In der Klasse 9 des Anne-Frank-Gymnasiums in Werne lesen die Schüler einen Text von Otfried Preußler – in der originalen und der überarbeiteten Fassung. Lehrerin Katrin Beimdiek bespricht mit ihnen, welche Wörter geändert wurden. "Ein Schüler meinte, dass das Wort 'Indianer' auch nicht mehr benutzt wird, obwohl es in unserer überarbeiteten Fassung noch im Text stand", erzählt die Deutschlehrerin. "Ich habe zwei Schüler gebeten, sich die Handys zu schnappen und nachzuschauen." Nach kurzer Zeit wurden sie fündig: "Indianer" wird in der neuesten Version tatsächlich nicht mehr verwendet.

Mit dem Smartphone lernen ist für die Werner Schule fast schon altmodisch. Seit vier Jahren werden Fünftklässler zu Schulbeginn ausgestattet: Jeder bekommt ein eigenes iPad, das in fast allen Fächern eingesetzt wird. In den Pausen dürfen die Schüler uneingeschränkt telefonieren, Nachrichten schreiben oder online spielen. "Wir wollen mit den neuen Medien so offen umgehen, wie es auch die Gesellschaft tut", sagt die stellvertretende Schulleiterin Elisabeth Greber.

So digital geht es längst nicht an allen deutschen Schulen zu. Nur knapp die Hälfte der 12- bis 19-Jährigen verwenden Smartphones zumindest manchmal im Unterricht. Mit Tablets hat laut der Studie "Jugend, Information, (Multi-)Media" des Medienpädagogischen Forschungsverbundes Südwest von 2017 nur jeder Fünfte Erfahrungen in der Schule gesammelt.

Die Zahlen spiegeln wieder, wie gespalten Wissenschaftler und Lehrer im Konflikt um den richtigen Umgang mit Mobilgeräten sind. Während der eine Teil darauf setzt, Kinder durch die aktive Nutzung medienkompetent zu machen und zu motivieren, verhängen viele Schulen Tabus. In Bayern etwa ist die Nutzung von Handys seit 2006 per Gesetz verboten, in anderen Bundesländern entscheiden sich einige Schulen freiwillig für ähnliche Regeln. Sie fürchten Ablenkung, Abkapselung und Cybermobbing.

Für Cybermobbingattacken wird meistens das Handy genutzt

Monika Raabe, Schulleiterin an einer Gesamtschule in Köln-Mülheim, hat in ihrer Lehrerkarriere viele Fälle von Cybermobbing erlebt. Einmal fotografierten Schüler einen anderen unter der Toilettentür hindurch und luden das Foto im Internet hoch. Andere richteten im Netz eine sogenannte Hate-Seite ein, auf der Stimmung gemacht wurde gegen einzelne Klassenkameraden. Und seitdem es Whatsapp gibt, ist es ihr öfter untergekommen, dass sich die Jugendlichen darüber zu Schlägereien in Schulnähe verabreden. "Es wird viel Blödsinn mit den Geräten gemacht", sagt Raabe.

Ihre Erfahrungen decken sich mit den Ergebnissen einer Befragung des Bündnisses gegen Cybermobbing. Aus der geht hervor, dass 13 Prozent der Schüler schon einmal mithilfe digitaler Medien beleidigt, bedroht oder bloßgestellt wurden. In mehr als der Hälfte aller Fälle erfolgten die Attacken über Handys. Die Folgen reichen von Wut und Angst bis hin zu Alkohol- oder Tablettenkonsum und sogar Suizidgedanken bei den Betroffenen.