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Umsatzsteuer 2/18

Newsletter zur Umsatzsteuer und anderen Verkehrsteuern

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2/<br />

20<strong>18</strong><br />

<strong>Umsatzsteuer</strong><br />

Newsletter zur <strong>Umsatzsteuer</strong> und anderen Verkehrsteuern<br />

/ Haftung des Onlineplattformbetreibers<br />

/ Briefkastenadresse bzw. Domiziladresse auf Rechnungen<br />

/ Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft für<br />

Beteiligungserwerb bei steuerpflichtig erbrachten<br />

Vermietungsleistungen an Tochtergesellschaften


B / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />

Liebe Leserin, lieber Leser,<br />

wir dürfen Ihnen unser neues Newsletter-Format präsentieren, das wir (neben Blog-Beiträgen)<br />

künftig verwenden werden. Durch die neue Optik sollten einzelne Beiträge übersichtlicher<br />

auffindbar sein.<br />

In den letzten Monaten hat nicht nur der Gesetzgeber seine Lethargie beendet. Folglich enthält unsere<br />

umsatzsteuerliche Information Themen und Hinweise, die gesetzgeberisch umgesetzt worden<br />

sind (z.B. Haftung von Onlineplattformbetreibern), die aus der Feder der Finanzverwaltung stammen<br />

(z.B. Abschaffung des „Pommes“-Erlasses) und aus der aktuellen Rechtsprechung der Finanzgerichte<br />

hervorgehen (z.B. zu innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften).<br />

Viel Vergnügen bei der Lektüre! Sprechen Sie mich bitte gern bei Fragen an.<br />

Abschließend wünsche ich Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr!<br />

Dr. Mario Wagner<br />

Steuerberater · Partner<br />

Inhalt<br />

3 / Haftung des Onlineplattformbetreibers<br />

4 / Verwendung von UStIdNr. im innergemeinschaftlichen<br />

Dreiecksgeschäft und<br />

Berichtigung einer Zusammenfassenden<br />

Meldung<br />

5 / Mehrwertsteuermaßnahmenpaket beschlossen<br />

5 / Briefkastenadresse bzw. Domiziladresse auf<br />

Rechnungen<br />

6 / Bundesfinanzministerium schafft<br />

Pommes-Erlass ab<br />

8 / Kein Vorsteuerabzug für betrieblichen<br />

Luxussportwagen<br />

9 / <strong>Umsatzsteuer</strong> für Anzahlungen im<br />

Zusammenhang mit Bauleistungen:<br />

Wann geht die Steuerschuldnerschaft<br />

auf den Leistungsempfänger über?<br />

10 / Leistungszeitpunkt einer Rechnung kann<br />

sich aus Ausstellungsdatum ergeben<br />

11 / Gebrauchtwagenhändler umsatzsteuerliche<br />

Kleinunternehmer?<br />

7 / Umsetzung der „Gutschein-Richtlinie“<br />

8 / Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft für<br />

Beteiligungserwerb bei steuerpflichtig<br />

erbrachten Vermietungsleistungen an Tochtergesellschaften


UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 3<br />

Haftung des Onlineplattformbetreibers<br />

Gesetz zur Bekämpfung des <strong>Umsatzsteuer</strong>betrugs beim Handel mit Waren im Internet<br />

Aufgrund der hohen Steuerausfälle beim Handel<br />

mit Waren im Internet (insbesondere im B2C Bereich)<br />

wurde bereits 2017 von der EU-Kommission<br />

eine Reform des E-Commerce zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung<br />

über Online-Marktplätze beschlossen. Die Einführung<br />

soll schrittweise EU-weit bis zum 2021 erfolgen.<br />

In Deutschland werden die Steuerausfälle aus den Online-Verkäufen<br />

im dreistelligen Millionenbereich geschätzt. Sie werden<br />

insbesondere dadurch verursacht, dass die in Drittstätten ansässige<br />

Unternehmen in Deutschland nicht umsatzsteuerlich registriert<br />

sind und oft für Umsätze, die in Deutschland steuerbar und<br />

steuerpflichtig sind (Ort der Leistung in Deutschland) keine <strong>Umsatzsteuer</strong><br />

abführen. Daher greift die Bundesregierung mit dem<br />

„Gesetz zur Bekämpfung des <strong>Umsatzsteuer</strong>betrugs beim Handel<br />

mit Waren im Internet…“ auf nationaler Ebene dem EU-weiten<br />

Vorhaben vor. Das Gesetz soll voraussichtlich im Dezember endgültig<br />

verkündet werden. Die neue Regelung soll bundesweit ab<br />

Januar 2019 gelten und umfasst die folgenden Kernelemente:<br />

• Alle Betreiber elektronischer Marktplätze sollen dazu verpflichtet<br />

werden, bestimmte Daten von Verkäufern zu erfassen<br />

und auf Aufforderung an das zuständige Finanzamt zu übermitteln.<br />

Zu diesen Daten zählen u.a. Name, vollständige Anschrift,<br />

Steuernummer, Versand- und Lieferadresse, Zeitpunkt<br />

und Höhe des Umsatzes (bei Privatverkäufen: Geburtsdatum).<br />

• Die Betreiber sollen für nicht entrichtete Steuern aus im Inland<br />

beginnenden oder endenden Lieferungen haften, die über<br />

den eigenen elektronischen Marktplatz rechtlich begründet<br />

wurden. Hiervon können sie sich befreien, wenn sie gewisse<br />

Aufzeichnungspflichten erfüllen oder steuerunehrliche Händler<br />

von ihrem Marktplatz ausschließen.<br />

Als Positivnachweis der ordnungsgemäßen steuerlichen Registrierung<br />

eines Händlers in Deutschland gilt künftig die sog. „Erfassungsbescheinigung“,<br />

die das zuständige Finanzamt auf Antrag<br />

des Onlinehändlers (!) ausstellt. Beantragen Onlinehändler<br />

aus Staaten, die nicht der EU oder dem EWR angehören, die Bescheinigung,<br />

ist der Antrag zwingend mit der Benennung eines<br />

Empfangsbevollmächtigten in Deutschland zu verbinden. Vorgesehen<br />

ist, dass das Bundeszentralamt für Steuern dem Betreiber<br />

eines elektronischen Marktplatzes im Wege einer elektronischen<br />

Abfrage Auskunft über die dort gespeicherte Bescheinigung erteilt.<br />

Bis zur Einführung dieses Abfrageverfahrens wird die Bescheinigung<br />

jedoch übergangsweise dem Onlinehändler vom<br />

zuständigen Finanzamt in Papierform erteilt.<br />

Das Gesetz ist eine deutliche Kampfansage der Bundesregierung<br />

an die Unregelmäßigkeiten im Onlinehandel. Der Ansatz<br />

geht wegen des Einbezugs von reinen Inlandslieferungen sogar<br />

über das Ziel der EU-weit geplanten Maßnahmen hinaus (Überschießende<br />

Regulierung?).<br />

HINWEIS<br />

Für Onlinehändler mit Absatzmarkt in Deutschland ist<br />

jedenfalls klar, dass sie nach Verkündung des Gesetzes<br />

die Erfassungsbescheinigung beantragen und nach Erteilung<br />

den Marktplatzbetreibern proaktiv vorlegen sollten.<br />

Ansonsten droht ihnen über die Mitteilung an den Marktplatzbetreiber<br />

ein Ausschluss vom Handel.


4 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />

Verwendung von UStIdNr. im innergemeinschaftlichen<br />

Dreiecksgeschäft und Berichtigung einer Zusammenfassenden<br />

Meldung<br />

Dem Urteil des Europäische Gerichtshof (EuGH) vom 19.04.20<strong>18</strong> lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der in Deutschland<br />

registrierte Unternehmer führte als mittlerer Unternehmer innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte (Deutschland,<br />

Österreich, Tschechische Republik) unter seiner österreichischen UStIdNr. aus. Die von ihm in Österreich zunächst<br />

abgegebene Zusammenfassende Meldung enthielt keinen Hinweis auf das Vorliegen innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte.<br />

Diese Zusammenfassenden Meldungen korrigierte der Steuerpflichtige später entsprechend.<br />

Nach Ansicht des österreichischen Gerichts liege<br />

kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft<br />

und damit keine Verschiebung der Steuerpflicht<br />

für den innergemeinschaftlichen Erwerb auf den letzten Abnehmer<br />

vor, wenn der mittlere Unternehmer im Abgangsstaat<br />

(Deutschland) steuerlich registriert ist, auch wenn er für die Lieferung<br />

die UStIdNr. eines anderen Mitgliedstaates (Österreich)<br />

verwendet.<br />

Dieser engen Auslegung widerspricht der Europäische Gerichtshof<br />

im Hinblick auf Sinn und Zweck der entsprechenden<br />

Regelung. Bei einem Steuerpflichtigen mit UStIdNr. aus verschiedenen<br />

Mitgliedstaaten ist allein auf die für die Umsätze tatsächlich<br />

verwendete UStIdNr. abzustellen, so dass im Urteilsfall ein<br />

innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vorliege.<br />

Auch die ursprünglich abgegebenen fehlerhaften Zusammenfassenden<br />

Meldungen bzw. die verspätete Abgabe der ordnungsgemäßen<br />

Zusammenfassenden Meldungen führen nach<br />

Ansicht des Europäischen Gerichtshofs nicht zur Versagung der<br />

Steuerfreiheit, da es sich insoweit lediglich um eine formelle und<br />

nicht materielle Voraussetzung der maßgebenden Befreiungsvorschrift<br />

handelt.<br />

Damit ist den Mitgliedstaaten die Versagung der Steuerbefreiung<br />

allein aufgrund der fehlerhaften bzw. verspätet abgegebenen<br />

Zusammenfassenden Meldung untersagt, es sei denn, es handelt<br />

sich um einen Fall der Steuerhinterziehung oder es wird der sichere<br />

Nachweis des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen<br />

verhindert. Die Abgabe einer fehlerhaften bzw. verspäteten Zusammenfassenden<br />

Meldung kann jedoch mit der Auferlegung<br />

sonstiger Pflichten (z. B. Geldbußen) sanktioniert werden.<br />

AUSBLICK<br />

Das Urteil des Gerichts dürfte künftig anders ausfallen,<br />

wenn ab 2020 im Rahmen der sog. "Quick Fixes" (s.u.) die<br />

Zusammenfassende Meldung tatbestandliches Merkmal<br />

für die Steuerfreiheit wird.


UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 5<br />

Mehrwertsteuermaßnahmenpaket<br />

beschlossen<br />

Am 2. Oktober 20<strong>18</strong> wurden vom Rat der Europäischen<br />

Union für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) zahlreiche<br />

Maßnahmen beschlossen, die zu einer „Verbesserung“<br />

des derzeitigen Mehrwertsteuersystems beitragen sollen.<br />

Die beschlossenen Maßnahmen sollen Problembereiche<br />

des geltenden Rechts bis zur Einführung eines<br />

endgültigen Mehrwertsteuersystems schnellstmöglich<br />

beseitigen.<br />

Nachfolgend finden Sie die aus unserer Sicht wichtigsten<br />

Maßnahmen, welche vom ECOFIN beschlossen<br />

wurden:<br />

Quick-Fixes zum 01. Januar 2020<br />

Bis zur Einführung des geplanten endgültigen Mehrwertsteuersystems<br />

sollen neue EU-einheitliche Regelungen für Konsignationslager,<br />

Reihengeschäfte eingeführt werden.<br />

Ferner sollen die USt-IdNr. und die Zusammenfassende Meldung<br />

zu materiellen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher<br />

Lieferungen werden.<br />

Anfang 20<strong>18</strong> war u. a. noch geplant den sog. zertifizierten<br />

Steuerpflichtigen einzuführen – von seiner Einführung wurde jedoch<br />

Abstand genommen. Sämtliche Neuregelungen sollen zum<br />

01.01.2020 in Kraft treten.<br />

Briefkasten- bzw. Domiziladresse<br />

auf Rechnungen<br />

Das Thema Briefkastenadresse auf Rechnungen ist<br />

nicht neu. Den letztenendlichen Durchbruch brachte<br />

die EuGH-Entscheidung v. 15.11.2017.<br />

Die o.g. Entscheidung beschäftigte sich konkret<br />

mit der Frage in wie weit das Rechnungsmerkmal<br />

„vollständige Anschrift“ auch eine wirtschaftliche<br />

Tätigkeit unter der entsprechenden Anschrift des leistenden Unternehmers<br />

notwendig mache?<br />

Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnte das Erfordernis<br />

der wirtschaftlichen Tätigkeit unter Hinweis auf den Wortlaut der<br />

MwStSystRL dahingehend ab, dass der Begriff „Anschrift“ weit zu<br />

fassen sei und Deutschland mit § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG keine<br />

strengeren Anforderungen als die MwStSystRL stellen dürfe.<br />

Es genüge vielmehr jede Art von Anschrift (und damit auch eine<br />

Briefkastenanschrift), sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift<br />

erreichbar sei. Im Übrigen stelle eine Domizilanschrift darüber<br />

hinaus kein alleiniges Indiz für die Annahme einer <strong>Umsatzsteuer</strong>hinterziehung<br />

dar; eine „derartige“ Anschrift somit nicht<br />

automatisch zur Bösgläubigkeit und damit zu weiteren Überprüfungspflichten<br />

seitens des Leistungsempfängers führen müsse.<br />

Generelles Reverse-Charge-Verfahren<br />

Jährlich erleiden einzelne EU-Staaten beträchtliche finanzielle<br />

Schäden aufgrund von Mehrwertsteuerbetrugsmaßnahmen. In<br />

Folge dessen wurde überdies vom ECOFIN beschlossen, den am<br />

stärksten betroffenen Mitgliedstaaten das Recht einzuräumen,<br />

vorübergehend die generelle Anwendung des sog. Reverse-Charge-Verfahrens<br />

(= Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den<br />

Leistungsempfänger) einzuführen. Es ist beabsichtigt diese Maßnahme<br />

bis zum 30.06.2022 zu befristen.


6 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />

Bundesfinanzministerium schafft Pommes-Erlass ab<br />

Das Bundesfinanzministerium streicht mit Schreiben vom 23.04.20<strong>18</strong> den sog. Pommes-Erlass. Als Grund nennt das<br />

Bundesfinanzministerium die Vermeidung des Risikos von Steuerausfällen. Die Änderung ist auf alle offenen Fälle<br />

anwendbar. Den deutschen Abnehmern räumt das Bundesfinanzministerium für den Vorsteuerabzug eine Übergangsfrist<br />

bis 31.12.20<strong>18</strong> ein.<br />

Beliefert ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger<br />

Lieferant Unternehmer in Deutschland, liegt<br />

grundsätzlich eine innergemeinschaftliche Lieferung<br />

vor. Ein innergemeinschaftliches Verbringen und eine anschließende<br />

Inlandslieferung sind grundsätzlich zumindest dann ausgeschlossen,<br />

wenn für den Lieferanten zum Zeitpunkt der Versendung<br />

im Ausland feststeht, wer der Abnehmer ist.<br />

Die Finanzverwaltung ließ in der Vergangenheit jedoch eine<br />

solche Behandlung der Umsätze aus Vereinfachungsgründen<br />

unter bestimmten Voraussetzungen zu. Den Namen „Pommes-Erlass“<br />

erhielt die Regelung aufgrund des erläuternden Beispiels im<br />

UStAE, in dem ein niederländischer Lieferant deutsche Abnehmer<br />

mit Pommes belieferte.<br />

Danach konnte der Lieferant seine Lieferungen gegenüber<br />

deutschen Kunden bisher mit deutscher <strong>Umsatzsteuer</strong> abrechnen.<br />

Die Vereinfachung ist vor allem bei kleineren Kunden hilfreich,<br />

die keine Erfahrungen mit dem Warenbezug aus dem<br />

übrigen Gemeinschaftsgebiet haben. Außerdem können die<br />

Lieferanten in gewissem Umfang die Herkunft der gelieferten<br />

Gegenstände verschleiern, da auf der Rechnung lediglich die<br />

deutsche USt-IdNr. des Lieferanten und nicht die des tatsächlichen<br />

Abgangslandes genannt werden muss.<br />

Das Bundesfinanzministerium streicht den Pommes-Erlass<br />

ersatzlos aus dem UStAE. Steht der Abnehmer der Lieferung bereits<br />

zum Zeitpunkt der Versendung fest, ist die Lieferung stets als<br />

innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln. Dies gilt grundsätzlich<br />

für alle noch offenen Fälle. Allerdings gewährt das Bundesfinanzministerium<br />

für den Vorsteuerabzug deutscher Abnehmer<br />

eine Übergangsfrist bis 31.12.20<strong>18</strong>. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />

beanstandet es die deutsche Finanzverwaltung nicht, wenn die<br />

Abnehmer aus Rechnungen auf Grundlage des bisherigen Pommes-Erlasses<br />

Vorsteuern geltend machen.<br />

Das Bundesfinanzministerium entzieht mit der Streichung<br />

des Pommes-Erlasses der vereinfachten Abrechnung grundsätzlich<br />

mit sofortiger Wirkung die Rechtsgrundlage (auch für in der<br />

Vergangenheit liegende, noch offene Umsätze!).<br />

HINWEIS<br />

Betroffene Unternehmen müssen schnellstmöglich Fälle<br />

des Pommes-Erlasses identifizieren und ihre Abrechnungspraxis<br />

ändern. Für die Abnehmer dürfte dies in vielen<br />

Fällen kaum zu bewerkstelligen sein. Schließlich sind<br />

sie in der Vergangenheit von ihrem Lieferanten bewusst<br />

im Unklaren darüber gelassen worden, ob ein Fall des<br />

Pommes-Erlasses vorliegt. Im Zweifel sollten Unternehmer<br />

ihre im Ausland ansässigen Lieferanten kontaktieren, um<br />

zu klären, ob die Rechnungen des Lieferanten unter den<br />

Pommes-Erlass fallen. Denn spätestens mit Ablauf der<br />

Übergangsfrist liegt das Risiko ganz überwiegend nicht<br />

beim ausländischen Lieferanten, sondern beim deutschen<br />

Abnehmer. Dieses Risiko besteht dann insbesondere darin,<br />

dass die an den Lieferanten gezahlte <strong>Umsatzsteuer</strong> nicht<br />

als Vorsteuer abgezogen werden darf.


UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 7<br />

Umsetzung der „Gutschein-Richtlinie“<br />

Die Gutschein-Richtlinie (RL EU 2016/1065) soll im Rahmen des Jahressteuergesetzes 20<strong>18</strong> in nationales Recht umgesetzt<br />

werden. Die wesentlichen Regelungen zum Gutschein werden sich in § 3 Absatz 13 bis 15 des <strong>Umsatzsteuer</strong>gesetzes<br />

befinden. Durch die neuen Vorschriften wird die umsatzsteuerliche Behandlung von sog. Einzweck- und<br />

Mehrzweckgutscheinen EU-einheitlich geregelt. Die neuen Regelungen sollen auf Gutscheine Anwendung finden,<br />

die nach dem 31. Dezember 20<strong>18</strong> ausgestellt werden.<br />

Zukünftig wird die Begrifflichkeit des „Gutscheins“ gesetzlich<br />

definiert: Als Gutscheine im umsatzsteuerlichem<br />

Sinn wird ein Instrument angesehen,<br />

1. bei dem die Verpflichtung besteht, es als (teilweise) Gegenleistung<br />

für eine Leistung anzunehmen und<br />

2. bei dem der Leistungsgegenstand oder die Identität des leistenden<br />

Unternehmens entweder auf dem Instrument selbst<br />

oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich<br />

der Nutzungsbedingungen, angegeben sind.<br />

Nicht zu den Gutscheinen gehören sog. Preisnachlass- und Erstattungsgutscheine.<br />

Damit fallen Gutscheine oder Coupons, die zu<br />

Rabatten oder Vergütungsansprüchen berechtigen, nicht unter<br />

die neuen Regelungen.<br />

Der umsatzsteuerliche Gutschein wird durch den Gesetzgeber<br />

in Einzel- und Mehrzweckgutscheine unterteilt. Für beide Kategorien<br />

gelten jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen:<br />

Als Einzweckgutscheine gelten Gutscheine, bei dem der Liefer-<br />

bzw. der Leistungsort und die geschuldete <strong>Umsatzsteuer</strong> für<br />

die im Gutschein verkörperte Leistung zum Zeitpunkt der Ausstellung<br />

des Gutscheins bereits feststehen. Damit umfasst der<br />

Einzweckgutschein vor allem bereits konkretisierte Leistungen.<br />

Ein mögliches Beispiel ist die Ausgabe eines Gutscheins einer Autowaschstraße,<br />

der zu einer viermaligen Autowäsche berechtigt.<br />

Für Einzweckgutscheine gilt die umsatzsteuerliche Fiktion,<br />

dass bereits die Übertragung des Gutscheins als Ausführung<br />

der im Gutschein verkörperten Leistung gilt. <strong>Umsatzsteuer</strong>liche<br />

Konsequenzen sind daher bereits bei Abgabe des Gutscheins zu<br />

ziehen. Wird der Einzweckgutschein nicht durch den eigentlichen<br />

Leistenden, sondern durch einen Dritten an den Kunden übertragen,<br />

ist wie folgt zu unterscheiden:<br />

• Tritt der Dritte im eigenen Namen auf, kommt es zu einer Leistungskette.<br />

Durch die Übertragung des Gutscheins auf den<br />

Kunden erbringt der Dritte die im Gutschein verkörperte Leistung.<br />

• Tritt der Dritte dagegen unter fremden Namen als Vermittler<br />

auf, schuldet nicht der Vermittler, sondern derjenige, in dessen<br />

Namen der Gutschein verkauft worden ist, die <strong>Umsatzsteuer</strong><br />

für die im Gutschein verkörperte Leistung.<br />

Als Mehrzweckgutscheine gelten alle Gutscheine, die nicht die<br />

Voraussetzungen für Einzweckgutscheine erfüllen.<br />

Die Ausgabe eines Mehrzweckgutscheins, unterliegt – anders<br />

als bei dem Einzweckgutschein – noch nicht der <strong>Umsatzsteuer</strong>.<br />

Zu umsatzsteuerlichen Konsequenzen kommt es erst bei Ausführung<br />

der im Gutschein verkörperten Leistung. Hierunter dürften<br />

vor allen Wertschecks fallen, bei denen die Art der Leistung oder<br />

der Leistungsort noch nicht vorgegeben ist.<br />

HINWEIS<br />

Im Ergebnis ist gesetzliche Klarstellung zur umsatzsteuerlichen<br />

Behandlung von Gutscheinen zu begrüßen. Betroffene<br />

Unternehmen sollten prüfen, ob die derzeitige<br />

Behandlung von Gutscheinen mit den zukünftigen Regelungen<br />

übereinstimmt. In der Praxis kann es zu Überraschungen<br />

kommen. Ob das Bundesfinanzministerium im<br />

angekündigten Erläuterungsschreiben eine Übergangsfrist<br />

zulassen wird, ist daher fraglich. Hier verschafft das<br />

in Aussicht gestellte Verwaltungsschreiben hoffentlich<br />

Abhilfe. Bis dahin erscheint es in Grenzfällen empfehlenswert,<br />

auf Einzweckgutscheine zu verzichten.


8 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />

Vorsteuerabzug einer<br />

Holdinggesellschaft für<br />

Beteiligungserwerb bei<br />

steuerpflichtig erbrachten<br />

Vermietungsleistungen an<br />

Tochtergesellschaften 1<br />

Eine Holding, deren Zweck sich auf das Halten und Verwalten<br />

gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen beschränkt<br />

und die keine Leistungen gegen Entgelt erbringt (sog.<br />

Finanzholding), ist nicht Unternehmer im Sinne des § 2<br />

UStG. Demgegenüber ist eine Holding, die im Sinne<br />

einer einheitlichen Leitung aktiv in das laufende Tagesgeschäft<br />

ihrer Tochtergesellschaften eingreift (sog. Führungs-<br />

oder Funktionsholding), unternehmerisch tätig.<br />

buchführerischen, finanziellen, kaufmännischen, der Informatik<br />

zuzuordnenden und technischen Dienstleistungen der Holdinggesellschaft<br />

für ihre Tochtergesellschaften (nicht abschließende<br />

Aufzählung).<br />

Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) ist dahin<br />

auszulegen, dass eine steuerpflichtige, nachhaltige gegen Entgelt<br />

erbrachte Vermietung durch eine Holdinggesellschaft an ihre<br />

Tochtergesellschaft einen „Eingriff in die Verwaltung“ der Tochtergesellschaft<br />

darstellt, der als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen<br />

ist, so dass ein Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen im Rahmen<br />

eines Beteiligungserwerbs gegeben ist.<br />

Ausnahmefall missbräuchliche Praxis: Nach ständiger Rechtsprechung<br />

kann das Recht auf Vorsteuerabzug versagt werden,<br />

wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass es in betrügerischer<br />

Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird.<br />

Ein Recht auf Vorsteuerabzug aus Leistungen im Zusammenhang<br />

mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung einer gesellschaftsrechtlichen<br />

Beteiligung besteht für den Unternehmer<br />

(insbesondere für eine Holding) jedoch nicht, soweit das eingeworbene<br />

Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen<br />

Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung<br />

steht, oder wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen sollen,<br />

eine missbräuchliche Praxis darstellen.<br />

Wird eine Holding nur gegenüber einigen<br />

Tochtergesellschaften geschäftsleitend tätig,<br />

während sie Beteiligungen an anderen<br />

Tochtergesellschaften lediglich hält und verwaltet (sog. gemischte<br />

Holding), hat sie sowohl einen unternehmerischen als auch<br />

einen nichtunternehmerischen Bereich.<br />

Vorsteuern, die im Zusammenhang mit den im unternehmerischen<br />

Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen<br />

anfallen, sind unter den allgemeinen Voraussetzungen des<br />

§ 15 UStG abziehbar. Hält der Unternehmer (z. B. eine gemischte<br />

Holding) daneben auch gesellschaftsrechtliche Beteiligungen<br />

im nichtunternehmerischen Bereich, sind Eingangsleistungen,<br />

die sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den<br />

nichtunternehmerischen Bereich bezogen werden (z. B. allgemeine<br />

Verwaltungskosten der Holding, allgemeine Beratungskosten,<br />

Steuerberatungskosten usw.) für Zwecke des Vorsteuerabzugs<br />

aufzuteilen.<br />

Eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. einer Führungs- bzw. Funktionsholding<br />

ist u.a. gegeben beim Erbringen von administrativen,<br />

Kein Vorsteuerabzug für<br />

betrieblichen Luxussportwagen<br />

Im konkreten Sachverhalt erwarb ein Gebäudereinigungsunternehmen<br />

einen Lamborghini Aventador LP<br />

700-4 zum Preis von EUR 250.819,99 und überließ ihn –<br />

zur Kundenakquise im Bereich der Sportwagenbranche<br />

– seinem Geschäftsführer.<br />

Gem. dem Urteil vom FG Hamburg 2 ist der Vorsteuerabzug<br />

regelmäßig zu versagen, wenn ein<br />

Luxussportwagen angeschafft wird, der nahezu<br />

ausschließlich vom Geschäftsführer genutzt und ein besonderes,<br />

1 EuGH-Urteil vom 05.07.20<strong>18</strong>, DStR 20<strong>18</strong>, 1713<br />

2 FG Hamburg v. 12.4.<strong>18</strong> (2 V 10/<strong>18</strong>)


UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 9<br />

ausnahmsweise anzuerkennendes betriebliches Interesse nicht<br />

dargelegt wird. Der vorbezeichnete Fall war Streitgegenstand<br />

einer <strong>Umsatzsteuer</strong>sonderprüfung. Ein weitaus größerer Teil von<br />

ähnlich gelagerten Fallgestaltungen dürfte sich i.R. von Betriebsprüfungen<br />

bzw. bei Beachtung des ertragsteuerlichen Betriebsausgabenabzugsverbots<br />

gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG ergeben.<br />

Nach h.M. besteht ein Gleichauf zwischen der umsatzsteuerlichen<br />

und der einkommensteuerlichen Würdigung. Daraus folgt<br />

eine Analogie hinsichtlich der unternehmerisch veranlassten Aufwendungen<br />

– der Einordnung „dem Grund nach“.<br />

Anberaumtes Ziel der Neufassung der Norm des § 4 Abs. 5<br />

EStG in 1953 (§ 4 Abs. 4 EStG a.F.) war die Bekämpfung „offensichtliche[r]<br />

Auswüchse bei der Betriebsausgabengestaltung“.<br />

Die Frage der Unangemessenheit des Aufwands kann nicht<br />

durch das Gesetz beantwortet werden und unterliegt grds. auch<br />

keiner Angemessenheitskontrolle. Die Rechtsprechung hat jedoch<br />

Beurteilungskriterien entwickelt, wonach insbesondere<br />

unter Berücksichtigung von Gewinn und Umsatz darauf abzustellen<br />

ist, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer den<br />

Aufwand angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten ebenfalls<br />

auf sich genommen hätte.<br />

Diesem Beurteilungsmaßstab schloss sich das FG Hamburg<br />

an und nannte im vorliegenden Fall neben der Größe des Unternehmens,<br />

der Höhe des längerfristigen Umsatzes und Gewinns,<br />

vornehmlich die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für<br />

den Geschäftserfolg. Speziell für letzteres Kriterium konnte der<br />

Beklagte im Urteilsfall nicht glaubhaft machen, dass die Nutzung<br />

des Luxusfahrzeugs durch den Geschäftsführer zur Kundenakquise<br />

erforderlich war. Zudem stünden die Anschaffungskosten<br />

in Relation zum Betriebsergebnis (2016: EUR 86.420,04; 2017: EUR<br />

108.394,89) in einem deutlichen Missverständnis.<br />

Daher erwies sich gem. FG Hamburg der streitige Aufwand<br />

nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen.<br />

FAZIT<br />

Das Urteil des FG Hamburg überrascht weder in der Sache,<br />

noch bzgl. der Argumentation. Vielmehr verweist es auf die<br />

seit Jahren herrschende Auffassung des BFH. Praktische Bedeutung<br />

hat das Abzugsverbot insbesondere bei hochpreisigen<br />

Wirtschaftsgütern. Neben der teilweisen Versagung<br />

des Vorsteuerabzugs können auch die für den ertragsteuerlichen<br />

Bereich relevanten Anschaffungskosten bzw. der<br />

Werteverzehr in Form der AfA – nach Wortlaut des § 4 Abs.<br />

5 S. 1 Nr. 7 EStG („soweit“) nur in Höhe der angemessenen<br />

Aufwendungen – steuermindernd berücksichtigt werden.<br />

<strong>Umsatzsteuer</strong> für Anzahlungen im Zusammenhang mit<br />

Bauleistungen: Wann geht die Steuerschuldnerschaft auf<br />

den Leistungsempfänger über?<br />

Führt ein Unternehmer Bauleistungen an einen anderen Unternehmer aus und erbringt der andere Unternehmer<br />

selbst nachhaltig Bauleistungen, schuldet der andere Unternehmer als Leistungsempfänger die <strong>Umsatzsteuer</strong>. Die<br />

Rechnung ist ohne <strong>Umsatzsteuer</strong>ausweis auszustellen und mit einem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft<br />

auf den Leistungsempfänger zu versehen.<br />

Das Bundesfinanzministerium hat für diese Fälle<br />

mit Schreiben vom <strong>18</strong>.05.20<strong>18</strong> die Regelungen<br />

zur <strong>Umsatzsteuer</strong> auf Anzahlungen geändert.<br />

Falls die Voraussetzungen für den Übergang der Steuerschuldnerschaft<br />

auf den Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Vereinnahmung<br />

der Anzahlung noch nicht vorliegen, schuldet der<br />

leistende Unternehmer die <strong>Umsatzsteuer</strong>. Wenn der Leistungsempfänger<br />

im Zeitpunkt der Leistungserbringung die Voraussetzungen<br />

für den Übergang der Steuerschuldnerschaft dagegen<br />

mittlerweile erfüllt, bleibt die bisherige Besteuerung der Anzahlungen<br />

beim leistenden Unternehmer weiterhin bestehen. Der<br />

Leistungsempfänger kann einen ggf. bereits geltend gemachten


10 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />

Vorsteuerabzug auf Grund der Anzahlung unverändert bestehen<br />

lassen.<br />

Die Änderung tritt mit sofortiger Wirkung für alle offenen<br />

Sachverhalte in Kraft. Es wird aber nicht beanstandet, die bisherige<br />

Fassung für bis zum 31.12.20<strong>18</strong> geleistete Anzahlungen anzuwenden.<br />

HINWEIS<br />

Das Bundesfinanzministerium-Schreiben hat zur Folge,<br />

dass jeweils gesondert für die Anzahlungen und die<br />

Schlussrechnung zu prüfen ist, wer Steuerschuldner ist.<br />

Eine einheitliche Behandlung ist nicht vorgesehen, so dass<br />

Anzahlungsrechnungen nicht nachträglich an die Besteuerung<br />

in der Schlussrechnung anzupassen sind.<br />

Leistungszeitpunkt einer<br />

Rechnung kann sich aus<br />

Ausstellungsdatum ergeben<br />

Der Bundesfinanzhof hat sich im Urteil vom 1. März<br />

20<strong>18</strong> mit der Frage beschäftigt, ob ein Vorsteuerabzug<br />

möglich ist, wenn eine Rechnung nicht alle erforderlichen<br />

gesetzlichen Pflichtangaben enthält. Fraglich<br />

waren insbesondere der anzugebende Leistungszeitpunkt<br />

sowie die Leistungsbezeichnung.<br />

Im zu Grunde liegenden Urteilsfall hatte das zuständige Finanzamt<br />

den Vorsteuerabzug aus einer Vielzahl von Rechnungen,<br />

bei denen es unter anderem um den Erwerb von<br />

PKW ging, verwehrt. Die Rechnungen enthielten keine Angaben<br />

zur Steuernummer des leistenden Unternehmens sowie zum Teil<br />

nur unzureichende Leistungsbeschreibungen wie „Werbungskosten<br />

(lt. Absprache) „Akquisitionsaufwand“ oder „Überführungsund<br />

Reinigungskosten“. Auch das jeweilige Leistungsdatum ging<br />

aus den Rechnungen nicht hervor.<br />

Die Angabe der Steuernummern wurden nachträglich nachgeholt.<br />

Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass der Vorsteuerabzug<br />

dann erst für das Jahr der Berichtigung zustünde.<br />

Der Bundesfinanzhof dagegen stellt in Übereinstimmung mit<br />

der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs klar, dass<br />

eine rückwirkende Rechnungsberichtigung immer dann möglich<br />

ist, wenn die ursprüngliche Rechnung mindestens Angaben<br />

zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zum Entgelt<br />

und zur gesondert auszuweisenden <strong>Umsatzsteuer</strong> sowie eine<br />

Leistungsbeschreibung enthält. Die fehlenden Steuernummern<br />

konnten also nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt<br />

der erstmaligen Rechnungserteilung berichtigt werden. Eine solche<br />

Berichtigung kann bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung<br />

im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgen.<br />

Die Rechnungen mit unzureichenden Leistungsbeschreibungen<br />

dagegen wurden nicht berichtigt und berechtigten damit<br />

auch nicht nachträglich zum Vorsteuerabzug.<br />

Hinsichtlich des nicht angegebenen Leistungszeitpunkts dagegen<br />

erkannte das Gericht überhaupt keinen Mangel: Gemäß<br />

<strong>Umsatzsteuer</strong>-Durchführungsverordnung kann als Zeitpunkt<br />

auch der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung<br />

erbracht worden ist. Dieser kann sich aus dem Ausstellungsdatum<br />

der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des<br />

Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung im gleichen<br />

Monat ausgeführt worden ist. Dieses sei insbesondere bei einmaligen<br />

Liefervorgängen über PKW branchenüblich. Bei einer<br />

Überprüfung des Vorsteuerabzugs seien die erforderlichen Rechnungsangaben<br />

entsprechend auszulegen.<br />

HINWEIS<br />

Da die Versagung des Vorsteuerabzugs aus formalen<br />

Gründen bei Betriebsprüfungen zu den häufigsten Feststellungen<br />

gehört kann die Kenntnis dieses Urteils im Einzelfall<br />

hilfreich sein.


UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 11<br />

Gebrauchtwagenhändler<br />

umsatzsteuerliche<br />

Kleinunternehmer?<br />

Konkret ist die Frage anhängig, wie sich der Gesamtumsatz<br />

bei der Kleinunternehmerregelung im Fall<br />

einer Differenzbesteuerung nach § 25a ÜStG ermittelt.<br />

Fraglich ist, ob die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie<br />

(MwStSystRL) dahingehend auszulegen ist, dass in diesem<br />

Fall nur auf die Differenzumsätze (Handelsspanne)<br />

und nicht auf die Gesamteinnahmen abzustellen ist.3<br />

Die Problematik dieser Fragestellung entsteht<br />

durch das „Aufeinanderlegen“ der Norm der Differenzbesteuerung<br />

(Art. 315 MwStSystRL; national:<br />

§ 25a UStG) sowie der durch den europäischen Gesetzgeber<br />

als "Kann"-Vorschrift ausformulierten Regelung hinsichtlich des<br />

Kleinunternehmers findet (Art. 288 MwStSystRL national: § 19<br />

UStG)<br />

Während bei letzterer Regelung insbesondere der ökonomische<br />

Gedanke im Vordergrund steht – es handelt sich um eine<br />

Vereinfachungsregelung dergestalt, dass Unternehmer unter<br />

einer bestimmten Umsatzgrenze zur Nichterhebung optieren<br />

können – besteht bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen<br />

eine Pflicht zur Anwendung der Differenzbesteuerung.<br />

Zunächst ist festzuhalten, dass die Differenzbesteuerung<br />

die Anwendung der Kleinunternehmerregel nicht ausschließt.<br />

Insoweit findet die Vereinfachungsregelung dem Grunde nach<br />

Anwendung. Streitig ist lediglich, was die Bemessungsgrundlage<br />

des Umsatzes darstellt. Gemäß Auffassung der Finanzverwaltung<br />

bestimmt sich der Gesamtumsatz nach dem vereinnahmten<br />

Entgelt und nicht nach dem Differenzbetrag.<br />

Das FG Köln (9 K 667/14) ist in erster Instanz jedoch zu einem anderen<br />

Ergebnis gekommen. Nach Auslegung der Richter sei für<br />

die Ermittlung des Gesamtumsatzes nach § 19 UStG lediglich die<br />

Handelsspanne/Marge heranzuziehen. Zu diesem Ergebnis neigt<br />

auch der BFH, wenngleich er es wegen Zweifel an der zutreffen-<br />

den Auslegung Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie für erforderlich<br />

hält, den EuGH um eine Vorabentscheidung zu ersuchen.<br />

Gem. Art. 288 Nr. 1 MwStSystRL ist die Bemessungsgrundlage<br />

des Umsatzes der Betrag der Lieferungen soweit diese besteuert<br />

werden, demgemäß nicht steuerfrei. Beschränkt wird der<br />

Umfang der Besteuerung durch die klare Definition des Art. 315<br />

MwStSystRL, wonach die Differenz (Handelsspanne) des steuerpflichtigen<br />

Wiederverkäufers der Unterschied zwischen dem Verkaufspreis<br />

und dem Einkaufspreis des Gegenstands ist.<br />

Im deutschen <strong>Umsatzsteuer</strong>gesetz wurde die Formulierung<br />

aus der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht übernommen.<br />

Der in § 19 Abs. 1 S. 1 UStG normierte, für die Umsatzgrenze maßgebliche<br />

Umsatz, ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene<br />

Gesamtumsatz. Der nationale Gesetzgeber unterscheidet<br />

folglich nicht zwischen einer bereits erfolgten „Vor“-Belastung<br />

mit <strong>Umsatzsteuer</strong>.<br />

Analysiert man die in nationalen Recht durch den europäischen<br />

Gesetzgeber umgesetzte Intention in den Fällen, in denen<br />

die Differenzbesteuerung keine Anwendung findet wird deutlich,<br />

dass dies für Fälle gilt, in denen der Liefergegenstand durch die<br />

Steuerbefreiung auf der Vorstufe in vollem Umfang von der <strong>Umsatzsteuer</strong><br />

entlastet wurde. Folglich sind jene Veräußerungsvorgänge<br />

der Regelbesteuerung zu unterwerfen, um eine vollständige<br />

Belastung herzustellen. Wurde der Umsatz jedoch bereits<br />

über die Wertschöpfungskette hinweg mit <strong>Umsatzsteuer</strong> „vor“belastet<br />

– was ganz offensichtlich beim Erwerb des PKWs durch<br />

einen Nichtunternehmer geschehen ist – kann zur Wahrung des<br />

Neutralitätsgedankens beim Weiterverkauf des Fahrzeugs durch<br />

den Gebrauchtwagenhändler die Besteuerung lediglich für den<br />

Mehrwert erfolgen, folglich für die Handelsspanne.<br />

HINWEIS<br />

Es bleibt abzuwarten, wie sich der EuGH zu dieser Vorlagefrage<br />

äußern wird. U.E. kann es unter Berücksichtigung<br />

des Unionsrechts keine Abweichung zur Auffassung des<br />

FG Köln bzw. des BFH geben. Folglich hätte der deutsche<br />

Gesetzgeber die nationale Norm des § 19 UStG anzupassen,<br />

streng genommen Art. 288 Nr. 1 MwStSystR im Wortlaut<br />

zu übernehmen. Entgegen der Verwaltungsansicht<br />

kann die vereinfachende Kleinunternehmerregelung von<br />

einen größeren Kreis umsatzsteuerlicher Unternehmer genutzt<br />

werden.<br />

3 BFH Vorlagebeschluss v. 07.02.20<strong>18</strong> (XI R 7/16)


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