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Insolvente Reederei Hanjin-Pleite bedroht Nachschub fürs Weihnachtsgeschäft

Nach der Insolvenz der koreanischen Großreederei Hanjin hängt noch immer eine milliardenschwere Fracht auf den Schiffen fest. Händler und Produzenten werden langsam nervös: Das Vorweihnachtsgeschäft naht.
Hanjin-Frachter vor der Küste Kaliforniens

Hanjin-Frachter vor der Küste Kaliforniens

Foto: LUCY NICHOLSON/ REUTERS

Die letzten Wochen des Jahres sind für Händler in Europa und in den USA normalerweise ein Fest. Rund um Thanksgiving und Weihnachten erzielen sie ihre besten Umsätze. Doch dieses Jahr könnte es für einige ein Nachschubproblem geben. Der Grund: Seit Hanjin, die siebtgrößte Frachtschiff-Reederei der Welt, in die Insolvenz gerutscht ist, hängen Waren im Wert von geschätzt mehr als zwölf Milliarden Euro in Häfen und auf Schiffen auf hoher See fest.

Weltweit verweigern Häfen Dutzenden Schiffen der südkoreanischen Reederei die Einfahrt, weil sie befürchten, dass Hanjin die Hafengebühr nicht bezahlen kann. Geschätzt 500.000 Container bleiben so auf den großen Frachtern, während Hanjin um Gläubigerschutz verhandelt.

Vor der deutschen Nordseeküste etwa dümpelt seit Tagen der 366 Meter lange Containerriese "Hanjin Harmony", dessen Besatzung darauf wartet, endlich in den Hamburger Hafen einlaufen zu dürfen. Auch in diesem Fall sollen wichtige Artikel für das Vorweihnachtsgeschäft an Bord sein.

Besonders betroffen sind Elektronikhändler und solche, die Konsumgüter verkaufen. Die Vorweihnachtszeit ist für sie die profitabelste Zeit des Jahres. "Black Friday kommt bald", sagt der Chef der Hausgerätesparte des Fernseher- und Smartphone-Herstellers LG, Cho Sung-Jin. Der Tag nach dem US-Feiertag Thanksgiving Ende November sorgt in den USA traditionell für einen Konsumrausch.

LG ließ bisher zehn bis 20 Prozent seiner Nordamerika-Fracht von Hanjin befördern. "Ich bin nicht sicher, ob wir mit unseren derzeitigen Beständen die Nachfrage bedienen können", erklärte Cho Sung-Jin.

50 Millionen Euro für die Hafengebühren

Auch Samsung, der größte Smartphone-Hersteller der Welt, ist betroffen: Er sorgt sich um Ware auf zwei Hanjin-Frachtern im Wert von umgerechnet rund 34 Millionen Euro. Gläubiger von Hanjin könnten die Ware beschlagnahmen lassen, wenn die Schiffe in einen Hafen einlaufen. Und in Peking hat der Asien-Geschäftsführer von Grillhersteller Weber, Stephen Zhu, seinen Kunden in Los Angeles und in Australien neue Ware geschickt, weil er nicht wusste, wann Hanjin zwei Container mit Grills im Wert von rund 700.000 Euro ausliefern wird.

Weltweit kann Hanjin geschätzt sechs Billionen Won (4,8 Milliarden Euro) Schulden nicht begleichen. In Südkorea und in den USA hat das Unternehmen Antrag auf Gläubigerschutz gestellt, um sich in Ruhe sanieren zu können. Hanjin hat bis 25. November Zeit, einen Sanierungsplan vorzulegen - das ist auch das Datum des Black Friday. Ein Gericht wird dann über die Zukunft der Reederei entscheiden.

Unterdessen versuchen Anteilseigner und Politik, den Geschäftsbetrieb aufrecht zu halten soweit es geht. Vereinzelt können Hanjin-Schiffe mit Sondergenehmigung doch ihre Fracht löschen - in New Jersey und Long Beach in den USA etwa oder in Singapur. Hanjins Mutterkonzern hat zudem einen Unterstützungsfonds mit 100 Milliarden Won aufgelegt; nach langem Zögern gab Großaktionär Korean Air am Mittwochabend seinen Anteil von 60 Milliarden Won (umgerechnet 50 Millionen Euro) frei.

Ob die frischen Mittel ausreichen, um die Gebühren für die Entladung der Schiffe zu bezahlen, ist weiter unklar. Nach früheren Schätzungen eines Gerichts, das Anfang September dem Antrag der weltweit siebtgrößten Reederei auf Insolvenzverwaltung zugestimmt hatte, sind etwa 170 Milliarden Won nötig, um Gebühren zu zahlen.

Der Hafen von Rotterdam hat schon fast resigniert: "Bei den Schulden ist es sehr unwahrscheinlich, dass wir je unser Geld sehen werden", sagt Sprecher Sjaak Poppe.

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Hanjin-Pleite: Paradebeispiel für die Branchenkrise

Foto: Christian Charisius/ dpa
stk/AFP/dpa