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Wirtschaft, Gesellschaft und Handel 1/19

Newsletter zum Wirtschafts-, Gesellschafts- und Handelsrecht

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1/20<strong>19</strong><br />

<strong>Wirtschaft</strong>, <strong>Gesellschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Handel</strong><br />

Newsletter zum <strong>Wirtschaft</strong>s-, <strong>Gesellschaft</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Handel</strong>srecht<br />

Lorem ipsum<br />

/ Das neue Transparenzregister<br />

<strong>Wirtschaft</strong>srecht<br />

<strong>Wirtschaft</strong>srecht<br />

/ Reduzierung von Bußgeldern durch<br />

2 / Regierungsentwurf zum Geschäftsgeheimnisgesetz<br />

3 Compliance-Management-Systeme<br />

/ Basiszinssatz zum 01.01.20<strong>19</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong>srecht<br />

Aktuelle Urteile<br />

/ Bilanzierung von PayPal- <strong>und</strong> Bitcoin-Guthaben<br />

3 / Geschäftsführer: Erkennbares <strong>Handel</strong>n im fremden Namen<br />

3 / Unzulässige Verwendung des Begriffs „Partners“ bei einer GmbH<br />

<strong>Handel</strong>srecht<br />

4 / Mängelgewährleistung beim Kauf von Anteilen einer GmbH<br />

/ 4 / Anpassung Außenhaftung des Kommanditisten des Rentenalters<br />

in der Insolvenz der <strong>Gesellschaft</strong><br />

5 / Anspruch auf Ausfallhaftung trotz <strong>Gesellschaft</strong>erstellung erst nach Fälligkeit der Einlageforderung<br />

in<br />

6 / Auslegung<br />

Pensionszusage<br />

einer Stiftungssatzung


Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wir dürfen Ihnen unser neues Newsletter-Format präsentieren, dass wir (neben Blog-Beiträgen)<br />

künftig verwenden werden. Durch die neue Optik sollen die einzelnen Beiträge<br />

noch übersichtlicher werden.<br />

<strong>Wirtschaft</strong>, <strong>Gesellschaft</strong> <strong>und</strong> <strong>Handel</strong> informiert Sie vierteljährlich über neue Entwicklungen<br />

im <strong>Wirtschaft</strong>srecht, hier insbesondere im <strong>Gesellschaft</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Handel</strong>srecht.<br />

Eine interessante Lektüre wünschen Ihnen<br />

Dr. Dirk Schwenn<br />

Rechtsanwalt · Partner<br />

Fachanwalt für <strong>Handel</strong>s- <strong>und</strong><br />

<strong>Gesellschaft</strong>srecht<br />

Dr. Gunnar Matschernus<br />

Rechtsanwalt<br />

Partner<br />

dirk.schwenn@schomerus.de<br />

Tel. Sekretariat:<br />

040 / 37 601 22 75<br />

gunnar.matschernus@schomerus.de<br />

Tel. Sekretariat:<br />

040 / 37 601 22 65<br />

WIRTSCHAFTSRECHT<br />

Regierungsentwurf zum Geschäftsgeheimnisgesetz<br />

Die B<strong>und</strong>esregierung hat am 18.07.2018 einen Gesetzentwurf zum Schutz von Geschäftsgeheimnissen<br />

(GeschGehG) beschlossen. Damit setzt die Regierung die europäische Richtlinie vom 08.06.2018<br />

(EU 2016/943) um, die zur Etablierung eines europaweit einheitlichen Mindestschutzes von Geschäftsgeheimnissen<br />

beitragen soll.<br />

Inhaltlich sieht das Gesetz Ansprüche auf Beseitigung,<br />

Unterlassung <strong>und</strong> Auskunft vor. Auch können die Betroffenen<br />

die Herausgabe, den Rückruf, die Vernichtung<br />

sowie Entfernung <strong>und</strong> die Rücknahme vom Markt von<br />

Dokumenten, elektronischen Daten u.Ä. verlangen. Im Unterschied<br />

zu den bisherigen Regelungen ist hierbei erforderlich,<br />

dass die jeweilige Information Gegenstand von angemessenen<br />

Geheimhaltungsmaßnahmen sein muss. Welche Geheimhaltungsmaßnahmen<br />

jeweils angemessen sind, hängt von den<br />

Umständen des Einzelfalls ab. Das Gesetz hat auch Folgen für<br />

die Geschäftsführer. Diese müssen den Geheimnisschutz zwar<br />

nicht zwangsläufig persönlich herstellen. Allerdings sind sie<br />

nunmehr verpflichtet, Strukturen im Unternehmen zu schaffen,<br />

die die Anwendung des GeschGehG sicherstellen. Dabei gilt:<br />

Je mehr ein Unternehmen auf die Geheimhaltung angewiesen<br />

ist, desto stärker steht der Geschäftsführer in der Pflicht,<br />

ein entsprechendes System zum Umgang mit Geschäftsgeheimnissen<br />

zu etablieren. Dies sollte zu Nachweiszwecken auch dokumentiert<br />

werden. Das Gesetz soll Anfang 20<strong>19</strong> in Kraft treten.


WIRTSCHAFT, GESELLSCHAFT UND HANDEL / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 3<br />

Basiszinssatz zum 01.01.20<strong>19</strong><br />

Die Deutsche B<strong>und</strong>esbank berechnet nach den<br />

gesetzlichen Vorgaben des § 247 Abs.1 BGB den<br />

Basiszinssatz zum 1. Januar <strong>und</strong> 1. Juli eines jeden<br />

Jahres neu.<br />

Der Basiszinssatz ist abhängig von dem Leitzins der<br />

Europäischen Zentralbank. Dieser Leitzins wurde<br />

zum 01. Januar 20<strong>19</strong> auf -0,88 % festgelegt <strong>und</strong><br />

bleibt damit zum 14. Mal in Folge negativ. Zuletzt positiv war der<br />

Leitzins zum 01. Juli 2012 mit 0,12 %.<br />

Der Basiszinssatz dient vor allem als Gr<strong>und</strong>lage zur Berechnung<br />

von Verzugszinsen. Gemäß § 288 BGB betragen diese 9 Prozentpunkte<br />

über dem Basiszinssatz, sofern es sich nicht um einen<br />

Verbraucher handelt. Bei diesen beträgt der Verzugszins 5 Prozentpunkte<br />

über dem Basiszinssatz.<br />

AKTUELLE URTEILE<br />

Geschäftsführer: Erkennbares<br />

<strong>Handel</strong>n im fremden<br />

Namen<br />

Mit Urteil vom 25.09.2018 (Az. 9 U 117/16) hat das<br />

OLG Karlsruhe entschieden, dass ein Geschäftsführer<br />

einer GmbH, der eine Quittung für ein Darlehen<br />

mit seinem Namen aber ohne Vertretungszusatz<br />

unterzeichnet, dennoch im fremden Namen<br />

handeln kann, wenn der Vertragspartner wusste,<br />

dass das Darlehen ausschließlich für betriebliche<br />

Zwecke der GmbH bestimmt war.<br />

In dem zugr<strong>und</strong>eliegenden Rechtsstreit beauftragte der<br />

Kläger ein Generalunternehmen mit dem Neubau eines<br />

Mehrfamilienhauses. Der Beklagte war <strong>Gesellschaft</strong>er <strong>und</strong><br />

Geschäftsführer dieses Unternehmens. Während des Baus drohte<br />

ein Subunternehmen mit Einstellung der Arbeiten, wenn das<br />

Generalunternehmen nicht kurzfristig ausstehende Zahlungen<br />

leisten würde. Der Beklagte wandte sich daher mit der Bitte einer<br />

Finanzierungshilfe an den Kläger. Dieser übergab dem Beklagten<br />

10.000,00 EUR in bar. Der Kläger hatte dieses Geld von seinem<br />

Privatkonto abgehoben. Er wusste, dass das Generalunternehmen<br />

mit diesem Geld die Verpflichtungen gegenüber dem Subunternehmen<br />

erfüllen wollte. Der Beklagte quittierte die Entgegennahme<br />

des Geldes auf einem Formular mit dem Briefkopf<br />

des Wohnungsbauunternehmens des Klägers wie folgt: „Schuldschein“<br />

„Barauszahlung an (Name des Beklagten) 10.0000,00<br />

EUR“. Der Beklagte unterzeichnete diese Bestätigung ohne einen<br />

Vertretungszusatz. Eine Rückzahlung sollte ebenfalls in bar erfolgen.<br />

Die Parteien waren schon mehrfach so verfahren. Aufgr<strong>und</strong><br />

unterschiedlichen Auffassungen hinsichtlich einiger Mängel verlangte<br />

der Kläger eine Rückzahlung des Darlehens. Der Beklagte<br />

verweigerte dies. Das Landgericht wies eine entsprechende Klage<br />

ab, da der Beklagte nicht Vertragspartner sei.<br />

Das OLG bestätigte diese Entscheidung. Der Beklagte habe<br />

bei der Darlehensabsprache als Vertreter des Generalunternehmens<br />

gehandelt, das letztlich Vertragspartner des Klägers geworden<br />

sei. Aus der ohne Vertretungszusatz geleisteten Unterschrift<br />

ergebe sich nicht, dass der Beklagte beim Abschluss des<br />

Darlehensvertrages im eigenen Namen auftreten wolle. Vielmehr<br />

sei aus den Umständen zu schließen, dass er im fremden Namen<br />

handeln wolle. Entscheidend sei, dass das Darlehen allein dem<br />

Betrieb des vom Beklagten geführten Unternehmen dienen sollte<br />

<strong>und</strong> dies auch dem Kläger bekannt gewesen sei. Nach den übereinstimmenden<br />

Vorstellungen der Parteien benötigte der Beklagte<br />

den Betrag nicht für private Zwecke. Eine Betriebsbezogenheit<br />

des Darlehens könne nur dann angenommen werden, wenn von<br />

den Parteien eine persönliche Haftung des Beklagten gewollt gewesen<br />

wäre. Es sei aber insoweit nicht ersichtlich, dass der Kläger<br />

einen Wert auf eine Sicherheit durch den Beklagten gelegt habe.<br />

PRAXISTIPP<br />

Die Entscheidung zeigt zum einen, dass Darlehensverträge<br />

insbesondere aus Sicht des Darlehensgebers schriftlich geschlossen<br />

werden sollten, da diesem im Streitfall der Beweis<br />

des Vertragsschlusses obliegt. Zum anderen sollten Geschäftsführer<br />

stets deutlich machen, dass Sie im fremden Namen<br />

handeln, um derartige Streitfälle von vornherein zu vermeiden.<br />

Gläubigern ist zu raten, Darlehensbeträge nie ohne Sicherheiten<br />

(z.B. Bürgschaft) auszuzahlen.<br />

Unzulässige Verwendung<br />

des Begriffs „Partners“ bei<br />

einer GmbH<br />

Im Urteil vom 17.09.2018 (Az. 22 W 57/18) hat<br />

das KG Berlin klargestellt, dass die Bezeichnung<br />

„Partners“ im Namen einer GmbH nicht verwendet<br />

werden darf.<br />

In dem der Entscheidung zugr<strong>und</strong>eliegenden Fall hatte die<br />

Verfahrensbevollmächtigte einer GmbH die Änderung des<br />

Namens (Firma) in das <strong>Handel</strong>sregister angemeldet. Die<br />

geänderte Firma sollte danach lauten: „P (…) Capital Partners (…)<br />

GmbH“. Das Registergericht wies die Anmeldung zurück, da die Firma<br />

wegen des Bestandteils „Partners“ nicht eintragungsfähig sei.


WIRTSCHAFT, GESELLSCHAFT UND HANDEL / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 4<br />

Das KG schloss sich dem Registergericht an. Der Zusatz „Partner“<br />

oder „Partnerschaft“ sei nach § 11 Abs.1 Satz 1 PartGG ausschließlich<br />

den Partnerschaftsgesellschaften vorbehalten. Nach<br />

§ 2 Abs.1 PartGG seien solche <strong>Gesellschaft</strong>en verpflichtet, diese<br />

Namenzusätze zu verwenden. Anderen <strong>Gesellschaft</strong>sformen<br />

sei die Verwendung nach dem gesetzgeberischen Willen verwehrt.<br />

Dies gelte auch dann, wenn keine Verwechslungsgefahr<br />

gegeben ist. Dadurch solle vor allem die Etablierung der <strong>Gesellschaft</strong>sform<br />

der Partnerschaftsgesellschaft gesichert werden.<br />

PRAXISTIPP<br />

Das Verbot erstreckt sich auch auf andere Schreibweisen<br />

wie „& Partner“, „+Partner“, „Partners“ oder „Partnerin“.<br />

Das Verbot erstreckt sich zudem nicht nur auf die GmbH,<br />

sondern auch auf alle anderen Personen- <strong>und</strong> Kapitalgesellschaften.<br />

Als Alternative können Begriffe bzw. Formulierungen wie<br />

„& Co.“ oder „& Kollegen“ verwendet werden.<br />

Mängelgewährleistung<br />

beim Kauf von Anteilen<br />

einer GmbH<br />

Der zentrale Gegenstand des Urteils des BGH<br />

vom 26.09.2018 (Az. VIII ZR 187/17) war die Gewährleistung<br />

im Rahmen von Unternehmenskaufverträgen.<br />

Die Klägerin <strong>und</strong> die Beklagte des zugr<strong>und</strong>eliegenden<br />

Verfahrens waren an einer Joint Venture<br />

GmbH zu je 50 % beteiligt. Im Jahr 2011 veräußerte<br />

die Beklagte ihren Anteil zu einem Kaufpreis von 4,1 Millionen<br />

EUR an die Klägerin. Wie in solchen Verträgen üblich, wurde<br />

das gesetzliche Gewährleistungsrecht soweit wie möglich ausgeschlossen.<br />

Um den Haftungsinteressen der Beteiligten zu<br />

genügen, wurde stattdessen ein selbständiges, verschuldenunabhängiges<br />

Garantieversprechen formuliert. Die Ermittlung des<br />

Kaufpreises stützten die Parteien auf ein Bewertungsgutachten.<br />

Das Gutachten beruhte seinerseits maßgeblich auf den Jahresabschlüssen<br />

der <strong>Gesellschaft</strong>. Die Klägerin behauptet, dass diese<br />

Abschlüsse grob fehlerhaft gewesen seien. Die <strong>Gesellschaft</strong> sei<br />

überschuldet <strong>und</strong> insolvenzreif gewesen, sodass ein Kaufpreis<br />

von „allenfalls Null“ angemessen gewesen sei. Mit der Klage verlangt<br />

die Klägerin die Rückerstattung des vollen Kaufpreises.<br />

Das LG <strong>und</strong> OLG wiesen die Klage jeweils ab. Die Revision<br />

zum BGH hatte hingegen Erfolg, da ein Anspruch auf Vertragsanpassung<br />

wegen der Störung der Geschäftsgr<strong>und</strong>lage in Betracht<br />

komme. Anders als die Vorinstanzen ging der BGH nämlich<br />

davon aus, dass dieser Anspruch nicht durch vorrangige<br />

Gewährleistungsvorschriften verdrängt werde. Bei einem sog.<br />

Rechtskauf könne gr<strong>und</strong>sätzlich nur für den Bestand des Rechts<br />

(„Verität“) gewährleistet werden, nicht aber für dessen wirtschaftliche<br />

Verwertbarkeit („Bonität“) oder gar die Güte des Unternehmens.<br />

Eine Bonitätshaftung komme vielmehr nur dann<br />

ausnahmsweise in Betracht, wenn sie vertraglich besonders<br />

vereinbart ist. Da die verkauften <strong>Gesellschaft</strong>srechte ohne rechtliche<br />

Einschränkung Teilhabe-, Abstimmungs- <strong>und</strong> sonstige<br />

Gestaltungsrechte besitzen <strong>und</strong> diese uneingeschränkt wahrgenommen<br />

werden können, stelle auch die Überschuldung <strong>und</strong><br />

Insolvenzreife der <strong>Gesellschaft</strong> selbst keinen Rechtsmangel der<br />

<strong>Gesellschaft</strong>santeile dar, da die mit den Anteilen verb<strong>und</strong>enen<br />

Rechte trotz der eingetretenen wirtschaftlichen Lage der <strong>Gesellschaft</strong><br />

selbst, rechtlich uneingeschränkt ausgeübt werden können.<br />

Den rechtlichen Bestand der Anteile verletzte eine Überschuldung<br />

der <strong>Gesellschaft</strong> nicht.<br />

Da kein Mängelrecht einschlägig sei, sei der Anwendungsbereich<br />

der Störung der Geschäftsgr<strong>und</strong>lage gr<strong>und</strong>sätzlich eröffnet.<br />

Dazu seien jedoch weitergehende Feststellungen erforderlich.<br />

Insbesondere müsse die Vorinstanz feststellen, ob <strong>und</strong><br />

in welchem Umfang sich die wesentlichen Vorstellungen der<br />

Parteien über den streitgegenständlichen Vertrag tatsächlich als<br />

falsch herausgestellt haben.<br />

PRAXISTIPP<br />

Dieses Urteil hat für die Praxis Bedeutung, wenn sich ein Risiko<br />

verwirklicht, das nicht zum Gegenstand der vertraglichen<br />

Regelungen gemacht wird. Im vorliegenden Fall enthielt der<br />

Kaufvertrag keinerlei Aussagen zur wirtschaftlichen Lage <strong>und</strong><br />

zum Insolvenzrisiko („Bilanzgarantie“). Daher ist bei Unternehmenskaufverträgen<br />

darauf zu achten, dass alle maßgeblichen<br />

Risiken abgedeckt sind. Zudem empfiehlt sich die<br />

Durchführung einer Due Diligence.<br />

Außenhaftung des Kommanditisten<br />

in der Insolvenz<br />

der <strong>Gesellschaft</strong><br />

Das OLG Koblenz hat mit Urteil vom 27.09.2018<br />

(Az. 6 U 1<strong>19</strong>7/17) entschieden, dass die Außenhaftung<br />

des Kommanditisten vom Insolvenzverwalter<br />

nur dann geltend gemacht werden kann,<br />

wenn die Masse nicht ausreicht, um die <strong>Gesellschaft</strong>sgläubiger<br />

zu befriedigen.<br />

Im zugr<strong>und</strong>eliegenden Fall war der Kläger Insolvenzverwalter<br />

einer Schifffahrtsgesellschaft mbH & Co. KG. Das<br />

Insolvenzverfahren wurde am 06.09.2013 eröffnet. Der<br />

Beklagte ist als Kommanditist dieser <strong>Gesellschaft</strong> mit einem<br />

Kommanditanteil von 50.000,00 EUR im <strong>Handel</strong>sregister eingetragen.<br />

Er erhielt in den Jahren 2002 bis 2007 insgesamt<br />

21.000,00 EUR an Ausschüttungen. Im Zuge einer Sanierung im


WIRTSCHAFT, GESELLSCHAFT UND HANDEL / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 5<br />

Jahre 2010 hat der Beklagte 5.000,00 EUR an die <strong>Gesellschaft</strong> geleistet.<br />

In den Jahren 2002 bis 2012 ist es zu nicht durch Vermögenseinlagen<br />

gedeckten Verlustanteilen der Kommanditisten<br />

gekommen. Im Insolvenzverfahren haben insgesamt 25 Gläubiger<br />

Insolvenzforderungen zur Tabelle angemeldet. Von diesen<br />

Forderungen ist ein Teil zur Tabelle festgestellt. Der Kläger verlangt<br />

u.a. die Rückzahlung der Ausschüttungen.<br />

Das OLG hielt die Klage für unbegründet. Der Kläger habe<br />

nicht schlüssig dargelegt <strong>und</strong> unter Beweis gestellt, dass die Insolvenzmasse<br />

nicht ausgereicht hätte, um die berechtigterweise<br />

zur Insolvenztabelle angemeldeten Forderungen zu befriedigen.<br />

Der Beklagte habe den Bestand der lediglich angemeldeten<br />

Forderungen bestritten, während der Kläger nicht ausreichend<br />

dargelegt habe, dass die angemeldeten Forderungen tatsächlich<br />

bestehen. Für die Erforderlichkeit der Inanspruchnahme<br />

des Beklagten sei daher auf die Höhe der zur Insolvenztabelle<br />

festgestellten Forderungen abzustellen. Es hätte hierbei aus der<br />

Sicht des Klägers ausgereicht, wenn er die Insolvenztabelle mit<br />

den festgestellten Forderungen vorlegt, die nicht aus der Insolvenztabelle<br />

befriedigt werden können. Hier seien jedoch nur ein<br />

Teil der Forderungen zur Tabelle festgestellt worden. Die Summe<br />

dieser Forderungen unterschreiten die verwalteten Beträge bei<br />

weitem, so dass die Insolvenzmasse zur Befriedigung der festgestellten<br />

Forderungen ausreiche. Eine Inanspruchnahme des<br />

Beklagten sei zu keine Zeitpunkt erforderlich.<br />

PRAXISTIPP<br />

Auch wenn ein Anspruch gegen einen Kommanditisten hier<br />

letztlich nicht bestanden hat, zeigt das Urteil dennoch das<br />

Haftungsrisiko des Kommanditisten bei Insolvenz der <strong>Gesellschaft</strong><br />

auf. Wird der Kommanditist aus dieser Haftung in<br />

Anspruch genommen, nachdem die Gläubigerforderungen<br />

gegen die Insolvenzschuldnerin vom Insolvenzverwalter<br />

festgestellt worden sind, sind diese Forderungen auch gegen<br />

ihn als rechtskräftig anzusehen. Er kann dann allenfalls noch<br />

Einwendungen vorbringen, die der KG zustehen oder die er<br />

persönlich gegen alle <strong>Gesellschaft</strong>sgläubiger hat (z.B. Rückzahlung<br />

der Einlage, Zahlung an <strong>Gesellschaft</strong>sgläubiger auf<br />

die Haftung oder substantiierte Darlegung der Nichterforderlichkeit<br />

der Leistung der Hafteinlage zur Befriedigung der<br />

<strong>Gesellschaft</strong>sgläubiger).<br />

Anspruch auf Ausfallhaftung trotz <strong>Gesellschaft</strong>erstellung<br />

erst nach Fälligkeit der Einlageforderung<br />

Auch im Urteil des BGH vom 18.09.2018 (Az. II ZR 312/16) war der Kläger ein Insolvenzverwalter. Hier ging es<br />

jedoch um die Insolvenz einer GmbH <strong>und</strong> im Kern um die Folgen fehlender Kapitalaufbringung.<br />

Ein Alleingesellschafter hatte 2004 die GmbH errichtet<br />

<strong>und</strong> die Stammeinlage zunächst vollständig<br />

geleistet. Bis zur Eintragung der <strong>Gesellschaft</strong> in das<br />

<strong>Handel</strong>sregister wurde die Einlage jedoch größtenteils wieder<br />

zurückgezahlt. Zum Zeitpunkt der Eintragung bestand zudem<br />

eine Unterbilanz. Im Laufe der Zeit teilte der Alleingesellschafter<br />

den Geschäftsanteil in drei Anteile auf <strong>und</strong> übertrug je einen auf<br />

die beiden Beklagten. 2006 wurde das Insolvenzverfahren über<br />

das Vermögen der <strong>Gesellschaft</strong> eröffnet. Der Kläger begehrte<br />

sodann von allen <strong>Gesellschaft</strong>ern die zeitanteilige Leistung der<br />

Einlage <strong>und</strong> Erstattung der Unterbilanz. Da der ursprüngliche Alleingesellschafter<br />

seinen Anteil nicht leistete, leitete der Kläger<br />

gegen diesen einen Zwangsausschluss (sog. Kaduzierungsverfahren).<br />

Ferner erhob er Klage gegen die übrigen <strong>Gesellschaft</strong>er<br />

auf anteilige Ausfallhaftung.<br />

Die Klage wurde zunächst abgewiesen. Der BGH hob dieses<br />

Urteil wieder auf, da nach Ansicht des Gerichts die Beklagten als<br />

übrige <strong>Gesellschaft</strong>er für die Aufbringung von Fehlbeträgen des<br />

Stammkapitals haften. Die Beklagten haben die Geschäftsanteile<br />

zwar erst nach Fälligkeit der Forderungen erworben. Der hier<br />

wesentliche § 24 GmbHG unterscheide jedoch nicht nach dem<br />

Zeitpunkt des Erwerbs der <strong>Gesellschaft</strong>erstellung. Die Haftung<br />

treffe vielmehr alle <strong>Gesellschaft</strong>er, die ab Fälligkeit der Forderung<br />

Mitglied der <strong>Gesellschaft</strong> sind. Die Haftung erstrecke sich<br />

auf die Erbringung des rückständigen Betrages. Zu den Pflichten<br />

der eintretenden <strong>Gesellschaft</strong>er gehöre nämlich auch die aufschiebend<br />

bedingt entstandene Haftung der Rechtsvorgänger.<br />

PRAXISTIPP<br />

Vor einem Erwerb von Geschäftsanteilen sollte unbedingt geprüft werden,<br />

inwieweit die Altgesellschafter ihren Verpflichtungen zur Kapitalaufbringung<br />

<strong>und</strong> -erhaltung nachgekommen sind. Ansonsten droht<br />

die haftungsrechtliche Inanspruchnahme wie im vorliegenden Fall.


WIRTSCHAFT, GESELLSCHAFT UND HANDEL / Nr. 1 – 20<strong>19</strong> / 6<br />

Auslegung einer Stiftungssatzung<br />

Das OLG Köln hat in seinem Urteil vom 02.03.2018 (Az. 1-1 U 50/17) klargestellt, dass bei der Auslegung<br />

einer Stiftungssatzung der im Stiftungsgeschäft zum Ausdruck gebrachte Stifterwillen maßgebliche Bedeutung<br />

zukommt.<br />

Im vorliegenden Sachverhalt hatte das Gericht über eine<br />

Feststellungsklage zweier ehemaliger Stiftungsvorstandsmitglieder<br />

einer <strong>19</strong>95 gegründete Stiftung zu entscheiden.<br />

Der Stifter ernannte noch zu seinen Lebzeiten beide Kläger für<br />

eine Amtszeit von 5 Jahren (2011 – 2016) als Mitglieder des Vorstandes.<br />

Dieser Zeitraum stellt gleichzeitig die satzungsmäßige<br />

Höchstdauer dar. Einen Monat nachdem der Stifter seine Tätigkeit<br />

im Vorstand aus ges<strong>und</strong>heitlichen Gründen niederlegte,<br />

bestimmte er im Jahr 2012 im Rahmen seines Testaments, dass<br />

die Kläger auch für weitere 5 Jahre (2016 – 2021) dem Vorstand<br />

angehören sollen. Nach dem Tod des Stifters war jedoch das Kuratorium<br />

für die Bestellung <strong>und</strong> Abberufung der Vorstandsmitglieder<br />

zuständig. Dieses wählte die Kläger hingegen nicht für<br />

eine weitere Amtsperiode. Die Stiftungssatzung enthält u.a. die<br />

folgenden Regelungen:<br />

„Der Stifter ist geborenes Mitglied des Vorstands. Solange der<br />

Stifter dem Vorstand angehört, bestellt er die übrigen Vorstandsmitglieder<br />

(…). Nach seinem Tod geht diese Befugnis auf das Kuratorium<br />

über.“<br />

„Die Stiftung erhält ein Kuratorium, sofern der Stifter dies bestimmt<br />

oder durch letztwillige Verfügung seitens des Stifters. (…)<br />

Das erste Mitglied ist der Stifter, falls er nicht dem Vorstand angehört.<br />

Die übrigen Kuratoriumsmitglieder werden vom Stifter<br />

benannt. (…) Zu Lebzeiten des Stifters werden die Mitglieder des<br />

Kuratoriums von diesem bestellt <strong>und</strong> abberufen.“<br />

Im Rahmen von Streitigkeiten über die Höhe der Vergütung<br />

der Vorstandsmitglieder, stellte sich auch die Frage, ob diese ordnungsgemäß<br />

berufen worden sind. Das Gericht hatte sich daher<br />

u.a. mit der Frage zu befassen, ob der Stifter nach Niederlegung<br />

noch Vorstandsmitglieder bestellen durfte. Das Gericht verneinte<br />

dies. Die Satzung sei eindeutig. Nur solange der Stifter dem Vorstand<br />

angehört, bestelle er die übrigen Vorstandsmitglieder.<br />

Zwar fehle eine Regelung in der Stiftungssatzung, die den Fall<br />

eines Ausscheidens des Stifters zu Lebzeiten behandelt. Das Gericht<br />

sah darin aber keine ausfüllungsbedürftige Regelungslücke.<br />

Vielmehr habe der Stifter ein Kuratorium einrichten müssen, welches<br />

dann für die Bestellung der Vorstandsmitglieder zuständig<br />

gewesen sei. Da die Satzung dem Stifter einen Sitz im Kuratorium<br />

auf Lebenszeit vorhielt, habe der Stifter zudem bei Errichtung<br />

der Stiftung ein Ausscheiden aus dem Vorstand zu Lebzeiten<br />

vor Augen gehabt. Dieser Stifterwille, der sich aus dem von der<br />

Stiftungsaufsicht genehmigten Stiftungstext ergebe, müsse beachtet<br />

werden. Darüber hinaus sei die Bestellung für eine weitere<br />

Amtszeit kurz nach dem Beginn der aktuellen Amtszeit als<br />

satzungswidrige Umgehung der in der Satzung festgelegten<br />

Höchstdauer der Amtszeit aufzufassen.<br />

PRAXISTIPP<br />

Änderungen der Stiftungssatzung sind zulässig, wenn sie zur<br />

Aufrechterhaltung des Stiftungsbetriebs notwendig sind. Dabei<br />

müssen sie den Stiftungszweck erhalten <strong>und</strong> den Willen des<br />

Stifters oder der Stifterin beachten. Im Falle alter Stiftungen<br />

sind die Stiftungsorgane dann nicht mehr an das historische<br />

Verständnis des Satzungstextes geb<strong>und</strong>en. Vielmehr ist der<br />

Text nach heutiger Sicht auszulegen. Ist eine Veränderung<br />

der gesellschaftlichen Verhältnisse so erheblich, dass eine Erfüllung<br />

des Satzungszwecks nachhaltig nicht möglich ist, so ist<br />

eine Änderung der Satzung geboten. Dies bedarf der Genehmigung<br />

durch die zuständige Stiftungsaufsicht.<br />

Schomerus & Partner mbB<br />

Steuerberater · Rechtsanwälte · <strong>Wirtschaft</strong>sprüfer<br />

Deichstraße 1 · 20459 Hamburg<br />

www.schomerus.de<br />

Alle Informationen <strong>und</strong> Angaben in diesem Vorstandsbrief haben wir nach<br />

bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Die Informationen<br />

in diesem Vorstandsbrief sind als alleinige Handlungsgr<strong>und</strong>lage<br />

nicht geeignet <strong>und</strong> können eine konkrete Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.<br />

Wir bitten Sie, sich für eine verbindliche Beratung bei Bedarf direkt mit uns in<br />

Verbindung zu setzen. Durch das Abonnement dieses Vorstandsbriefes entsteht<br />

kein Mandatsverhältnis. Redaktionsschluss: 31. 1. 20<strong>19</strong>

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