Umsatzsteuer 2/18
Newsletter zur Umsatzsteuer und anderen Verkehrsteuern
Newsletter zur Umsatzsteuer und anderen Verkehrsteuern
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
2/<br />
20<strong>18</strong><br />
<strong>Umsatzsteuer</strong><br />
Newsletter zur <strong>Umsatzsteuer</strong> und anderen Verkehrsteuern<br />
/ Haftung des Onlineplattformbetreibers<br />
/ Briefkastenadresse bzw. Domiziladresse auf Rechnungen<br />
/ Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft für<br />
Beteiligungserwerb bei steuerpflichtig erbrachten<br />
Vermietungsleistungen an Tochtergesellschaften
B / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
wir dürfen Ihnen unser neues Newsletter-Format präsentieren, das wir (neben Blog-Beiträgen)<br />
künftig verwenden werden. Durch die neue Optik sollten einzelne Beiträge übersichtlicher<br />
auffindbar sein.<br />
In den letzten Monaten hat nicht nur der Gesetzgeber seine Lethargie beendet. Folglich enthält unsere<br />
umsatzsteuerliche Information Themen und Hinweise, die gesetzgeberisch umgesetzt worden<br />
sind (z.B. Haftung von Onlineplattformbetreibern), die aus der Feder der Finanzverwaltung stammen<br />
(z.B. Abschaffung des „Pommes“-Erlasses) und aus der aktuellen Rechtsprechung der Finanzgerichte<br />
hervorgehen (z.B. zu innergemeinschaftlichen Dreiecksgeschäften).<br />
Viel Vergnügen bei der Lektüre! Sprechen Sie mich bitte gern bei Fragen an.<br />
Abschließend wünsche ich Ihnen eine besinnliche Weihnachtszeit und einen guten Start ins neue Jahr!<br />
Dr. Mario Wagner<br />
Steuerberater · Partner<br />
Inhalt<br />
3 / Haftung des Onlineplattformbetreibers<br />
4 / Verwendung von UStIdNr. im innergemeinschaftlichen<br />
Dreiecksgeschäft und<br />
Berichtigung einer Zusammenfassenden<br />
Meldung<br />
5 / Mehrwertsteuermaßnahmenpaket beschlossen<br />
5 / Briefkastenadresse bzw. Domiziladresse auf<br />
Rechnungen<br />
6 / Bundesfinanzministerium schafft<br />
Pommes-Erlass ab<br />
8 / Kein Vorsteuerabzug für betrieblichen<br />
Luxussportwagen<br />
9 / <strong>Umsatzsteuer</strong> für Anzahlungen im<br />
Zusammenhang mit Bauleistungen:<br />
Wann geht die Steuerschuldnerschaft<br />
auf den Leistungsempfänger über?<br />
10 / Leistungszeitpunkt einer Rechnung kann<br />
sich aus Ausstellungsdatum ergeben<br />
11 / Gebrauchtwagenhändler umsatzsteuerliche<br />
Kleinunternehmer?<br />
7 / Umsetzung der „Gutschein-Richtlinie“<br />
8 / Vorsteuerabzug einer Holdinggesellschaft für<br />
Beteiligungserwerb bei steuerpflichtig<br />
erbrachten Vermietungsleistungen an Tochtergesellschaften
UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 3<br />
Haftung des Onlineplattformbetreibers<br />
Gesetz zur Bekämpfung des <strong>Umsatzsteuer</strong>betrugs beim Handel mit Waren im Internet<br />
Aufgrund der hohen Steuerausfälle beim Handel<br />
mit Waren im Internet (insbesondere im B2C Bereich)<br />
wurde bereits 2017 von der EU-Kommission<br />
eine Reform des E-Commerce zur Bekämpfung der Steuerhinterziehung<br />
über Online-Marktplätze beschlossen. Die Einführung<br />
soll schrittweise EU-weit bis zum 2021 erfolgen.<br />
In Deutschland werden die Steuerausfälle aus den Online-Verkäufen<br />
im dreistelligen Millionenbereich geschätzt. Sie werden<br />
insbesondere dadurch verursacht, dass die in Drittstätten ansässige<br />
Unternehmen in Deutschland nicht umsatzsteuerlich registriert<br />
sind und oft für Umsätze, die in Deutschland steuerbar und<br />
steuerpflichtig sind (Ort der Leistung in Deutschland) keine <strong>Umsatzsteuer</strong><br />
abführen. Daher greift die Bundesregierung mit dem<br />
„Gesetz zur Bekämpfung des <strong>Umsatzsteuer</strong>betrugs beim Handel<br />
mit Waren im Internet…“ auf nationaler Ebene dem EU-weiten<br />
Vorhaben vor. Das Gesetz soll voraussichtlich im Dezember endgültig<br />
verkündet werden. Die neue Regelung soll bundesweit ab<br />
Januar 2019 gelten und umfasst die folgenden Kernelemente:<br />
• Alle Betreiber elektronischer Marktplätze sollen dazu verpflichtet<br />
werden, bestimmte Daten von Verkäufern zu erfassen<br />
und auf Aufforderung an das zuständige Finanzamt zu übermitteln.<br />
Zu diesen Daten zählen u.a. Name, vollständige Anschrift,<br />
Steuernummer, Versand- und Lieferadresse, Zeitpunkt<br />
und Höhe des Umsatzes (bei Privatverkäufen: Geburtsdatum).<br />
• Die Betreiber sollen für nicht entrichtete Steuern aus im Inland<br />
beginnenden oder endenden Lieferungen haften, die über<br />
den eigenen elektronischen Marktplatz rechtlich begründet<br />
wurden. Hiervon können sie sich befreien, wenn sie gewisse<br />
Aufzeichnungspflichten erfüllen oder steuerunehrliche Händler<br />
von ihrem Marktplatz ausschließen.<br />
Als Positivnachweis der ordnungsgemäßen steuerlichen Registrierung<br />
eines Händlers in Deutschland gilt künftig die sog. „Erfassungsbescheinigung“,<br />
die das zuständige Finanzamt auf Antrag<br />
des Onlinehändlers (!) ausstellt. Beantragen Onlinehändler<br />
aus Staaten, die nicht der EU oder dem EWR angehören, die Bescheinigung,<br />
ist der Antrag zwingend mit der Benennung eines<br />
Empfangsbevollmächtigten in Deutschland zu verbinden. Vorgesehen<br />
ist, dass das Bundeszentralamt für Steuern dem Betreiber<br />
eines elektronischen Marktplatzes im Wege einer elektronischen<br />
Abfrage Auskunft über die dort gespeicherte Bescheinigung erteilt.<br />
Bis zur Einführung dieses Abfrageverfahrens wird die Bescheinigung<br />
jedoch übergangsweise dem Onlinehändler vom<br />
zuständigen Finanzamt in Papierform erteilt.<br />
Das Gesetz ist eine deutliche Kampfansage der Bundesregierung<br />
an die Unregelmäßigkeiten im Onlinehandel. Der Ansatz<br />
geht wegen des Einbezugs von reinen Inlandslieferungen sogar<br />
über das Ziel der EU-weit geplanten Maßnahmen hinaus (Überschießende<br />
Regulierung?).<br />
HINWEIS<br />
Für Onlinehändler mit Absatzmarkt in Deutschland ist<br />
jedenfalls klar, dass sie nach Verkündung des Gesetzes<br />
die Erfassungsbescheinigung beantragen und nach Erteilung<br />
den Marktplatzbetreibern proaktiv vorlegen sollten.<br />
Ansonsten droht ihnen über die Mitteilung an den Marktplatzbetreiber<br />
ein Ausschluss vom Handel.
4 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />
Verwendung von UStIdNr. im innergemeinschaftlichen<br />
Dreiecksgeschäft und Berichtigung einer Zusammenfassenden<br />
Meldung<br />
Dem Urteil des Europäische Gerichtshof (EuGH) vom 19.04.20<strong>18</strong> lag folgender Sachverhalt zugrunde: Der in Deutschland<br />
registrierte Unternehmer führte als mittlerer Unternehmer innergemeinschaftliche Dreiecksgeschäfte (Deutschland,<br />
Österreich, Tschechische Republik) unter seiner österreichischen UStIdNr. aus. Die von ihm in Österreich zunächst<br />
abgegebene Zusammenfassende Meldung enthielt keinen Hinweis auf das Vorliegen innergemeinschaftlicher Dreiecksgeschäfte.<br />
Diese Zusammenfassenden Meldungen korrigierte der Steuerpflichtige später entsprechend.<br />
Nach Ansicht des österreichischen Gerichts liege<br />
kein innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft<br />
und damit keine Verschiebung der Steuerpflicht<br />
für den innergemeinschaftlichen Erwerb auf den letzten Abnehmer<br />
vor, wenn der mittlere Unternehmer im Abgangsstaat<br />
(Deutschland) steuerlich registriert ist, auch wenn er für die Lieferung<br />
die UStIdNr. eines anderen Mitgliedstaates (Österreich)<br />
verwendet.<br />
Dieser engen Auslegung widerspricht der Europäische Gerichtshof<br />
im Hinblick auf Sinn und Zweck der entsprechenden<br />
Regelung. Bei einem Steuerpflichtigen mit UStIdNr. aus verschiedenen<br />
Mitgliedstaaten ist allein auf die für die Umsätze tatsächlich<br />
verwendete UStIdNr. abzustellen, so dass im Urteilsfall ein<br />
innergemeinschaftliches Dreiecksgeschäft vorliege.<br />
Auch die ursprünglich abgegebenen fehlerhaften Zusammenfassenden<br />
Meldungen bzw. die verspätete Abgabe der ordnungsgemäßen<br />
Zusammenfassenden Meldungen führen nach<br />
Ansicht des Europäischen Gerichtshofs nicht zur Versagung der<br />
Steuerfreiheit, da es sich insoweit lediglich um eine formelle und<br />
nicht materielle Voraussetzung der maßgebenden Befreiungsvorschrift<br />
handelt.<br />
Damit ist den Mitgliedstaaten die Versagung der Steuerbefreiung<br />
allein aufgrund der fehlerhaften bzw. verspätet abgegebenen<br />
Zusammenfassenden Meldung untersagt, es sei denn, es handelt<br />
sich um einen Fall der Steuerhinterziehung oder es wird der sichere<br />
Nachweis des Vorliegens der materiellen Voraussetzungen<br />
verhindert. Die Abgabe einer fehlerhaften bzw. verspäteten Zusammenfassenden<br />
Meldung kann jedoch mit der Auferlegung<br />
sonstiger Pflichten (z. B. Geldbußen) sanktioniert werden.<br />
AUSBLICK<br />
Das Urteil des Gerichts dürfte künftig anders ausfallen,<br />
wenn ab 2020 im Rahmen der sog. "Quick Fixes" (s.u.) die<br />
Zusammenfassende Meldung tatbestandliches Merkmal<br />
für die Steuerfreiheit wird.
UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 5<br />
Mehrwertsteuermaßnahmenpaket<br />
beschlossen<br />
Am 2. Oktober 20<strong>18</strong> wurden vom Rat der Europäischen<br />
Union für Wirtschaft und Finanzen (ECOFIN) zahlreiche<br />
Maßnahmen beschlossen, die zu einer „Verbesserung“<br />
des derzeitigen Mehrwertsteuersystems beitragen sollen.<br />
Die beschlossenen Maßnahmen sollen Problembereiche<br />
des geltenden Rechts bis zur Einführung eines<br />
endgültigen Mehrwertsteuersystems schnellstmöglich<br />
beseitigen.<br />
Nachfolgend finden Sie die aus unserer Sicht wichtigsten<br />
Maßnahmen, welche vom ECOFIN beschlossen<br />
wurden:<br />
Quick-Fixes zum 01. Januar 2020<br />
Bis zur Einführung des geplanten endgültigen Mehrwertsteuersystems<br />
sollen neue EU-einheitliche Regelungen für Konsignationslager,<br />
Reihengeschäfte eingeführt werden.<br />
Ferner sollen die USt-IdNr. und die Zusammenfassende Meldung<br />
zu materiellen Voraussetzungen für die Steuerfreiheit innergemeinschaftlicher<br />
Lieferungen werden.<br />
Anfang 20<strong>18</strong> war u. a. noch geplant den sog. zertifizierten<br />
Steuerpflichtigen einzuführen – von seiner Einführung wurde jedoch<br />
Abstand genommen. Sämtliche Neuregelungen sollen zum<br />
01.01.2020 in Kraft treten.<br />
Briefkasten- bzw. Domiziladresse<br />
auf Rechnungen<br />
Das Thema Briefkastenadresse auf Rechnungen ist<br />
nicht neu. Den letztenendlichen Durchbruch brachte<br />
die EuGH-Entscheidung v. 15.11.2017.<br />
Die o.g. Entscheidung beschäftigte sich konkret<br />
mit der Frage in wie weit das Rechnungsmerkmal<br />
„vollständige Anschrift“ auch eine wirtschaftliche<br />
Tätigkeit unter der entsprechenden Anschrift des leistenden Unternehmers<br />
notwendig mache?<br />
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) lehnte das Erfordernis<br />
der wirtschaftlichen Tätigkeit unter Hinweis auf den Wortlaut der<br />
MwStSystRL dahingehend ab, dass der Begriff „Anschrift“ weit zu<br />
fassen sei und Deutschland mit § 14 Abs. 4 S. 1 Nr. 1 UStG keine<br />
strengeren Anforderungen als die MwStSystRL stellen dürfe.<br />
Es genüge vielmehr jede Art von Anschrift (und damit auch eine<br />
Briefkastenanschrift), sofern der Unternehmer unter dieser Anschrift<br />
erreichbar sei. Im Übrigen stelle eine Domizilanschrift darüber<br />
hinaus kein alleiniges Indiz für die Annahme einer <strong>Umsatzsteuer</strong>hinterziehung<br />
dar; eine „derartige“ Anschrift somit nicht<br />
automatisch zur Bösgläubigkeit und damit zu weiteren Überprüfungspflichten<br />
seitens des Leistungsempfängers führen müsse.<br />
Generelles Reverse-Charge-Verfahren<br />
Jährlich erleiden einzelne EU-Staaten beträchtliche finanzielle<br />
Schäden aufgrund von Mehrwertsteuerbetrugsmaßnahmen. In<br />
Folge dessen wurde überdies vom ECOFIN beschlossen, den am<br />
stärksten betroffenen Mitgliedstaaten das Recht einzuräumen,<br />
vorübergehend die generelle Anwendung des sog. Reverse-Charge-Verfahrens<br />
(= Übergang der Steuerschuldnerschaft auf den<br />
Leistungsempfänger) einzuführen. Es ist beabsichtigt diese Maßnahme<br />
bis zum 30.06.2022 zu befristen.
6 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />
Bundesfinanzministerium schafft Pommes-Erlass ab<br />
Das Bundesfinanzministerium streicht mit Schreiben vom 23.04.20<strong>18</strong> den sog. Pommes-Erlass. Als Grund nennt das<br />
Bundesfinanzministerium die Vermeidung des Risikos von Steuerausfällen. Die Änderung ist auf alle offenen Fälle<br />
anwendbar. Den deutschen Abnehmern räumt das Bundesfinanzministerium für den Vorsteuerabzug eine Übergangsfrist<br />
bis 31.12.20<strong>18</strong> ein.<br />
Beliefert ein im übrigen Gemeinschaftsgebiet ansässiger<br />
Lieferant Unternehmer in Deutschland, liegt<br />
grundsätzlich eine innergemeinschaftliche Lieferung<br />
vor. Ein innergemeinschaftliches Verbringen und eine anschließende<br />
Inlandslieferung sind grundsätzlich zumindest dann ausgeschlossen,<br />
wenn für den Lieferanten zum Zeitpunkt der Versendung<br />
im Ausland feststeht, wer der Abnehmer ist.<br />
Die Finanzverwaltung ließ in der Vergangenheit jedoch eine<br />
solche Behandlung der Umsätze aus Vereinfachungsgründen<br />
unter bestimmten Voraussetzungen zu. Den Namen „Pommes-Erlass“<br />
erhielt die Regelung aufgrund des erläuternden Beispiels im<br />
UStAE, in dem ein niederländischer Lieferant deutsche Abnehmer<br />
mit Pommes belieferte.<br />
Danach konnte der Lieferant seine Lieferungen gegenüber<br />
deutschen Kunden bisher mit deutscher <strong>Umsatzsteuer</strong> abrechnen.<br />
Die Vereinfachung ist vor allem bei kleineren Kunden hilfreich,<br />
die keine Erfahrungen mit dem Warenbezug aus dem<br />
übrigen Gemeinschaftsgebiet haben. Außerdem können die<br />
Lieferanten in gewissem Umfang die Herkunft der gelieferten<br />
Gegenstände verschleiern, da auf der Rechnung lediglich die<br />
deutsche USt-IdNr. des Lieferanten und nicht die des tatsächlichen<br />
Abgangslandes genannt werden muss.<br />
Das Bundesfinanzministerium streicht den Pommes-Erlass<br />
ersatzlos aus dem UStAE. Steht der Abnehmer der Lieferung bereits<br />
zum Zeitpunkt der Versendung fest, ist die Lieferung stets als<br />
innergemeinschaftliche Lieferung zu behandeln. Dies gilt grundsätzlich<br />
für alle noch offenen Fälle. Allerdings gewährt das Bundesfinanzministerium<br />
für den Vorsteuerabzug deutscher Abnehmer<br />
eine Übergangsfrist bis 31.12.20<strong>18</strong>. Bis zu diesem Zeitpunkt<br />
beanstandet es die deutsche Finanzverwaltung nicht, wenn die<br />
Abnehmer aus Rechnungen auf Grundlage des bisherigen Pommes-Erlasses<br />
Vorsteuern geltend machen.<br />
Das Bundesfinanzministerium entzieht mit der Streichung<br />
des Pommes-Erlasses der vereinfachten Abrechnung grundsätzlich<br />
mit sofortiger Wirkung die Rechtsgrundlage (auch für in der<br />
Vergangenheit liegende, noch offene Umsätze!).<br />
HINWEIS<br />
Betroffene Unternehmen müssen schnellstmöglich Fälle<br />
des Pommes-Erlasses identifizieren und ihre Abrechnungspraxis<br />
ändern. Für die Abnehmer dürfte dies in vielen<br />
Fällen kaum zu bewerkstelligen sein. Schließlich sind<br />
sie in der Vergangenheit von ihrem Lieferanten bewusst<br />
im Unklaren darüber gelassen worden, ob ein Fall des<br />
Pommes-Erlasses vorliegt. Im Zweifel sollten Unternehmer<br />
ihre im Ausland ansässigen Lieferanten kontaktieren, um<br />
zu klären, ob die Rechnungen des Lieferanten unter den<br />
Pommes-Erlass fallen. Denn spätestens mit Ablauf der<br />
Übergangsfrist liegt das Risiko ganz überwiegend nicht<br />
beim ausländischen Lieferanten, sondern beim deutschen<br />
Abnehmer. Dieses Risiko besteht dann insbesondere darin,<br />
dass die an den Lieferanten gezahlte <strong>Umsatzsteuer</strong> nicht<br />
als Vorsteuer abgezogen werden darf.
UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 7<br />
Umsetzung der „Gutschein-Richtlinie“<br />
Die Gutschein-Richtlinie (RL EU 2016/1065) soll im Rahmen des Jahressteuergesetzes 20<strong>18</strong> in nationales Recht umgesetzt<br />
werden. Die wesentlichen Regelungen zum Gutschein werden sich in § 3 Absatz 13 bis 15 des <strong>Umsatzsteuer</strong>gesetzes<br />
befinden. Durch die neuen Vorschriften wird die umsatzsteuerliche Behandlung von sog. Einzweck- und<br />
Mehrzweckgutscheinen EU-einheitlich geregelt. Die neuen Regelungen sollen auf Gutscheine Anwendung finden,<br />
die nach dem 31. Dezember 20<strong>18</strong> ausgestellt werden.<br />
Zukünftig wird die Begrifflichkeit des „Gutscheins“ gesetzlich<br />
definiert: Als Gutscheine im umsatzsteuerlichem<br />
Sinn wird ein Instrument angesehen,<br />
1. bei dem die Verpflichtung besteht, es als (teilweise) Gegenleistung<br />
für eine Leistung anzunehmen und<br />
2. bei dem der Leistungsgegenstand oder die Identität des leistenden<br />
Unternehmens entweder auf dem Instrument selbst<br />
oder in damit zusammenhängenden Unterlagen, einschließlich<br />
der Nutzungsbedingungen, angegeben sind.<br />
Nicht zu den Gutscheinen gehören sog. Preisnachlass- und Erstattungsgutscheine.<br />
Damit fallen Gutscheine oder Coupons, die zu<br />
Rabatten oder Vergütungsansprüchen berechtigen, nicht unter<br />
die neuen Regelungen.<br />
Der umsatzsteuerliche Gutschein wird durch den Gesetzgeber<br />
in Einzel- und Mehrzweckgutscheine unterteilt. Für beide Kategorien<br />
gelten jeweils unterschiedliche Rechtsfolgen:<br />
Als Einzweckgutscheine gelten Gutscheine, bei dem der Liefer-<br />
bzw. der Leistungsort und die geschuldete <strong>Umsatzsteuer</strong> für<br />
die im Gutschein verkörperte Leistung zum Zeitpunkt der Ausstellung<br />
des Gutscheins bereits feststehen. Damit umfasst der<br />
Einzweckgutschein vor allem bereits konkretisierte Leistungen.<br />
Ein mögliches Beispiel ist die Ausgabe eines Gutscheins einer Autowaschstraße,<br />
der zu einer viermaligen Autowäsche berechtigt.<br />
Für Einzweckgutscheine gilt die umsatzsteuerliche Fiktion,<br />
dass bereits die Übertragung des Gutscheins als Ausführung<br />
der im Gutschein verkörperten Leistung gilt. <strong>Umsatzsteuer</strong>liche<br />
Konsequenzen sind daher bereits bei Abgabe des Gutscheins zu<br />
ziehen. Wird der Einzweckgutschein nicht durch den eigentlichen<br />
Leistenden, sondern durch einen Dritten an den Kunden übertragen,<br />
ist wie folgt zu unterscheiden:<br />
• Tritt der Dritte im eigenen Namen auf, kommt es zu einer Leistungskette.<br />
Durch die Übertragung des Gutscheins auf den<br />
Kunden erbringt der Dritte die im Gutschein verkörperte Leistung.<br />
• Tritt der Dritte dagegen unter fremden Namen als Vermittler<br />
auf, schuldet nicht der Vermittler, sondern derjenige, in dessen<br />
Namen der Gutschein verkauft worden ist, die <strong>Umsatzsteuer</strong><br />
für die im Gutschein verkörperte Leistung.<br />
Als Mehrzweckgutscheine gelten alle Gutscheine, die nicht die<br />
Voraussetzungen für Einzweckgutscheine erfüllen.<br />
Die Ausgabe eines Mehrzweckgutscheins, unterliegt – anders<br />
als bei dem Einzweckgutschein – noch nicht der <strong>Umsatzsteuer</strong>.<br />
Zu umsatzsteuerlichen Konsequenzen kommt es erst bei Ausführung<br />
der im Gutschein verkörperten Leistung. Hierunter dürften<br />
vor allen Wertschecks fallen, bei denen die Art der Leistung oder<br />
der Leistungsort noch nicht vorgegeben ist.<br />
HINWEIS<br />
Im Ergebnis ist gesetzliche Klarstellung zur umsatzsteuerlichen<br />
Behandlung von Gutscheinen zu begrüßen. Betroffene<br />
Unternehmen sollten prüfen, ob die derzeitige<br />
Behandlung von Gutscheinen mit den zukünftigen Regelungen<br />
übereinstimmt. In der Praxis kann es zu Überraschungen<br />
kommen. Ob das Bundesfinanzministerium im<br />
angekündigten Erläuterungsschreiben eine Übergangsfrist<br />
zulassen wird, ist daher fraglich. Hier verschafft das<br />
in Aussicht gestellte Verwaltungsschreiben hoffentlich<br />
Abhilfe. Bis dahin erscheint es in Grenzfällen empfehlenswert,<br />
auf Einzweckgutscheine zu verzichten.
8 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />
Vorsteuerabzug einer<br />
Holdinggesellschaft für<br />
Beteiligungserwerb bei<br />
steuerpflichtig erbrachten<br />
Vermietungsleistungen an<br />
Tochtergesellschaften 1<br />
Eine Holding, deren Zweck sich auf das Halten und Verwalten<br />
gesellschaftsrechtlicher Beteiligungen beschränkt<br />
und die keine Leistungen gegen Entgelt erbringt (sog.<br />
Finanzholding), ist nicht Unternehmer im Sinne des § 2<br />
UStG. Demgegenüber ist eine Holding, die im Sinne<br />
einer einheitlichen Leitung aktiv in das laufende Tagesgeschäft<br />
ihrer Tochtergesellschaften eingreift (sog. Führungs-<br />
oder Funktionsholding), unternehmerisch tätig.<br />
buchführerischen, finanziellen, kaufmännischen, der Informatik<br />
zuzuordnenden und technischen Dienstleistungen der Holdinggesellschaft<br />
für ihre Tochtergesellschaften (nicht abschließende<br />
Aufzählung).<br />
Die Mehrwertsteuersystemrichtlinie (MwStSystRL) ist dahin<br />
auszulegen, dass eine steuerpflichtige, nachhaltige gegen Entgelt<br />
erbrachte Vermietung durch eine Holdinggesellschaft an ihre<br />
Tochtergesellschaft einen „Eingriff in die Verwaltung“ der Tochtergesellschaft<br />
darstellt, der als wirtschaftliche Tätigkeit anzusehen<br />
ist, so dass ein Vorsteuerabzug aus Eingangsleistungen im Rahmen<br />
eines Beteiligungserwerbs gegeben ist.<br />
Ausnahmefall missbräuchliche Praxis: Nach ständiger Rechtsprechung<br />
kann das Recht auf Vorsteuerabzug versagt werden,<br />
wenn aufgrund der objektiven Sachlage feststeht, dass es in betrügerischer<br />
Weise oder missbräuchlich geltend gemacht wird.<br />
Ein Recht auf Vorsteuerabzug aus Leistungen im Zusammenhang<br />
mit dem Einwerben von Kapital zur Anschaffung einer gesellschaftsrechtlichen<br />
Beteiligung besteht für den Unternehmer<br />
(insbesondere für eine Holding) jedoch nicht, soweit das eingeworbene<br />
Kapital in keinem Verhältnis zu der im unternehmerischen<br />
Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligung<br />
steht, oder wenn die Umsätze, die dieses Recht begründen sollen,<br />
eine missbräuchliche Praxis darstellen.<br />
Wird eine Holding nur gegenüber einigen<br />
Tochtergesellschaften geschäftsleitend tätig,<br />
während sie Beteiligungen an anderen<br />
Tochtergesellschaften lediglich hält und verwaltet (sog. gemischte<br />
Holding), hat sie sowohl einen unternehmerischen als auch<br />
einen nichtunternehmerischen Bereich.<br />
Vorsteuern, die im Zusammenhang mit den im unternehmerischen<br />
Bereich gehaltenen gesellschaftsrechtlichen Beteiligungen<br />
anfallen, sind unter den allgemeinen Voraussetzungen des<br />
§ 15 UStG abziehbar. Hält der Unternehmer (z. B. eine gemischte<br />
Holding) daneben auch gesellschaftsrechtliche Beteiligungen<br />
im nichtunternehmerischen Bereich, sind Eingangsleistungen,<br />
die sowohl für den unternehmerischen Bereich als auch für den<br />
nichtunternehmerischen Bereich bezogen werden (z. B. allgemeine<br />
Verwaltungskosten der Holding, allgemeine Beratungskosten,<br />
Steuerberatungskosten usw.) für Zwecke des Vorsteuerabzugs<br />
aufzuteilen.<br />
Eine wirtschaftliche Tätigkeit i.S. einer Führungs- bzw. Funktionsholding<br />
ist u.a. gegeben beim Erbringen von administrativen,<br />
Kein Vorsteuerabzug für<br />
betrieblichen Luxussportwagen<br />
Im konkreten Sachverhalt erwarb ein Gebäudereinigungsunternehmen<br />
einen Lamborghini Aventador LP<br />
700-4 zum Preis von EUR 250.819,99 und überließ ihn –<br />
zur Kundenakquise im Bereich der Sportwagenbranche<br />
– seinem Geschäftsführer.<br />
Gem. dem Urteil vom FG Hamburg 2 ist der Vorsteuerabzug<br />
regelmäßig zu versagen, wenn ein<br />
Luxussportwagen angeschafft wird, der nahezu<br />
ausschließlich vom Geschäftsführer genutzt und ein besonderes,<br />
1 EuGH-Urteil vom 05.07.20<strong>18</strong>, DStR 20<strong>18</strong>, 1713<br />
2 FG Hamburg v. 12.4.<strong>18</strong> (2 V 10/<strong>18</strong>)
UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 9<br />
ausnahmsweise anzuerkennendes betriebliches Interesse nicht<br />
dargelegt wird. Der vorbezeichnete Fall war Streitgegenstand<br />
einer <strong>Umsatzsteuer</strong>sonderprüfung. Ein weitaus größerer Teil von<br />
ähnlich gelagerten Fallgestaltungen dürfte sich i.R. von Betriebsprüfungen<br />
bzw. bei Beachtung des ertragsteuerlichen Betriebsausgabenabzugsverbots<br />
gem. § 4 Abs. 5 S. 1 Nr. 7 EStG ergeben.<br />
Nach h.M. besteht ein Gleichauf zwischen der umsatzsteuerlichen<br />
und der einkommensteuerlichen Würdigung. Daraus folgt<br />
eine Analogie hinsichtlich der unternehmerisch veranlassten Aufwendungen<br />
– der Einordnung „dem Grund nach“.<br />
Anberaumtes Ziel der Neufassung der Norm des § 4 Abs. 5<br />
EStG in 1953 (§ 4 Abs. 4 EStG a.F.) war die Bekämpfung „offensichtliche[r]<br />
Auswüchse bei der Betriebsausgabengestaltung“.<br />
Die Frage der Unangemessenheit des Aufwands kann nicht<br />
durch das Gesetz beantwortet werden und unterliegt grds. auch<br />
keiner Angemessenheitskontrolle. Die Rechtsprechung hat jedoch<br />
Beurteilungskriterien entwickelt, wonach insbesondere<br />
unter Berücksichtigung von Gewinn und Umsatz darauf abzustellen<br />
ist, ob ein ordentlicher und gewissenhafter Unternehmer den<br />
Aufwand angesichts der erwarteten Vorteile und Kosten ebenfalls<br />
auf sich genommen hätte.<br />
Diesem Beurteilungsmaßstab schloss sich das FG Hamburg<br />
an und nannte im vorliegenden Fall neben der Größe des Unternehmens,<br />
der Höhe des längerfristigen Umsatzes und Gewinns,<br />
vornehmlich die Bedeutung des Repräsentationsaufwands für<br />
den Geschäftserfolg. Speziell für letzteres Kriterium konnte der<br />
Beklagte im Urteilsfall nicht glaubhaft machen, dass die Nutzung<br />
des Luxusfahrzeugs durch den Geschäftsführer zur Kundenakquise<br />
erforderlich war. Zudem stünden die Anschaffungskosten<br />
in Relation zum Betriebsergebnis (2016: EUR 86.420,04; 2017: EUR<br />
108.394,89) in einem deutlichen Missverständnis.<br />
Daher erwies sich gem. FG Hamburg der streitige Aufwand<br />
nach der allgemeinen Verkehrsauffassung als unangemessen.<br />
FAZIT<br />
Das Urteil des FG Hamburg überrascht weder in der Sache,<br />
noch bzgl. der Argumentation. Vielmehr verweist es auf die<br />
seit Jahren herrschende Auffassung des BFH. Praktische Bedeutung<br />
hat das Abzugsverbot insbesondere bei hochpreisigen<br />
Wirtschaftsgütern. Neben der teilweisen Versagung<br />
des Vorsteuerabzugs können auch die für den ertragsteuerlichen<br />
Bereich relevanten Anschaffungskosten bzw. der<br />
Werteverzehr in Form der AfA – nach Wortlaut des § 4 Abs.<br />
5 S. 1 Nr. 7 EStG („soweit“) nur in Höhe der angemessenen<br />
Aufwendungen – steuermindernd berücksichtigt werden.<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong> für Anzahlungen im Zusammenhang mit<br />
Bauleistungen: Wann geht die Steuerschuldnerschaft auf<br />
den Leistungsempfänger über?<br />
Führt ein Unternehmer Bauleistungen an einen anderen Unternehmer aus und erbringt der andere Unternehmer<br />
selbst nachhaltig Bauleistungen, schuldet der andere Unternehmer als Leistungsempfänger die <strong>Umsatzsteuer</strong>. Die<br />
Rechnung ist ohne <strong>Umsatzsteuer</strong>ausweis auszustellen und mit einem Hinweis auf den Übergang der Steuerschuldnerschaft<br />
auf den Leistungsempfänger zu versehen.<br />
Das Bundesfinanzministerium hat für diese Fälle<br />
mit Schreiben vom <strong>18</strong>.05.20<strong>18</strong> die Regelungen<br />
zur <strong>Umsatzsteuer</strong> auf Anzahlungen geändert.<br />
Falls die Voraussetzungen für den Übergang der Steuerschuldnerschaft<br />
auf den Leistungsempfänger im Zeitpunkt der Vereinnahmung<br />
der Anzahlung noch nicht vorliegen, schuldet der<br />
leistende Unternehmer die <strong>Umsatzsteuer</strong>. Wenn der Leistungsempfänger<br />
im Zeitpunkt der Leistungserbringung die Voraussetzungen<br />
für den Übergang der Steuerschuldnerschaft dagegen<br />
mittlerweile erfüllt, bleibt die bisherige Besteuerung der Anzahlungen<br />
beim leistenden Unternehmer weiterhin bestehen. Der<br />
Leistungsempfänger kann einen ggf. bereits geltend gemachten
10 / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / UMSATZSTEUER<br />
Vorsteuerabzug auf Grund der Anzahlung unverändert bestehen<br />
lassen.<br />
Die Änderung tritt mit sofortiger Wirkung für alle offenen<br />
Sachverhalte in Kraft. Es wird aber nicht beanstandet, die bisherige<br />
Fassung für bis zum 31.12.20<strong>18</strong> geleistete Anzahlungen anzuwenden.<br />
HINWEIS<br />
Das Bundesfinanzministerium-Schreiben hat zur Folge,<br />
dass jeweils gesondert für die Anzahlungen und die<br />
Schlussrechnung zu prüfen ist, wer Steuerschuldner ist.<br />
Eine einheitliche Behandlung ist nicht vorgesehen, so dass<br />
Anzahlungsrechnungen nicht nachträglich an die Besteuerung<br />
in der Schlussrechnung anzupassen sind.<br />
Leistungszeitpunkt einer<br />
Rechnung kann sich aus<br />
Ausstellungsdatum ergeben<br />
Der Bundesfinanzhof hat sich im Urteil vom 1. März<br />
20<strong>18</strong> mit der Frage beschäftigt, ob ein Vorsteuerabzug<br />
möglich ist, wenn eine Rechnung nicht alle erforderlichen<br />
gesetzlichen Pflichtangaben enthält. Fraglich<br />
waren insbesondere der anzugebende Leistungszeitpunkt<br />
sowie die Leistungsbezeichnung.<br />
Im zu Grunde liegenden Urteilsfall hatte das zuständige Finanzamt<br />
den Vorsteuerabzug aus einer Vielzahl von Rechnungen,<br />
bei denen es unter anderem um den Erwerb von<br />
PKW ging, verwehrt. Die Rechnungen enthielten keine Angaben<br />
zur Steuernummer des leistenden Unternehmens sowie zum Teil<br />
nur unzureichende Leistungsbeschreibungen wie „Werbungskosten<br />
(lt. Absprache) „Akquisitionsaufwand“ oder „Überführungsund<br />
Reinigungskosten“. Auch das jeweilige Leistungsdatum ging<br />
aus den Rechnungen nicht hervor.<br />
Die Angabe der Steuernummern wurden nachträglich nachgeholt.<br />
Das Finanzamt ging jedoch davon aus, dass der Vorsteuerabzug<br />
dann erst für das Jahr der Berichtigung zustünde.<br />
Der Bundesfinanzhof dagegen stellt in Übereinstimmung mit<br />
der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs klar, dass<br />
eine rückwirkende Rechnungsberichtigung immer dann möglich<br />
ist, wenn die ursprüngliche Rechnung mindestens Angaben<br />
zum Rechnungsaussteller, zum Leistungsempfänger, zum Entgelt<br />
und zur gesondert auszuweisenden <strong>Umsatzsteuer</strong> sowie eine<br />
Leistungsbeschreibung enthält. Die fehlenden Steuernummern<br />
konnten also nachträglich mit Rückwirkung auf den Zeitpunkt<br />
der erstmaligen Rechnungserteilung berichtigt werden. Eine solche<br />
Berichtigung kann bis zum Ende der letzten mündlichen Verhandlung<br />
im finanzgerichtlichen Verfahren erfolgen.<br />
Die Rechnungen mit unzureichenden Leistungsbeschreibungen<br />
dagegen wurden nicht berichtigt und berechtigten damit<br />
auch nicht nachträglich zum Vorsteuerabzug.<br />
Hinsichtlich des nicht angegebenen Leistungszeitpunkts dagegen<br />
erkannte das Gericht überhaupt keinen Mangel: Gemäß<br />
<strong>Umsatzsteuer</strong>-Durchführungsverordnung kann als Zeitpunkt<br />
auch der Kalendermonat angegeben werden, in dem die Leistung<br />
erbracht worden ist. Dieser kann sich aus dem Ausstellungsdatum<br />
der Rechnung ergeben, wenn nach den Verhältnissen des<br />
Einzelfalls davon auszugehen ist, dass die Leistung im gleichen<br />
Monat ausgeführt worden ist. Dieses sei insbesondere bei einmaligen<br />
Liefervorgängen über PKW branchenüblich. Bei einer<br />
Überprüfung des Vorsteuerabzugs seien die erforderlichen Rechnungsangaben<br />
entsprechend auszulegen.<br />
HINWEIS<br />
Da die Versagung des Vorsteuerabzugs aus formalen<br />
Gründen bei Betriebsprüfungen zu den häufigsten Feststellungen<br />
gehört kann die Kenntnis dieses Urteils im Einzelfall<br />
hilfreich sein.
UMSATZSTEUER / Nr. 2 – 20<strong>18</strong> / 11<br />
Gebrauchtwagenhändler<br />
umsatzsteuerliche<br />
Kleinunternehmer?<br />
Konkret ist die Frage anhängig, wie sich der Gesamtumsatz<br />
bei der Kleinunternehmerregelung im Fall<br />
einer Differenzbesteuerung nach § 25a ÜStG ermittelt.<br />
Fraglich ist, ob die Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie<br />
(MwStSystRL) dahingehend auszulegen ist, dass in diesem<br />
Fall nur auf die Differenzumsätze (Handelsspanne)<br />
und nicht auf die Gesamteinnahmen abzustellen ist.3<br />
Die Problematik dieser Fragestellung entsteht<br />
durch das „Aufeinanderlegen“ der Norm der Differenzbesteuerung<br />
(Art. 315 MwStSystRL; national:<br />
§ 25a UStG) sowie der durch den europäischen Gesetzgeber<br />
als "Kann"-Vorschrift ausformulierten Regelung hinsichtlich des<br />
Kleinunternehmers findet (Art. 288 MwStSystRL national: § 19<br />
UStG)<br />
Während bei letzterer Regelung insbesondere der ökonomische<br />
Gedanke im Vordergrund steht – es handelt sich um eine<br />
Vereinfachungsregelung dergestalt, dass Unternehmer unter<br />
einer bestimmten Umsatzgrenze zur Nichterhebung optieren<br />
können – besteht bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen<br />
eine Pflicht zur Anwendung der Differenzbesteuerung.<br />
Zunächst ist festzuhalten, dass die Differenzbesteuerung<br />
die Anwendung der Kleinunternehmerregel nicht ausschließt.<br />
Insoweit findet die Vereinfachungsregelung dem Grunde nach<br />
Anwendung. Streitig ist lediglich, was die Bemessungsgrundlage<br />
des Umsatzes darstellt. Gemäß Auffassung der Finanzverwaltung<br />
bestimmt sich der Gesamtumsatz nach dem vereinnahmten<br />
Entgelt und nicht nach dem Differenzbetrag.<br />
Das FG Köln (9 K 667/14) ist in erster Instanz jedoch zu einem anderen<br />
Ergebnis gekommen. Nach Auslegung der Richter sei für<br />
die Ermittlung des Gesamtumsatzes nach § 19 UStG lediglich die<br />
Handelsspanne/Marge heranzuziehen. Zu diesem Ergebnis neigt<br />
auch der BFH, wenngleich er es wegen Zweifel an der zutreffen-<br />
den Auslegung Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie für erforderlich<br />
hält, den EuGH um eine Vorabentscheidung zu ersuchen.<br />
Gem. Art. 288 Nr. 1 MwStSystRL ist die Bemessungsgrundlage<br />
des Umsatzes der Betrag der Lieferungen soweit diese besteuert<br />
werden, demgemäß nicht steuerfrei. Beschränkt wird der<br />
Umfang der Besteuerung durch die klare Definition des Art. 315<br />
MwStSystRL, wonach die Differenz (Handelsspanne) des steuerpflichtigen<br />
Wiederverkäufers der Unterschied zwischen dem Verkaufspreis<br />
und dem Einkaufspreis des Gegenstands ist.<br />
Im deutschen <strong>Umsatzsteuer</strong>gesetz wurde die Formulierung<br />
aus der Mehrwertsteuer-Systemrichtlinie nicht übernommen.<br />
Der in § 19 Abs. 1 S. 1 UStG normierte, für die Umsatzgrenze maßgebliche<br />
Umsatz, ist der nach vereinnahmten Entgelten bemessene<br />
Gesamtumsatz. Der nationale Gesetzgeber unterscheidet<br />
folglich nicht zwischen einer bereits erfolgten „Vor“-Belastung<br />
mit <strong>Umsatzsteuer</strong>.<br />
Analysiert man die in nationalen Recht durch den europäischen<br />
Gesetzgeber umgesetzte Intention in den Fällen, in denen<br />
die Differenzbesteuerung keine Anwendung findet wird deutlich,<br />
dass dies für Fälle gilt, in denen der Liefergegenstand durch die<br />
Steuerbefreiung auf der Vorstufe in vollem Umfang von der <strong>Umsatzsteuer</strong><br />
entlastet wurde. Folglich sind jene Veräußerungsvorgänge<br />
der Regelbesteuerung zu unterwerfen, um eine vollständige<br />
Belastung herzustellen. Wurde der Umsatz jedoch bereits<br />
über die Wertschöpfungskette hinweg mit <strong>Umsatzsteuer</strong> „vor“belastet<br />
– was ganz offensichtlich beim Erwerb des PKWs durch<br />
einen Nichtunternehmer geschehen ist – kann zur Wahrung des<br />
Neutralitätsgedankens beim Weiterverkauf des Fahrzeugs durch<br />
den Gebrauchtwagenhändler die Besteuerung lediglich für den<br />
Mehrwert erfolgen, folglich für die Handelsspanne.<br />
HINWEIS<br />
Es bleibt abzuwarten, wie sich der EuGH zu dieser Vorlagefrage<br />
äußern wird. U.E. kann es unter Berücksichtigung<br />
des Unionsrechts keine Abweichung zur Auffassung des<br />
FG Köln bzw. des BFH geben. Folglich hätte der deutsche<br />
Gesetzgeber die nationale Norm des § 19 UStG anzupassen,<br />
streng genommen Art. 288 Nr. 1 MwStSystR im Wortlaut<br />
zu übernehmen. Entgegen der Verwaltungsansicht<br />
kann die vereinfachende Kleinunternehmerregelung von<br />
einen größeren Kreis umsatzsteuerlicher Unternehmer genutzt<br />
werden.<br />
3 BFH Vorlagebeschluss v. 07.02.20<strong>18</strong> (XI R 7/16)
Kontakt & Anfragen<br />
Sekretariat: Telefon: (040) 37601-2405. Sprechen Sie uns bei Fragen oder<br />
weiterem Beratungsbedarf gern an – wir freuen uns über Ihre Nachricht.<br />
Dr. Mario Wagner<br />
Steuerberater, Partner<br />
mario.wagner@schomerus.de<br />
Schomerus ist Mitglied von HLB Deutschland mit 22 selbstständigen und unabhängigen Mitgliedsfirmen mit insgesamt über<br />
37 Büros quer durch Deutschland. 235 Partner und 1.872 Berufsträger und Mitarbeiter kümmern sich um die Belange der meist<br />
mittelständischen Mandanten.<br />
„Global Care” gewährleisten wir durch unsere Mitgliedschaft bei HLBI, dem internationalen Netzwerk unabhängiger Wirtschaftsprüfungs-<br />
und Steuerberatungsgesellschaften mit 500 Büros in mehr als 130 Ländern und damit Präsenz in allen bedeutenden<br />
Wirtschaftszentren rund um den Globus.<br />
Schomerus & Partner ist Mitglied von HLB International. Ein weltweites Netzwerk unabhängiger Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaften.<br />
Schomerus ist Gründungsmitglied von HLB Deutschland.<br />
1924 gegründet, hat Schomerus schon früh die Verbindung mit anderen Wirtschaftsprüfungs gesellschaften gesucht und die<br />
gemeinsame Kraft genutzt, um zu wachsen und sich zu einem der führenden Anbieter von Prüfungs-, Rechtsberatungs- und<br />
Steuerberatungs dienstleistungen im norddeutschen Raum zu entwickeln.<br />
Heute umfasst Schomerus fünf Gesellschaften, die bundesweit auf den Feldern Steuerberatung, Rechtsberatung, Wirtschaftsprüfung<br />
und Strategieberatung tätig sind.<br />
Schomerus & Partner mbB<br />
Steuerberater · Rechtsanwälte · Wirtschaftsprüfer<br />
Deichstraße 1 · 20459 Hamburg<br />
www.schomerus.de<br />
Alle Informationen und Angaben in diesem Rundschreiben haben wir nach<br />
bestem Wissen zusammengestellt. Sie erfolgen jedoch ohne Gewähr. Die Informationen<br />
in diesem Rundschreiben sind als alleinige Handlungsgrundlage<br />
nicht geeignet und können eine konkrete Beratung im Einzelfall nicht ersetzen.<br />
Wir bitten Sie, sich für eine verbindliche Beratung bei Bedarf direkt mit uns in<br />
Verbindung zu setzen. Durch das Abonnement dieses Rundschreibens entsteht<br />
kein Mandatsverhältnis. Redaktionsschluss: 10. 12. 20<strong>18</strong>