Blackout-Schutz Hacker-Angriffe auf das deutsche Stromnetz

Autor / Redakteur: Gianluca De Lorenzis* / Dipl.-Ing. (FH) Hendrik Härter

Digitalisierte Energienetze werden schnell zum Einfallstor für Cyberattacken. Gerade regionale Anbieter sind häufig nicht vor Hackern geschützt. Damit solche Szenarios nicht in Deutschland eintreten, müssen Netzbetreiber dringend ihre Konzepte zur IT-Sicherheit überarbeiten.

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Hackerangriffe auf das deutsche Stromnetz: Gerade regionale Anbieter sind häufig nur unzureichend gegen Cyberangriffe geschützt.
Hackerangriffe auf das deutsche Stromnetz: Gerade regionale Anbieter sind häufig nur unzureichend gegen Cyberangriffe geschützt.
(Bild: Pixabay / CC0 )

Kurz vor Weihnachten 2015 in der westukrainischen Provinz Iwano-Frankiwsk: Eine Viertelemillion Haushalte sind plötzlich von der Stromversorgung abgeschnitten. Privatwohnungen, Unternehmen und öffentliche Einrichtungen bleiben teilweise tagelang ohne Elektrizität. Vorausgegangen war laut US-Sicherheitsbehörden ein gezielter und orchestrierter Hacker-Angriff auf drei regionale Energieversorger. Der genaue Verlauf der Attacken konnte zwar bis heute nicht exakt rekonstruiert werden, Experten gehen allerdings davon aus, dass die Angreifer einen Schadcode eingeschleust und bösartige Befehle über einen direkten Fernzugriff ausgeführt haben.

Stromausfall wurde von Hackern verursacht

Sollte die Einschätzung zutreffen, handelt es sich bei dem Vorfall um den weltweit ersten bekanntgewordenen Stromausfall, der von Hackern verursacht wurde. Dass dieser Vorfall im Zeitalter staatlich gelenkter Cyberangriffe kein Einzelfall bleiben könnte, zeigt ein Bericht des US-Energieministeriums aus diesem Jahr [1], in dem explizit vor Angriffen auf kritische öffentliche Infrastrukturen wie zum Beispiel Stromversorger oder Gaspipelines gewarnt wird. Auch eine Studie des Weltenergierats in Zusammenarbeit mit den Rückversicherern Swiss Re und Marsh & McLennan [2] zählt Cyberangriffe zu den wichtigsten Herausforderungen für die Energiewirtschaft und setzen diese auf eine Stufe mit Naturkatastrophen oder Bränden. Auch hierzulande verzeichnete die Europäische Agentur für Netz- und Informationssicherheit bereits 2014 [3] einen deutlichen Anstieg von Trojaner-, Botnet- und Distributed Denial of Service- (DDoS-)Attacken auf Betreiber kritischer Infrastrukturen.

Ein wesentlicher Grund für diese Entwicklung ist die zunehmende Vernetzung sämtlicher Akteure auf dem Strommarkt. In modernen Netzen werden Stromerzeugung, -speicherung, -verteilung und -verbraucher in ein Gesamtsystem integriert und eine Daten-Kommunikation innerhalb dieses Netzwerks ermöglicht.

Deutlich wird dies am Beispiel der Photovoltaikanlage auf dem Dach eines Wohnhauses. Um den dort erzeugten Strom in das Netz einzuspeisen und an der Strombörse verkaufen zu können, werden mehrere dezentrale Erzeugungseinheiten in einem „virtuellen Kraftwerk“ zusammengeschlossen und von einer zentralen Netzleitwarte aus gesteuert. Zur Anpassung der Verkaufspreise und der Einspeiseleistung an Bedarf und Nachfrage, sind an den Schnittstellen zum Energienetz smarte Komponenten im Einsatz.

Moderne Energienetze, sogenannte Smart Grids, bestehen deshalb heute aus einer Vielzahl IT-basierter Komponenten, von der klassischen Informationstechnologie, wie PCs und Servern über Kommunikations- und Netzwerktechnik bis hin zu intelligenten Zählern oder mobilen Anwendungen. Die klare Abgrenzung zwischen Versorgungs- und IT-Netz löst sich dadurch immer weiter auf. Das ermöglicht zwar einerseits eine bessere Steuerung von Verbrauch und Kapazitäten, vergrößert jedoch andererseits die Angriffsfläche für Cyberattacken, insbesondere auf Geräteebene.

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