Die Sozialdemokraten in der Hauptstadt erleben keinen Aufwind durch Merkel-Herausforderer Martin Schulz.

Die CDU ist derzeit in Berlin stärkste politische Kraft. Wäre bereits am kommenden Sonntag Bundestagswahl, käme die Union in der Stadt auf 29 Prozent der Wählerstimmen, die SPD lediglich auf 22 Prozent. Auch bei einer Abgeordnetenhauswahl am nächsten Sonntag läge die CDU vorn, allerdings mit 24 Prozent nicht so deutlich. Die SPD würde bei dieser Wahl ebenfalls 22 Prozent einfahren. Das sind Ergebnisse des aktuellen Berlin-Trends der Berliner Morgenpost und der RBB-Abendschau. Für die repräsentative Studie befragte Infratest dimap zwischen dem 17. und 20. Mai 1000 wahlberechtigte Berliner.

Linke und Grüne würden bei einer Bundestagswahl am kommenden Sonntag in Berlin leicht schlechter abschneiden als bei einer Abgeordnetenhauswahl. Die Linke käme auf 16 Prozent, bei einer Kommunalwahl auf 17 Prozent. Bei den Grünen sind es elf beziehungsweise 13 Prozent. Den beiden Koalitionspartnern der SPD in Berlin wird also bundespolitisch kaum weniger zugetraut als auf Landesebene. Bei AfD und FDP ergab die Umfrage jeweils identische Werte. Die Alternative für Deutschland käme in beiden Wahlen auf zehn Prozent, die Freien Demokraten auf acht.

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Verglichen mit den Ergebnissen der letzten Wahl in Berlin hat sich die Union deutlich erholt, während die SPD stagniert. Die SPD kam bei der Abgeordnetenhauswahl im vergangenen September auf 21,6 Prozent, die CDU lediglich auf 17,6 Prozent. Sie profitiert bundespolitisch offenbar davon, dass mehr Wähler, auch in Berlin, von Bundeskanzlerin Angela Merkel überzeugt sind als von ihrem sozialdemokratischen Herausforderer Martin Schulz.

Keine Landesregierung ist so unbeliebt wie Berlins Senat

Aber auch auf Landesebene ist die Union, ähnlich wie jüngst in Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein und im Saarland, im Aufwind. Einen dem Bundestrend widersprechenden „Mitleidseffekt“ für die Berliner Sozialdemokraten nach der Wahlschlappe in NRW konnte Infratest Dimap im Unterschied zur Umfrage eines anderen Instituts nicht ausmachen.

Infratest fragte auch nach der Zufriedenheit der Berliner mit der Arbeit des Senats. Mit der Landesregierung zeigten sich 35 Prozent zufrieden – aber 57 Prozent sind weniger oder gar nicht zufrieden. Damit hat sich die Beurteilung der Landesregierung im Vergleich zum rot-schwarzen Vorgänger-Senat im August 2016 kaum verändert. Keine Landesregierung ist in den Augen der Bürger so unbeliebt wie Berlins Senat.

Gewinne und Verluste

Verglichen mit der letzten Infratest Umfrage im November vergangenen Jahres konnte die SPD bei der Frage zur Abgeordnetenhauswahl lediglich einen Prozentpunkt zulegen, während es bei der CDU deutliche fünf Prozentpunkte sind. Die Grünen haben zwei Prozentpunkte eingebüßt und kämen bei einer Kommunalwahl am kommenden Sonntag nur noch auf 13 Prozent. Die AfD schrumpfte in der Umfrage von 13 auf zehn Prozent.

Dabei ist der kleine Umfrage-Zugewinn für die SPD fast schon überraschend, schaut man auf die Entwicklung der Wähler-Zufriedenheit mit Berlins oberstem Sozialdemokraten. Nur etwas mehr als jeder dritte gab an, mit der Arbeit des Regierenden Bürgermeisters Michael Müller sehr zufrieden (zwei Prozent) oder zufrieden (35 Prozent) zu sein. 45 Prozent sind hingegen wenig oder gar nicht zufrieden. Im November 2016 war hingegen noch jeder zweite mit Müllers Arbeit zufrieden gewesen. Im Ost-Teil ist Müller beliebter. Dort sind 38 Prozent mit seiner Arbeit zufrieden, im West-Teil sind es 35 Prozent.

Die Unzufriedenheit mit Müller unter denjenigen Befragten, die sich zum Lager der Linken zählen, ist mit 53 Prozent sogar noch größer als bei CDU-Sympathisanten (52 Prozent). Die größte Abneigung schlägt dem Regierenden Bürgermeister, wenig überraschend, seitens der AfD entgegen (75 Prozent). Aber auch in den eigenen Reihen steht Müller nicht unangefochten da. Knapp zwei Drittel der SPD-Anhänger sind mit seiner Arbeit zufrieden oder sehr zufrieden, immerhin 24 Prozent sind es nicht.

Bei der Bevölkerung ab 50 Jahren kann der 52-Jährige nur unterdurchschnittlich punkten, während ihm von den 18- bis 34-Jährigen immerhin 45 Prozent ein gutes Zeugnis ausstellen. Dabei scheinen die Wähler keine großen Unterschiede zu Müllers Amtsvorgänger Klaus Wowereit zu sehen. Auf die Frage, ob sie Michael Müllers Arbeit als Regierender Bürgermeister besser oder schlechter finden als die von Klaus Wowereit, antworteten 46 Prozent, die Amtsführung der beiden sei vergleichbar. 18 Prozent meinen, Müller mache es besser, 19 Prozent schreiben das Wowereit zu.

Der Berliner Senat ist unbeliebt bei den Wählern

Müllers Arbeit genießt aber immer noch ein höheres Ansehen als die des Senats insgesamt. 57 Prozent sehen die Performance von Rot-Rot-Grün kritisch, nur 35 Prozent sind mit der Arbeit der Landesregierung zufrieden. Im Ost-Teil stellen 39 Prozent der Befragten dem Senat ein positives Zeugnis aus, im West-Teil sind es lediglich 33 Prozent. Könnte das daran liegen, dass die Linke nach fünf Jahren Abstinenz wieder mitregiert? Eher nicht, denn lediglich 33 Prozent der Anhänger dieser Partei sind mit der Arbeit des Senats zufrieden. „Sehr zufrieden“ zeigten sich Linke-Sympathisanten nur im nicht messbaren statistischen Bereich. Da schneidet Rot-Rot-Grün selbst bei CDU-Anhängern noch etwas besser ab. Möglicherweise ist das die Quittung dafür, dass Michael Müller für den Rücktritt des Bau-Staatssekretärs Andrej Holm sorgte. Die größte Zustimmung erfährt der Senat mit 56 Prozent von Grünen-Anhängern, bei der SPD sind es 54 Prozent.

Die Unzufriedenheit der Berliner mit ihrer Landesregierung war bereits in der Vergangenheit groß. Der rot-schwarze Vorgängersenat schnitt im Urteil der Berliner nicht besser ab. Dennoch ist bemerkenswert, dass sich daran auch nach der politischen Wende in Berlin nichts geändert hat und dass die Anhänger zumindest eines Koalitionspartner, der Linken, deutlich unzufrieden sind (58 Prozent). Aus der Opposition wird dem noch jungen Senat oft vorgeworfen, er würde Klientelpolitik betreiben. Egal wie man das beurteilt, die Linke-Anhänger sehen sich offensichtlich schlecht vertreten. Das birgt viel Sprengstoff für die Koalition.