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4,3 Milliarden Euro EU verhängt Rekordstrafe gegen Google

Die EU-Kommissarin Margrethe Vestager verdonnert Google zu einer Wettbewerbsstrafe in Milliardenhöhe. In dem Verfahren geht es um das beliebte Smartphone-Betriebssystem Android. Google wehrt sich sofort.
Margrethe Vestager

Margrethe Vestager

Foto: Francois Lenoir/ REUTERS

4,3 Milliarden Euro: Mit dieser neuen Rekordstrafe geht EU-Wettbewerbskommissarin Margrethe Vestager gegen Google vor.

Durch "illegale Beschränkungen" für die Nutzung des mobilen Betriebssystems Android habe Google die marktbeherrschende Stellung seiner Suchmaschine zementiert, begründet Vestager auf Twitter die Strafe. Der Konzern müsse sein Geschäftsmodell nun ändern. Hunderte Millionen Nutzer wären betroffen.

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Wettbewerbern sei die Möglichkeit genommen worden, innovativ und konkurrenzfähig zu sein, und Verbraucher seien um die Vorteile eines wirksamen Wettbewerbs gebracht worden, erklärte Vestager in Brüssel. Zur Höhe der Strafe sagte sie: "Ich denke, das ist eine hohe Geldsumme. Aber wenn man auf den Anteil am Umsatz schaut, dann ist es im Rahmen dessen, was wir üblicherweise verhängen. Vielleicht ein bisschen am höheren Ende, aber nicht spektakulär in der Hinsicht."

Lässt Google nicht rasch mehr Konkurrenz auf Geräten mit dem Android-System zu, drohen Vestager zufolge noch weitere hohe Zahlungen. Sie setzte Google eine Frist von 90 Tagen.

Google kündigt Berufung an

Google hat bereits auf die Entscheidung reagiert: "Android hat die Auswahl für alle vergrößert, nicht verkleinert. Ein dynamisches Ökosystem, ein hohes Innovationstempo und niedrige Preise sind klassische Merkmale eines starken Wettbewerbs. Wir werden gegen die Entscheidung der Kommission Berufung einlegen", teilte ein Sprecher mit.

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Das Verfahren der EU-Kommission läuft seit 2015 und dreht sich um den in Vestagers Tweet aufgegriffenen Vorwurf, Google missbrauche seine Marktmacht. Auf etwa 86 Prozent  der im Jahr 2017 weltweit verkauften Smartphones war Android installiert.

Anders als etwa das mobile Betriebssystem von Apple, iOS, ist Android ein sogenanntes Open-Source-System und läuft auf Geräten unterschiedlicher Hersteller wie etwa Samsung. Sie können Android ohne Lizenzgebühr installieren. Google macht den Quellcode offen zugänglich, weshalb das Betriebssystem unter bestimmten Bedingungen auch abgewandelt werden darf.

Hersteller müssen ganze App-Gruppen vorinstallieren

Die Kommission stört sich unter anderem daran, dass diese Hersteller immer ein komplettes App-Paket des Internetkonzerns auf die Geräte bringen müssen, sobald sie einzelne Google-Dienste vorinstallieren wollen. So kämen zum Beispiel auch Googles Browser Chrome und die Google-Suche auf die Geräte, selbst wenn ein Hersteller zum Beispiel nur die App-Plattform Play Store installiert. "Die große Mehrheit der Nutzer nimmt, was mit dem Gerät kommt", sagte Vestager hierzu.

Konzernvertreter von Google argumentierten in der Vergangenheit dagegen stets, ein Mindestangebot an Apps sei nötig, weil Nutzer Google-Dienste sonst nicht vernünftig einsetzen könnten.

Als zweiten Punkt kritisiert die Brüsseler Behörde die sogenannte "Antifragmentierungsvereinbarung". Sie sieht vor, dass Anbieter von Geräten mit Google-Diensten nicht gleichzeitig auch Smartphones mit abgewandelten Android-Versionen verkaufen können. Vestagers Beispiel zu diesem Kritikpunkt: Vor einigen Jahren habe Amazon sein abgewandeltes Android-System FireOS auch anderen Herstellern anbieten wollen. Sie seien interessiert gewesen - aber hätten FireOS nicht nutzen können, weil sie danach keine Geräte mit Google-Diensten mehr hätten anbieten können.

Der dritte Vorwurf der Kommission dreht sich darum, dass Google die Erlöse aus Werbung in der Such-App nur mit Geräte-Herstellern teile, wenn sie auf den Telefonen und Tablets Exklusivität genieße.

Insgesamt drei EU-Verfahren gegen Google

Die Summe von 4,3 Milliarden Euro ist die bislang höchste Wettbewerbsstrafe aus Brüssel für ein einzelnes Unternehmen. Im Jahr 2017 hatte die Kommission schon einmal eine Kartellstrafe von 2,42 Milliarden Euro gegen Google verhängt - damals Rekordwert. In dem Kartellverfahren war es um Googles Shopping-Dienst gegangen.

In einem dritten Brüsseler Kartellverfahren befasst sich die Kommission, die in der EU als oberste Wettbewerbshüterin agiert, mit Googles Dienst "AdSense for Search". Damit können andere Internetseiten Google-Suchmasken einbinden. Unter anderem schränke der Konzern die Möglichkeiten dieser Anbieter ein, auch Werbung von Googles Rivalen anzuzeigen, kritisierte die Kommission.

Das Geld aus Kartellstrafen fließt in den EU-Haushalt. Die Fälle gehen aber oft jahrelang durch Gerichtsinstanzen.

gru/dpa/Reuters/AFP