Sie war eine der prägenden Journalistinnen der ZEIT. Seit 1965 gehörte Nina Grunenberg der Redaktion an, schon vorher hatte sie aus Köln für das Blatt geschrieben. Einen Namen machte sie sich als politische Reporterin und Autorin großer Porträts. Sie schrieb über die führenden Politiker der Bundesrepublik, über Helmut Schmidt, Helmut Kohl und – immer wieder – über Franz Josef Strauß. "Der Letzte der Olympier" lautete die Zeile über ihrem Nachruf 1988 auf den bayerischen Ministerpräsidenten. Überhaupt die CSU: Sie wurde ein Thema, das sie über viele Jahre mit journalistischer Leidenschaft begleitet hat.

In zahlreichen Serien hat Nina Grunenberg die Funktionseliten der Republik analysiert und beschrieben. Die Chefs hieß eine Reihe über Unternehmensführer von Alfred Herrhausen ("Mit dem Fluidum des Eroberers") bis Edzard Reuter ("Wer nicht gestaltet, der verliert"). Porträtserien über Deutschlands Diplomaten, über die Generale der Bundeswehr, führende Gewerkschafter und die Zeitungsverleger von heute schlossen sich an.

Nina Grunenberg war ein politischer Kopf durch und durch – und das beschränkte sich nicht auf Themen vor der Haustür. Sie verfolgte, was sich anderswo entwickelte und veränderte, in Frankreich, in der Türkei oder in Japan. Ihr Interesse galt im gleichen Maße der Politik wie der Wissenschaft. Früh schon schrieb sie über Bildungs- und Hochschulfragen. Von 1992 bis 1994 leitete sie in der ZEIT das neu geschaffene Ressort Wissen. Als erste Journalistin gehörte sie von 2000 bis 2009 dem Wissenschaftsrat an.

Theo Sommer, der langjährige Chefredakteur der ZEIT, berief Nina Grunenberg 1987 zur stellvertretenden Chefredakteurin. Sommer nannte als Gründe ihre "Neugierde, die Fähigkeit des leichten Umgangs mit Kollegen, Urteilskraft und Entscheidungsfreude". Und er fügte hinzu: "Ich finde es gut, in der Führungsspitze des Blattes wieder eine Frau zu haben."

Nina Grunenberg gehörte damals zu den wenigen Frauen, die im deutschen Journalismus eine Führungsposition einnahmen, und wurde vielen Kolleginnen damit zum Vorbild.

Sie hing an der ZEIT, an der ZEIT-Familie. Und das Blatt hat ihr viel zu verdanken. Wie wenige hat sie das Profil des Blattes geschärft. Ihr politisches Urteil konnte unbequem sein, ungerecht war es nie. Sie legte an die eigene Arbeit strenge Maßstäbe an und forderte diese auch bei anderen ein. Konsequent förderte sie junge Talente im Blatt und holte anspruchsvolle Autoren zur ZEIT.

Vielen am Speersort wurde sie zur guten Freundin. Auch nach ihrem Ausscheiden aus der Redaktion schaute sie bei uns vorbei, erkundigte sich nach dem Wohlergehen der Kollegen und des Blattes, machte auch keinen Hehl daraus, wenn sie mit einer Neuerung nicht einverstanden war. Sie blieb uns verbunden, in wacher, freundschaftlicher, liebevoller Zuneigung.

Am Abend des 28. Dezember ist Nina Grunenberg im Alter von 81 Jahren gestorben.