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Von Beruf Detektiv "Die Leute gucken zu viele Krimis"

Er hat keinen Trenchcoat und keinen Billardtisch. Seine Tarnung ist ein Hund, und überraschend viel Zeit verbringt er im Büro: Ein Detektiv berichtet - von der Suche nach Vermissten und illegalen Wünschen seiner Klienten.
Privatdetektiv (Symbolbild)

Privatdetektiv (Symbolbild)

Foto: Sebastian Kahnert/ dpa

Zwischen Wunsch und Wirklichkeit ist in vielen Berufen jede Menge Platz. In der Serie "Das anonyme Job-Protokoll"erzählen Menschen ganz subjektiv, was ihren Job prägt - ob Tierärztin, Staatsanwalt oder Betreuer im Jobcenter.

"Dass ich Detektiv bin, erzähle ich nicht gern. Ich bevorzuge den Begriff 'Privatermittler'. Denn ich glaube, es gibt wenige Berufe, die klischeebehafteter sind als der des Detektivs. Die Leute schauen einfach zu viele Krimis! Das meiste, was in diesen Filmen passiert, ist unrealistischer Quatsch. Das Einzige, was ich gern sehe, sind alte Miss-Marple- oder Sherlock-Holmes-Filme und ab und zu einen 'Tatort'.

Im Gegensatz zu den Fernsehermittlern führe ich ein ganz normales Leben - ohne Loft, Billardtisch und Kontakten in die Rotlichtszene. Ich bin Vater einer kleinen Tochter, und ich habe keine dauergenervte Frau, die mit meinem Beruf hadert, weil ich mich zu sehr für meine Fälle und zu wenig für mein Privatleben einsetze.

Schon als Kind war ich ein guter Beobachter, habe mit Freunden Spuren gelesen. Irgendwann las ich von der Möglichkeit, eine Weiterbildung zum Detektiv zu machen. Da wusste ich: Das passt zu mir. Seit fast zwölf Jahren arbeite ich nun als Privatdetektiv, mittlerweile mit eigenem Büro.

Wenn Klienten mich das erste Mal kontaktieren, muss ich sie oft enttäuschen. Viele fragen, ob ich Wanzen einsetzen könne, um andere Menschen abzuhören. Das geht natürlich nicht, da würde ich mich strafbar machen.

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Richtig spektakuläre Fälle habe ich selten. Die meisten spielen sich im familienrechtlichen Bereich ab. Der Mann, der Unterhalt zahlt und seine Frau verdächtigt, nebenher schwarzzuarbeiten. Die Frau, deren Exmann sich weigert, ihr Geld zu geben, weil er angeblich insolvent ist.

Auch die Suche nach vermissten Personen steht häufiger an. Gefährlich wird es bei mir so gut wie nie - außer wenn ich mal mit 200 Stundenkilometer über die Autobahn rase, um möglichst schnell von A nach B zu kommen.

An anderen Tagen sitze ich viele Stunden in meinem Büro am Computer und schreibe Berichte, die die Klienten dann nachher in einer Gerichtsverhandlung vorlegen können. Das ist ein wichtiger, aber wenig glamouröser Teil meines Berufs, der im Fernsehen so gut wie nie gezeigt wird.

Andere Vorurteile dagegen erfülle ich: Ich habe immer Kamera, Funkgerät und Fernglas dabei, trete selten unter meinem richtigen Namen auf und denke mir Geschichten aus, warum ich diese und jene Information brauche. Und tatsächlich verbringe ich manchmal einen ganzen Tag im Auto, um eine Zielperson zu beobachten.

Manchmal verkleide ich mich sogar. Das finde ich legitim, denn als Detektiv muss man tricksen können. Den geraden Weg überlasse ich den Behörden und Anwälten - die haben dafür auch ganz andere Rechte als ich.

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Das anonyme Jobprotokoll: So sieht der Alltag wirklich aus

Ob mein Job spannend ist? Eher interessant. Ich bekomme Einblicke in das Leben anderer Menschen - wenn auch nicht immer die schönsten. In den ersten Jahren hatte ich noch Mitleid, wenn ich auf Tragödien gestoßen bin. Aber das musste ich schnell ablegen und lernen, an Fälle professionell und nüchtern ranzugehen, egal wie brisant oder dramatisch der Hintergrund ist.

Aber ich freue mich, wenn ich jemandem helfen kann. Ich erinnere mich zum Beispiel gern an die Frau, die mir den Auftrag gab, ihren seit der Kindheit vermissten Bruder zu suchen. Später schrieb sie mir eine E-Mail, wie glücklich sie sei, dass sie dank meiner Ermittlungen das erste gemeinsame Weihnachtsfest feiern konnten.

Die meisten rutschen genau wie ich irgendwie in den Job rein, viele meiner Kollegen waren vorher bei der Polizei. Andere verdienten ihr Geld als Vertreter - keine schlechte Grundlage für unseren Beruf. Sie sind gewöhnt, mit fremden Menschen zu plaudern. Das muss auch ein Detektiv meisterhaft beherrschen.

Die meisten meiner Informationen bekomme ich nämlich tatsächlich in harmlosen Unterhaltungen mit Leuten, die die Zielperson kennen - Nachbarn oder Kollegen zum Beispiel. Ganz ohne Druck. Das wäre auch kontraproduktiv, denn ein guter Ermittler ist leise und unauffällig. Am besten hat man ihn schon wieder vergessen, wenn er um die Ecke gebogen ist. Darum habe ich bei Observationen oft meinen Hund dabei. Er ist meine beste Tarnung und bietet immer einen Gesprächseinstieg.

Ich habe Kollegen, die noch mit 75 losziehen. Das liegt sicher an der Leidenschaft für den Beruf, aber auch daran, dass Privatermittler nur sehr selten angestellt sind - und der Verdienst fällt selten üppig aus. Ob ich mich selbst mit über 70 noch als Detektiv sehe? Ich weiß es nicht.

Momentan habe ich meinen Traumjob gefunden. Es gibt großen Bedarf für das, was ich tue. Ich beginne mit meiner Arbeit, wenn der Privatmensch, der Laie, nicht weiterkommt. Oder wenn die Kriminalpolizei noch nicht ermitteln kann, weil ihr die Anfangsbeweise fehlen. Für manche bin ich die letzte Hoffnung, eine Art Lückenfüller im Rechtssystem.

Ein Indiz dafür, dass ich mir einen guten Beruf ausgesucht habe, ist die Begeisterung meiner Tochter. Sie möchte immer hören, was ich erlebt habe. Manchmal machen wir uns einen Spaß und verfolgen ein Auto, das wir uns auf der Straße ausgesucht haben. Und abends zum Einschlafen hört sie - und das ist dann doch ein Klischee - meine alten 'Drei ???'-Kassetten."

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