein Wertgutachten oder aber bekanntgewordene<br />
Verkäufe herangezogen werden. Wird das Kunstwerk unmittelbar<br />
vor der Zuwendung aus einem Betriebsvermögen entnommen,<br />
so ist der Buchwert maßgeblich, wenn der Spender von<br />
dem sog. Buchwertprivileg Gebrauch macht (§ 6 Abs. 1 Nr. 4 Satz<br />
4 EStG). Gehört das Kunstwerk zum steuerlichen Privatvermögen<br />
und ist nicht steuerverhaftet, so ist der gemeine Wert (Marktwert)<br />
zu ermitteln. Ist dagegen das Kunstwerk steuerverhaftet, können<br />
höchstens die Anschaffungs- oder Herstellungskosten angesetzt<br />
werden.<br />
UMSATZSTEUER<br />
Unterschiedliche Umsatzsteuersätze<br />
bei gemischter<br />
Leistung?<br />
Gemeinnützige Einrichtungen erbringen häufig gemischte<br />
Leistungen, die umsatzsteuerlich unterschiedlich<br />
zu würdigen sind, z. B. weil die eine Leistung umsatzsteuerpflichtig<br />
ist und die andere umsatzsteuerbefreit ist,<br />
oder weil die Leistungen unterschiedlichen Umsatzsteuersätzen<br />
unterliegen. Dies gilt dann nicht, wenn es sich<br />
um eine einheitliche Leistung handelt und die „Nebenleistung<br />
das Schicksal der Hauptleistung“ teilt.<br />
6 OFD NRW vom 17.07.2018, DB 2018, 2468<br />
Der EuGH hat in einem aktuellen Urteil entschieden,<br />
dass bei einem Rundgang durch ein Fußballstadion<br />
mit einem Stadionbesuch und einem Museumsbesuch<br />
eine einheitliche Leistung vorliege. Eine Aufteilung<br />
der Umsätze nach Stadionbesuch und Museumsbesuch sei nicht<br />
möglich, da es sich um eine Dienstleistung aus zwei Bestandteilen<br />
handele, bei dem der Stadionrundgang der Hauptbestandteil<br />
und der Museumsbesuch der Nebenbestandteil sei. Beide Leistungen<br />
ergeben in Summe eine einheitliche Leistung, die dem<br />
gleichen Steuersatz unterworfen werden müsse.<br />
Es ist in der Praxis somit wichtig zu überprüfen, ob noch eine<br />
Aufteilung der Leistung vor dem Hintergrund der neuen EuGH<br />
Rechtsprechung möglich ist oder ob es sich um eine einheitliche<br />
Leistung handelt. Dies wird man nur im Einzelfall entscheiden<br />
können. Ein Indiz für trennbare Leistungen liegt dann vor, wenn<br />
Leistungen getrennt angeboten werden und unterschiedlichen<br />
Preisen unterliegen.<br />
SONSTIGES<br />
Gesetzesinitiative zur Erhöhung<br />
des Übungsleiterund<br />
Ehrenamtsfreibetrages<br />
und zur Umsatzfreigrenze<br />
bei wGB gescheitert<br />
Vergütungen für nebenberufliche Tätigkeiten als<br />
Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher oder Betreuer sind<br />
unter bestimmten Voraussetzungen bis zu € 2.400,00<br />
jährlich steuerfrei (§ 3 Nr. 26 EStG).<br />
Dasselbe gilt für Vergütungen an Personen, die<br />
nebenberuflich eine künstlerische Tätigkeit wahrnehmen<br />
oder die nebenberuflich die Pflege alter,<br />
kranker oder behinderter Menschen übernehmen. Der Bundesrat<br />
hat im Sommer eine Gesetzesinitiative behandelt, die die Anhebung<br />
der Übungsleiterpauschale und weitere Maßnahmen zum
GEMEINNÜTZIGKEIT / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 9<br />
Gegenstand hat (BR-Drucksache 309/18 v. 27.06.2018). Der Bundesrat<br />
hatte empfohlen, die Pauschalen und die Umsatzgrenzen<br />
für wirtschaftliche Geschäftsbetriebe zu erhöhen. Der Bundestag<br />
hat diese Empfehlung nicht angenommen.<br />
SONSTIGES<br />
gGmbH erbt Einzelunternehmen:<br />
Wo wird besteuert?<br />
Die Finanzverwaltung wurde zu folgendem Sachverhalt<br />
befragt: Ein Einzelunternehmen soll unentgeltlich<br />
– im Erbwege – von einer natürlichen Person auf eine<br />
gemeinnützige GmbH übergehen. An der Kapitalgesellschaft<br />
als Erbin sind keine Familienangehörigen<br />
oder andere nahestehende Personen des Erblassers<br />
beteiligt. Für die im Einzelunternehmen nicht entnommenen<br />
Gewinne wurde bisher die Steuerermäßigung<br />
nach § 34a EStG gewährt. 7<br />
Die OFD Frankfurt am Main hat in seiner Verfügung<br />
vom 28.12.2017 dargelegt, dass im Zeitpunkt des<br />
Erbfalls bei dem Einzelunternehmen eine Nachversteuerung<br />
nach § 34a Abs. 6 Nr. 2 EStG vorzunehmen ist und<br />
der nachversteuerungspflichtige Betrag nicht nach § 34a Abs. 7<br />
EStG auf die Kapitalgesellschaft als Erbin übergeht.<br />
Grund hierfür ist, dass bei einem Wechsel im Besteuerungssystem<br />
von der Einkommensteuer zur Körperschaftsteuer der<br />
nachversteuerungspflichtige Betrag vollständig aufzulösen und<br />
eine Nachversteuerung durchzuführen ist.<br />
Zudem ist § 34a EStG eine Tarifvorschrift des EStG, die über<br />
§ 8 Abs. 1 KStG keine Berücksichtigung bei Kapitalgesellschaften<br />
findet.1 Deshalb wären die Feststellung von Besteuerungsgrundlagen<br />
für die Anwendung des § 34a EStG auf der Ebene der Kapitalgesellschaft<br />
und die Durchführung einer gesonderten Feststellung<br />
des nachver-steuerungspflichtigen Betrages sowie der<br />
Nachversteuerung auf der Ebene des Anteilseigners der Kapitalgesellschaft<br />
nicht möglich.<br />
7 OFD Frankfurt/Main v. 28.12.2017 –S 2290aA – 002 – St 2013 = DB 2018 , 417<br />
Für unentgeltliche Übertragungen eines Betriebs oder Mitunternehmeranteils<br />
nach § 6 Abs. 3 EStG an eine Körperschaft,<br />
Personenvereinigung oder Vermögensmasse im Sinne des § 1<br />
Abs. 1 KStG oder an eine Mitunternehmerschaft, soweit eine entsprechende<br />
Kapitalgesellschaft als Mitunternehmer beteiligt ist,<br />
wurde der neue Nachversteuerungstatbestand des § 34a Abs. 6<br />
Nr. 3 EStG eingeführt. Er gilt für Übertragungen, die nach dem<br />
05.07.2017 erfolgen und erfasst in analoger Anwendung auch<br />
den vorstehend dargestellten Sachverhalt.<br />
SONSTIGES<br />
Entschließung des Bundesrates<br />
„Transparenzgebot<br />
bei der Auslandsfinanzierung<br />
von gemeinnützigen<br />
Körperschaften“<br />
Bayern schlägt eine Nachweispflicht vor, wenn sich<br />
Körperschaften zu mehr als ein Drittel aus ausländischen<br />
Finanzquellen außerhalb der EU finanzieren.<br />
Der Freistaat Bayern 8 beauftragt den Bundesrat<br />
über das „Transparenzgebot bei der Auslandsfinanzierung<br />
von gemeinnützigen Körperschaften“<br />
zu beschließen. Durch eine europarechtskonform ausgestaltete<br />
Gesetzesänderung soll erreicht werden, dass Körperschaften,<br />
die sich in erheblichem Umfang aus ausländischen Geldquellen<br />
finanzieren, einer umfassenden Nachweispflicht unterliegen.<br />
Körperschaften, die aus ausländischen Finanzquellen außerhalb<br />
der EU/EWR-Raums mehr als ein Drittel ihres jährlichen Finanzbedarfs<br />
decken, sollen künftig jede unmittelbare und mittelbare<br />
Finanzquelle gegenüber dem Finanzamt offen legen und nachweisen<br />
müssen. Der Freistaat Bayern sieht hierin eine Möglichkeit,<br />
verfassungsfeindliche Motive zu entdecken und bei deren<br />
Vorliegen ggf. die an den <strong>Gemeinnützigkeit</strong>sstatus geknüpften<br />
Steuervergünstigungen zu verwehren.<br />
8 Bundesrat vom 03.08.2018, Drucksache 358/18
10 / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / GEMEINNÜTZIGKEIT<br />
SONSTIGES<br />
Unwirksamkeit einer arbeitsvertraglichen Ausschlussfrist<br />
Eine vorformulierte arbeitsvertragliche Verfallsklausel ohne jegliche Einschränkungen in einem nach dem 31. Dezember<br />
2014 geschlossener Arbeitsvertrag ist regelmäßig nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB unwirksam, da hierdurch auch<br />
jegliche Ansprüche auf den ab dem 1. Januar 2015 geltenden Mindestlohn nach § 1 MiLoG ausgeschlossen sind.<br />
Das Bundesarbeitsgericht hatte in dem vorliegenden<br />
Fall (Az.: 9 AZR 162/18; Urteil lag bei Redaktionsschluss<br />
noch nicht in Volltextveröffentlichung<br />
vor) einen Sachverhalt zu entscheiden, in dem der Kläger einen<br />
Anspruch auf Urlaubsabgeltung geltend gemacht hat. Der Kläger<br />
war bei dem Beklagten seit dem 1. September 2015 als Fußbodenleger<br />
beschäftigt. In dem Arbeitsvertrag war unter anderem<br />
geregelt, dass beiderseitige Ansprüche aus dem Arbeitsverhältnis<br />
verfallen, sofern sie nicht spätestens 3 Monate nach Fälligkeit<br />
gegenüber der anderen Vertragspartei geltend gemacht werden.<br />
Nachdem das Arbeitsverhältnis seitens des Beklagten gekündigt<br />
wurde, kam es im anschließenden Kündigungsrechtsstreit zu<br />
einem Vergleich, demzufolge das Arbeitsverhältnis mit Ablauf<br />
des 15. August 2016 endete. Der Beklagte verpflichtete sich, das<br />
Arbeitsverhältnis bis zum 15. September 2016 ordnungsgemäß<br />
abzurechnen. Die dem Kläger Anfang Oktober 2016 zugegangene<br />
Abrechnung für August 2016 wies daraufhin keine Urlaubsabgeltung<br />
aus. Hieran anknüpfend strebte der Kläger schließlich<br />
am 17. Januar 2017 ein Verfahren vor dem Arbeitsgericht mit dem<br />
Ziel der Urlaubsabgeltung an.<br />
Das Arbeitsgericht gab der Klage statt. In dem anschließenden<br />
Berufungsverfahren wurde die Klage vom Landesarbeitsgericht<br />
indes mit Hinweis auf die vertragliche Ausschlussfrist abgewiesen.<br />
Die darauf erfolgte Revision des Klägers vor dem Neunten<br />
Senat des Bundesarbeitsgerichts hatte Erfolg und führte zur Wiederherstellung<br />
des erstinstanzlichen Urteils. Das Gericht ist der<br />
Auffassung, dass eine Ausschlussklausel, die – wie die vorliegende<br />
– keine Einschränkung im Hinblick auf Ansprüche auf den gesetzlichen<br />
Mindestlohn beinhaltet, gegen das Transparenzgebot<br />
aus § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB verstoße. Sie sei aufgrund der fehlenden<br />
Einschränkung insbesondere nicht „klar und verständlich“.<br />
Gemäß § 306 BGB sei die Klausel daher im Ganzen unwirksam<br />
und es gelte die gesetzliche Ausschlussfrist. Das Gericht sprach<br />
dem Kläger daher einen Anspruch auf Abgeltung von <strong>19</strong> Urlaubstagen<br />
mit 1.686,20 EUR brutto zu.<br />
PRAXISTIPP<br />
Ausschlussfristen müssen zwingend einen Hinweis enthalten,<br />
dass Ansprüche auf den gesetzlichen Mindestlohn<br />
nicht umfasst sind. Ist dies nicht der Fall, kann der Arbeitgeber<br />
einem Arbeitnehmer die Ausschlussfrist trotz verspäteter<br />
Geltendmachung von Ansprüchen nicht wirksam<br />
entgegenhalten. Insoweit ist insbesondere im Hinblick auf<br />
Musterverträge Vorsicht geboten, die gegebenenfalls die<br />
aktuelle Rechtsprechung noch nicht berücksichtigen.
GEMEINNÜTZIGKEIT / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 11<br />
FUNDRAISING & PHILANTHROPIE<br />
Geld ohne Sinn macht unglücklich<br />
Stiftungen und Geld. Das sind zwei Seiten einer Medaille. Eine Stiftung zu gründen und kein Geld für die Stiftungsarbeit<br />
zu haben ist Unsinn. Es ist wie ein leeres Gefäß, das nur auf den ersten Blick hübsch aussieht. Und Geld ohne<br />
Sinn macht den Menschen auf Dauer auch keine Freude.<br />
Ja – Geld kann einen Sinn haben. Zumindest wenn der Geldbesitzer<br />
sich einmal die Zeit nimmt, darüber nachzudenken.<br />
Eine Erkenntnis ist bei diesen Überlegungen, das Geld zwar<br />
ein Ruhekissen ist, doch für viele Menschen ist dieses Ruhekissen<br />
mehr als ausreichend groß. Es gibt sehr viele vermögende<br />
Menschen, mehr als 1,14 Mio. Millionäre allein in Deutschland<br />
und über 48.000 Multimillionäre und Milliardäre.<br />
Für diese Menschen gibt es nicht viele Möglichkeiten, ihrem<br />
Vermögen einen Sinn zu geben. Ein großer Teil ist für die eigene<br />
wirtschaftliche Unabhängigkeit, doch es bleibt immer noch genug<br />
über, um andere Investitionen zu tätigen. Sinnvolle Investitionen<br />
für gesellschaftliche Zwecke, oder wie wir es nennen: Zu spenden<br />
oder zu stiften.<br />
Die Ultrareichen, also die Multimillionäre und Milliardäre,<br />
gründen deshalb häufig Stiftungen mit mehrstelligen<br />
Millionenvermögen. Nicht so die „normalen" Menschen mit<br />
Vermögen. Diese Menschen haben in ihrem Leben für das Geld<br />
hart gearbeitet, waren als mittelständische Unternehmer oder im<br />
Management erfolgreich. Für diese Philanthropen ist eine eigene<br />
Stiftung nicht sinnvoll. Der Aufwand und die Wirkung stehen in keinem<br />
Verhältnis. Und außerdem gibt es für die meisten Spendenzwecke<br />
bereits eine Stiftung oder einen Verein. Das ist der Grund,<br />
warum sich Stiftungen mit dem Thema Großspender und Zustifter<br />
so intensiv befassen bzw. befassen sollten. Der „normale" Zustifter<br />
ist ein Mensch wie Sie und ich – wahrscheinlich hat er aber mehr<br />
Geld auf der hohen Kante. Dieses Geld steht für eine Zustiftung zur<br />
Verfügung.<br />
Für die Stiftungen gibt es also genügend Geld für die Aufstockung<br />
des Kapitals oder für die finanzielle Unterstützung der<br />
Arbeit. Doch diese Mittel fließen nicht automatisch. Die Menschen<br />
spenden und stiften nur auf Einladung. An welche Personen und<br />
durch welche Aktionen eine solche Einladung ausgesprochen wird,<br />
übernimmt das Großspender-Fundraising. Und Großspender-Fundraising<br />
heißt: Menschen direkt anzusprechen.<br />
Nun liegt es nicht allen Stiftungsaktiven, andere Menschen auf<br />
Geld anzusprechen. Doch gerade diese Ansprache ist das wichtigste,<br />
und auch das einzige wirkungsvolle Fundraising-Instrument für<br />
Zustiftungen. Eine Erkenntnis sollte bei der eigenen Überwindung<br />
helfen: Die angesprochene Person freut sich und fühlt sich sogar<br />
geehrt, wenn sie durch einen Stiftungsvertreter angesprochen und<br />
zu einer Geldspende eingeladen wird. Diese Freude wird durch<br />
zwei Effekte ausgelöst. Menschen möchten sich gern und mit ganzem<br />
Herzen für gemeinnütziges Engagement engagieren. Denn<br />
damit wird die Gesellschaft unterstützt, es entsteht eine Gemeinschaft.<br />
Der andere Effekt liegt in der Sinnhaftigkeit. Geld hat nur<br />
einen Sinn, wenn es einen Zweck erfüllt. Diesen Zweck erfüllt es bis<br />
zu einem bestimmten Maß als Ruhekissen. Doch darüber hinaus ist<br />
es zweck- und somit sinnlos. Diesem Geld kann einem Sinn gegeben<br />
werden. Entweder durch eine großzügige Spende oder durch<br />
eine Zustif- tung. Und je höher der Betrag für eine Geberin oder Geber<br />
ist, desto größer ist auch die Sinnhaftigkeit: Denn kleiner Betrag<br />
bedeutet kleiner Sinn, großer Betrag bedeutet großen Sinn.<br />
Diese Erkenntnisse helfen in der Ansprache der Großspender*nnen<br />
und Zustifter*innen sehr. Denn es geht darum, erst einmal<br />
diesen Menschen ein gutes Gefühl zu vermitteln, ihnen mit<br />
ihrem philanthropischen Sinn zu helfen. Die Unterstützung der Stiftung<br />
selbst ist dabei zwar wichtig, steht aber erst an zweiter Stelle.<br />
Daher ist allein schon die Ansprache dieser Gebergruppe eine<br />
wichtige gesellschaftliche Arbeit. Denn nur durch eine konkrete<br />
Einladung können sich die Angesprochenen mit den zentralen Fragen<br />
nach Sinnhaftigkeit und gesellschaftlicher Teilhabe auseinandersetzen.<br />
Andreas Schiemenz<br />
Schomerus – Beratung für<br />
gesellschaftliches Engagement GmbH<br />
Tel. 040 / 37 601-3000<br />
andreas.schiemenz@schomerus.eu<br />
Erschienen in der Stiftung&Sponsoring RS 06.17
Kontakt & Anfragen<br />
Sprechen Sie uns bei Fragen oder weiterem Beratungsbedarf<br />
gern an – wir freuen uns über Ihre Nachricht.<br />
Veranstaltungshinweise<br />
Weitere Informationen und Online-Anmeldung unter<br />
schomerus-npo.de/forum<br />
FEBRUAR<br />
“Vergütung von Führungskräften in der Sozialwirtschaft”<br />
Manfred Lehmann, Schomerus & Partner mbB<br />
David Hirsch, DH Consulting<br />
20.02. Berlin<br />
21.02. Hamburg<br />
Heide Bley<br />
Rechtsanwältin, Steuerberaterin<br />
Partner<br />
heide.bley@schomerus.de<br />
Telefon Sekretariat:<br />
040 /37601-2342<br />
Schomerus & Partner mbB<br />
Steuerberater Rechtsanwälte<br />
Wirtschaftsprüfer<br />
Bülowstraße 66 · 10783 Berlin<br />
npo@schomerus.de<br />
www.schomerus-npo.de<br />
MÄRZ<br />
„Grundlagen der <strong>Gemeinnützigkeit</strong> und aktuelle<br />
Entwicklungen“<br />
Dr. Olaf von Maydell, Schomerus & Partner mbB<br />
12.03. München<br />
„Sechs Regeln für ein erfolgreiches Recruiting“<br />
Annika Behrendt, Talents4Good<br />
Udo Schnieders, Schomerus – Beratung für<br />
gesellschaftliches Engagement GmbH<br />
20.03. Berlin<br />
21.03. Hamburg<br />
MAI<br />
„Die Kunst, Kunst zu vererben“<br />
Bertold Schmidt-Thomé, Rechtsanwalt, dtb rechtsanwälte<br />
Dr. Pascal Decker, Rechtsanwalt, dtb rechtsanwälte<br />
15.05. Berlin<br />
16.05. Hamburg<br />
Schomerus ist Mitglied von HLB Deutschland mit 22 selbstständigen und<br />
unabhängigen Mitgliedsfirmen mit insgesamt über 37 Büros quer durch<br />
Deutschland. 235 Partner und 1.872 Berufsträger und Mitarbeiter kümmern<br />
sich um die Belange der meist mittelständischen Mandanten.<br />
„Global Care” gewährleisten wir durch unsere Mitgliedschaft bei HLBI, dem<br />
internationalen Netzwerk unabhängiger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften<br />
mit 500 Büros in mehr als 130 Ländern und damit<br />
Präsenz in allen bedeutenden Wirtschaftszentren rund um den Globus.<br />
Schomerus & Partner ist Mitglied von HLB International. Ein weltweites Netzwerk<br />
unabhängiger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften.<br />
Schomerus ist Gründungsmitglied von HLB Deutschland.<br />
<strong>19</strong>24 gegründet, hat Schomerus schon früh die Verbindung mit anderen<br />
Wirtschaftsprüfungs gesellschaften gesucht und die gemeinsame Kraft genutzt,<br />
um zu wachsen und sich zu einem der führenden Anbieter von Prüfungs-,<br />
Rechtsberatungs- und Steuerberatungs dienstleistungen im norddeutschen<br />
Raum zu entwickeln.<br />
Heute umfasst Schomerus fünf Gesellschaften, die bundesweit auf den Feldern<br />
Steuerberatung, Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung und Strategieberatung<br />
tätig sind.<br />
Schomerus & Partner mbB<br />
Steuerberater · Rechtsanwälte · Wirtschaftsprüfer<br />
Deichstraße 1 · 20459 Hamburg<br />
Alle Informationen und Angaben in diesem Rundschreiben haben wir nach bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Die Informationen<br />
in diesem Rundschreiben sind als alleinige Handlungsgrundlage nicht geeignet und können eine konkrete Beratung im Einzelfall nicht ersetzen. Wir bitten Sie, sich<br />
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für eine verbindliche Beratung bei Bedarf direkt mit uns in Verbindung zu setzen. Durch das Abonnement dieses Rundschreibens entsteht kein Mandatsverhältnis.<br />
Herausgegeben von: Schomerus Service GmbH, Deichstraße 1, 20459 Hamburg. V.i.S.d.P.: Thomas Krüger, Redaktionsschluss: 10. 12. 2018