Wer per Email eine Rechnung an seine Kund*innen schickt, der kann doch gleich auch um eine positive Fünf-Sterne-Bewertung bei Social-Media-Plattformen bitten? So könnte man annehmen und sich nichts dabei denken. Schließlich wird der Kunde oder die Kundin nur dann von einer positiven Bewertung Gebrauch machen, wenn er von der Dienstleistung oder dem Produkt überzeugt gewesen ist. Aber nein, so einfach ist es nicht. Ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH) verdeutlicht, dass der Bitte um solche Bewertungen enge Grenzen gesetzt sind.

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Bitte um Bewertung bei Amazon wird als Werbung gewertet

Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat nun bestätigt, dass eine Bitte um positives Feedback auf Social-Media- und Bewertungsplattformen nicht einfach per Email an Verbraucher versendet werden darf. Eine solche Kundenzufriedenheitsbefragung wird nämlich als Werbung gewertet - und damit als unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre der Kunden. Das gilt explizit auch dann, wenn die Bitte um Feedback Teil einer Rechnung ist.

Im konkreten Rechtsstreit hatte ein Online-Händler ein Ultraschallgerät zur Ungeziefervernichtung an einen Mann verkauft. Der Verkauf erfolgte über Amazon, ohne dass der Käufer eine automatische Rechnung erhielt. Diese wurde ihm vom Händler wenige Tage später separat per Mail gesendet. Die Rechnung enthielt auch die Bitte, bei Amazon ein positives Kundenfeedback zu hinterlassen.

Konkret schrieb der Händler im standardisierten Anschreiben: “Sehr geehrte Damen und Herren, anbei erhalten Sie Ihre Rechnung im PDF-Format. Vielen Dank, dass Sie den Artikel bei uns gekauft haben. Wir sind ein junges Unternehmen und deshalb auf gute Bewertungen angewiesen. Deshalb bitten wir Sie darum, wenn Sie mit unserem Service zufrieden waren, uns für Ihren Einkauf eine 5-Sterne Beurteilung zu geben.“

Unerlaubter Eingriff in die Privatsphäre

Das aber war dem Käufer bereits zu viel. Er sah in dem Anschreiben eine unerlaubte Zusendung von Werbung, die in seine allgemeinen Persönlichkeitsrechte eingreife, und klagte auf Unterlassung. Mit Erfolg: nachdem die Klage in den beiden Vorinstanzen abgeblitzt ist, gaben ihm die Richter des Bundesgerichtshofes schließlich recht. Der Händler darf die Formulierung künftig nicht mehr ungefragt an seine Kund*innen senden. Wenn er es doch macht, kann das richtig weh tun: Er muss dann ein Ordnungsgeld bis 250.000 Euro abtreten.

„Die Bitte um eine Bewertung ist für den BGH Werbung und die darf ein Unternehmen nur verschicken, wenn es die Einwilligung des Kunden dafür hat“, erklärt Rechtsanwalt Norbert B. Bernhardi von der Deutschen Anwaltshotline, die aktuell auf den Richterspruch aufmerksam macht. Eine solche Werbung ungefragt zu verschicken, werde als Eingriff in die Privatsphäre und als rechtswidrig betrachtet. Der Händler müsse dafür vorher die Einwilligung des Kunden einholen beziehungsweise ihm die Möglichkeit geben, der Werbung zu widersprechen.

Relevant ist dieses Urteil auch für Versicherungsvermittler. 81 Prozent der Vermittler lassen ihre Produkte und Dienstleistungen online von Kunden bewerten oder holen Rückmeldungen ein, so ergab 2017 eine nicht repräsentative Umfrage des Versicherungsboten. 70 Prozent nutzen ganz konkret eine Bewertungsplattform. Hier gilt: Die Bitte um positives Kundenfeedback sollte nur von Kund*innen eingeholt werden, die ihr Okay für den Erhalt von Werbung gegeben haben.

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Dabei ist es keineswegs notwendig, für jedes Anschreiben um Erlaubnis des Kunden zu bitten. Entscheidend ist bereits der erstmalige Kontakt, präzisiert der BGH im Urteilstext: "In § 7 Abs. 3 UWG hat der Gesetzgeber zwar die Voraussetzungen einer Werbung unter Verwendung elektronischer Post nach Abschluss einer Verkaufstransaktion über das Internet für den Unternehmer mit der Erleichterung geregelt, dass eine Werbung für ähnliche Produkte oder Dienstleistungen auch ohne ausdrückliche Einwilligung des Adressaten zulässig ist. Dies setzt jedoch voraus, dass bereits bei der Erhebung der E-Mail-Adresse des Kunden (und bei jeder weiteren Verwendung) ein klarer und deutlicher Hinweis darauf erfolgt ist, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen (§ 7 Abs. 3 Nr. 4 UWG)".

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