Dritte Piste: Auch Wien bekämpft Bauverbot

Der Flughafen Wien-Schwechat und das Land Niederösterreich bekämpfen das vorläufige Bauverbot für eine dritte Piste nun vor den Höchstgerichten. Auch die Stadt Wien wird sich beteiligen - nicht allerdings die Wiener Grünen.

Man werde zwar selbst keine Rechtsmittel einbringen, jedoch Stellungnahmen in die Verfahren einbringen, erklärte der Wiener SPÖ-Mandatar Erich Valentin am Donnerstag. Darin werde man darlegen, dass man ebenfalls für den Bau der Start- und Landebahn eintrete. Das Vorgehen sei mit Niederösterreich und dem Flughafen abgesprochen.

Lineargrafik über die Anzahl der Flugbewegungen sowie Passagiere auf dem Flughafen Wien

Grafik: ORF.at; Quelle: APA/flughafen Wien

Der Flughafen will die dritte Piste unbedingt bauen

Die Schriftsätze seien auch nötig, um weiter an dem Verfahren beteiligt zu sein, erläuterte Valentin: „Würden wir das nicht tun, hieße das, dass wir das Urteil akzeptieren.“ Dies sei jedoch nicht der Fall. Zuletzt gab es Kritik an einer Doppelrolle der Stadt: Laut einem Gutachten könnte sie ihre Treuepflichten als Flughafen-Aktionärin verletzt haben, weil die Magistratsdirektion gegen den positiven Erstbescheid für die dritte Piste berufen hatte - mehr dazu in Flughafenausbau: Kritik an Doppelrolle Wiens.

Wiener Grüne weiter gegen dritte Piste

Nicht unterstützt wird die Vorgehensweise der Rathaus-SPÖ von ihrem Koalitionspartner: „Die Grünen Wien haben sich an der heute kommunizierten Stellungnahme der Stadt Wien zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichtes zur dritten Piste am Flughafen Schwechat nicht beteiligt“, stellte deren Verkehrs- und Umweltsprecher Rüdiger Maresch klar. Die Grünen würden vielmehr hinter der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes stehen, das den Bau der dritten Piste aus Umweltschutzgründen abgelehnt habe.

Beschwerde auch bei Verfassungsgericht

Der Flughafen beantragte am Mittwoch beim Verwaltungsgerichtshof (VwGH) eine außerordentliche Revision gegen die Ablehnung der dritten Piste durch das Bundesverwaltungsgericht. Zudem legte das Unternehmen eine Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof (VfGH) wegen der Verletzung verfassungsrechtlich gewährleisteter Rechte ein.

Günther Ofner und Julian Jäger, Vorstände der Flughafen Wien AG

APA/Hans Punz

Flughafen-Vorstände Günther Ofner und Julian Jäger

Rechtsmittel brachte auch das Land Niederösterreich ein, das die für die Umweltverträglichkeitsprüfung zuständige Behörde ist. „Schwerwiegende rechtliche Bedenken haben die Behörde veranlasst, den Verwaltungsgerichtshof mit dem Antrag anzurufen, die außerordentliche Revision zuzulassen und das erwähnte Erkenntnis zu beheben“, so Josef Muttenthaler, Leiter der Abteilung für Umwelt- und Energierecht beim Amt der Landesregierung, in einer Aussendung.

„Bekämpfen nicht die Richter“

„Wir bekämpfen die gerichtliche Entscheidung, wir bekämpfen nicht die Richter“, betonte Flughafen-Vorstand Günther Ofner bei einer Pressekonferenz am Donnerstag. „Wir haben genügend Argumente gegen das Erkenntnis“, sodass es keiner weiteren Unterstützung bedürfe. Zwei der für die Ablehnung der dritten Piste zuständigen Richter waren nach einer Meldung von „Whistleblowern“ angezeigt worden. Die Vorwürfe lauten auf Befangenheit und Amtsmissbrauch - mehr dazu in Dritte Piste: Ermittlungen nach Entscheid.

In ihren Höchstgerichtsbeschwerden erheben die Juristen des Airports zahlreiche Vorwürfe, darunter Auslegungsfehler, Verletzung von Verfahrensvorschriften, Widersprüche. Besonders empört sind die Flughafen-Manager, dass das Gericht Klimaschutz und Bodenverbrauch höher bewertet hat als den Standort und die Schaffung neuer Arbeitsplätze. Befangenheitsfragen werde man nicht ansprechen.

Proteste gegen dritte Piste bei Pressekonferenz

APA/Hans Punz

Pistengegner nutzten die Pressekonferenz am Donnerstag für Proteste

Die Feststellung, ob ein Projekt überhaupt genehmigungsfähig sei, müsse ebenso wie eine „Interessensabwägung“ am Anfang eines Verfahrens stehen und nicht erst nach 16 Jahren, wenn schon hundert Millionen Euro in die Vorbereitung geflossen sind, findet man etwa am Flughafen.

Ablehnung weil CO2-Ausstoß steigen würde

Das Bundesverwaltungsgericht hatte im Februar entschieden, dass die dritte Piste nicht gebaut werden dürfe, da dadurch der CO2-Ausstoß in Österreich steigen würde. Österreich habe sich zu einem Abbau der CO2-Emissionen verpflichtet. Außerdem monierte das Gericht den Bodenverbrauch durch den Bau der dritten Piste - mehr dazu in Flughafen: Dritte Piste darf nicht gebaut werden (noe.ORF.at).

Klärung wird voraussichtlich Jahre dauern

Der Flughafen muss nun zunächst das Recht erkämpfen, die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts überhaupt anfechten zu können. Das Gericht hatte ja eine ordentliche Revision ausgeschlossen. Die Flughafen-Vorstände rechnen damit, dass es zumindest zwei Jahre dauern wird, bis allein diese Verfahrensfrage geklärt ist. Erst dann kann es darum gehen, das Nein des Bundesverwaltungsgerichts zu bekämpfen.

Läuft es nach den Höchstgerichtsbeschwerden und im Instanzenzug im Sinn des Flughafens, und die Entscheidung zum Baustopp wird aufgehoben, wird sich der Pistenbau trotzdem jahrelang verzögern. Die Rede ist derzeit von mindestens vier Jahren. Für eine Inbetriebnahme würde es dann „mindestens“ 2030.

VCÖ: Flüge in vergangenen Jahren sogar gesunken

Eine Stärkung des Wirtschafsstandortes Wien sei auch ohne dritte Piste möglich, betonte am Donnerstag der Verkehrsclub Österreich (VCÖ). Im Vorjahr habe es in Wien-Schwechat rund 19.600 Flüge weniger gegeben als noch 2011, gleichzeitig sei die Zahl der Passagiere jedoch um fast 2,3 Millionen gestiegen. Statt einer zusätzlichen Piste solle man internationale Bahnverbindungen ausbauen – die Zahl der Kurzstreckenflüge sei nach wie vor hoch. Zudem könnten auch Videokonferenzen einen Teil der Geschäftsreisen ersetzen.

Links: