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Die Lage am Freitag Liebe Leserin, lieber Leser,

kaum ein Thema bewegt die Bürger Europas derzeit mehr als die Kleidung muslimischer Frauen. 81 Prozent der Deutschen plädieren laut jüngster Umfrage des ARD-Deutschlandtrends für ein Verbot der Vollverschleierung in der Öffentlichkeit. Nur 15 Prozent sind prinzipiell dagegen. In Frankreich wird das oberste Verwaltungsgericht heute Nachmittag über das Burkini-Verbot in der Küsten-Gemeinde Villeneuve-Loubet entscheiden. An den dortigen Riviera-Stränden ist das Sonnenbaden in Ganzkörperbekleidung bislang untersagt - zumindest für Frauen, die diese aus religiösen Gründen überstreifen. Wellenreiter und Windsurfer müssen auch künftig keine Repressalien fürchten, wenn sie Neoprenanzüge tragen.

Foto: Christoph Schmidt/ dpa

Kretschmanns Mission

Als vergangenen Sonntagabend das politische Berlin noch in der Sommerruhe döste, fuhr vor dem Kanzleramt die Limousine des baden-württembergischen Ministerpräsidenten Winfried Kretschmann vor. Merkel hatte ihn zu einem vertraulichen Abendessen eingeladen. Die Kanzlerin weiß, dass ein schwarz-grünes Bündnis nur gelingen kann, wenn sie mit Kretschmann an einem Strang zieht. Vor dem Treffen hatte mein Kollege Markus Feldenkirchen mit Kretschmann gesprochen, es war der Abschluss einer langen Recherche. In seinem Porträt, das im neuen SPIEGEL erscheint (ab 18 Uhr digital verfügbar), beschreibt er einen Mann, der seinen Ehrgeiz unter einem Mantel der Bescheidenheit zu verbergen weiß. Wenn Merkel ihn fragen würde, ob er Bundespräsident werden will - Kretschmann würde nicht Nein sagen.

Foto: MICHAL CIZEK/ AFP

Junckers stille Entmachtung

Merkels Sommerreise durch Europa führt sie heute nach Warschau, wo sie unter anderem die polnische Ministerpräsidentin Beata Szydlo trifft. Das Auffälligste an der Reisediplomatie dieser Woche ist allerdings, dass eine Stadt fehlte: Brüssel. Merkel ist nach dem Brexit erkennbar darum bemüht, einen Konsens mit dem Staatschef der anderen EU-Länder zu finden, EU-Kommissionschef Juncker ist in ihrem Plan erst einmal nicht vorgesehen. Den will sie erst Ende nächster Woche treffen, wenn die Gespräche mit Merkels Kollegen abgeschlossen sind. Die Ergebnisse darf er nicht mitgestalten, sondern nur zur Kenntnis nehmen.

Foto: Wolfgang Kumm/ picture alliance / dpa

Verlierer des Tages...

heißt Ronald Pofalla. In seiner Zeit als Kanzleramtschef soll sein Bundestagsbüro für rund 15.000 Euro Schreibgeräte der Edelmarke Montblanc bestellt haben, wie die Kollegen der "Bild"-Zeitung herausfanden. Die Füller, finanziert mit Steuergeldern, seien zum Teil als Weihnachtsgeschenke unter seinen Büromitarbeitern verteilt worden. Als Pofalla im Jahr 2013 aus dem Amt ausschied, wechselte er zur Bahn, einem hundertprozentigen Staatsunternehmen. Dort gilt er inzwischen als aussichtsreichster Kandidat für die Nachfolge von Vorstandschef Rüdiger Grube gilt. Kanzlerin Merkel wäre allerdings gut beraten, einen Kandidaten auszuwählen, der den Staat nicht als Selbstbedienungsladen betrachtet.

Die jüngsten Meldungen aus der Nacht

Ich wünsche Ihnen einen angenehmen Tag,

Ihr René Pfister