45 Jahre ‚Kleine Strafrechtsreform‘. Kontinuitäten und Brüche im Umgang mit Homosexualität(en) in Österreich im 20. Jahrhundert

45 Jahre ‚Kleine Strafrechtsreform‘. Kontinuitäten und Brüche im Umgang mit Homosexualität(en) in Österreich im 20. Jahrhundert

Veranstalter
Franz X. Eder (Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte); Johanna Gehmacher (Institut für Zeitgeschichte); Gabriella Hauch (Institut für Geschichte); Ilse Reiter-Zatloukal (Institut für Rechts- und Verfassungsgeschichte); QWIEN – Zentrum für schwul/lesbische Kultur und Geschichte
Veranstaltungsort
Dachgeschoß des Juridicums
Ort
Wien
Land
Austria
Vom - Bis
23.06.2016 - 24.06.2016
Von
Johann Karl Kirchknopf

Die Tagung hat zum Ziel, historische Aspekte der Strafverfolgung wegen „gleichgeschlechtlicher Unzucht“ (§ 129 Ib des Strafgesetzes von 1852), deren Nachwirken bis in die Gegenwart und die diesbezügliche Erinnerungskultur zu untersuchen. Im Blick sind dabei sowohl der Vergleich mit internationalen Entwicklungen, die in ihren Einflüssen auf die österreichische Gesellschaft und insbesondere auf das Rechtssystem untersucht werden sollen, als auch gegenwärtige gesellschaftliche Debatten zur weiteren (rechtlichen) Gleichstellung von LSBTI (lesbische, schwule, bisexuelle, trans* und intersexuelle Personen). Eingebettet wird die Diskussion in die übergeordnete Frage nach Kontinuitäten im Umgang mit sogenannten Minderheiten im 20. Jahrhundert, den Möglichkeiten gesellschaftlicher Intervention sowie der Rolle sozialer Bewegungen. Dabei soll neben historischen und juristischen Perspektivierungen einem breiten Spektrum wissenschaftlicher Annäherungen Raum gegeben werden, um umfassend einen bedeutenden Aspekt der Rechts-, Geschlechter- und Sexualitätsgeschichte im 20. Jahrhundert zu beleuchten.

Programm

23. JUNI 2016
8:30 Uhr: Registrierung
9:00 Uhr: Begrüßung
Paul Oberhammer, Dekan der Rechtswissenschaftlichen Fakultät
Claudia Theune-Vogt, Dekanin der Historisch-Kulturwissenschaftlichen Fakultät

9:30 Uhr: KEYNOTE
Elisabeth Holzleithner
Emanzipation oder Normalisierung? Rechtsreform aus queeren Perspektiven
Moderation: Franz X. Eder

11:00 Uhr: Kaffeepause

11:30 Uhr: PANEL 1 (Panel in English)
Criminal prosecution for „same-sex fornication“ …
… in Austria: Johann Kirchknopf
… in Hungary: Judit Takacs
… in Slovenia: Roman Kuhar
… in Yugoslavia: Franko Dota
Moderation: Elisabeth Greif

13:30 Uhr: Mittagspause

14:30 Uhr: PANEL 2
Problematische Grenzziehungen: Strafrechtliche Definitionen von „Kindesmissbrauch“ und „gleichgeschlechtlicher Unzucht“
Elisabeth Greif: Von lesbischen Prostituierten und schwulen Knabenschändern. Bilder gleichgeschlechtlicher Unzucht im Österreich der 1930er-Jahre
Sonja Matter: Was ist „der Fall“? Kindheit, Homosexualität und sexuelle Gewalt in Österreich (1950 – 1970)
Moderation: Manuela Bauer

15:30 Uhr: PANEL 3
Zivilgesellschaftlicher Aktivismus: Gegenrede, Interventionen und Kämpfe wider die Strafverfolgung
Christopher Treiblmayr: „… mit dem heutigen Begriffe der Menschenrechte unvereinbar“. Zum Engagement der Österreichischen Liga für Menschenrechte für die Entkriminalisierung von Homosexualität (1930 – 1971)
Raimund Wolfert: Gut vernetzt – Charlotte Steurer, eine „mutige Kämpferin“ in Österreich
Vojin Saša Vukadinović: Das Neue Forum gegen die Macht der Sexualmoral in Österreich
Moderation: Li Gerhalter

17:00 Uhr: Kaffeepause

17:30 Uhr: PANEL 4
Homosexualität(en) im Lichte der Grund- und Menschenrechte
Barbara Kraml: Aufstieg und Fall des § 209, oder: Umkämpfte Deutungen strafrechtlichen Schutzes
Jakob Tschachler: Die „Stille Reform“. Bruch getarnt als Kontinuität oder Kontinuität getarnt als Bruch?
Thomas Schoditsch: Gleichgeschlechtliche Partner_innen und ihre Kinder
Moderation: Alexia Stuefer
20:00 Uhr: Cocktailempfang mit Stadträtin Sandra Frauenberger namens des Bürgermeisters der Bundeshauptstadt Wien im Stadtsenatssitzungssaal des Wiener Rathauses

24. JUNI 2016

9:30 Uhr: PANEL 5
Akteur_innen – Lebenswelten und Handlungsräume
Hans-Peter Weingand: „Freiheit und Gerechtigkeit“. Diskurse Betroffener jenseits Kriminalisierung und Pathologisierung um 1900
Benno Gammerl: Gesetze und Gefühle. Zum Wechselspiel zwischen der rechtlichen Lage und den emotionalen Stilen männerliebender Männer in Westdeutschland seit den 1950er-Jahren
Maria Bühner: Die Kontinuität des Schweigens. Die verhinderten Gedenken der Ost-Berliner Gruppe „Lesben in der Kirche“ im KZ Ravensbrück
Moderation: Roman Birke

11:00 Uhr: Kaffeepause

11:30 Uhr: PANEL 6
trans_national. Regulationen im Umgang mit trans_Personen in Österreich und Deutschland im 20. Jahrhundert
Rainer Herrn: Kontinuitäten und Brüche im Umgang mit Transvestit_innen vor und nach 1933 in Deutschland
Ilse Reiter-Zatloukal: „Transvestitismus“ und juristische Geschlechterzuschreibungen in Österreich unter der NS-Herrschaft
Persson Perry Baumgartinger: Die staatliche Regulierung von trans* zwischen 1980 und 2010 in Österreich und mögliche Kontinuitäten aus der NS-Zeit
Moderation: Eva Matt

13:00 Uhr: Mittagspause

14:00 Uhr: PANEL 7
Erinnerungspolitiken und Gedenkkulturen zu strafrechtlicher Verfolgung und Diskriminierung
Elisa Heinrich: Lesbisch-schwule Erinnerungspolitiken. Auseinandersetzungen um homosexuelle NS-Opfer im Nachkriegsösterreich
Corinna Tomberger: Von zivilgesellschaftlicher Initiative zu staatlicher Symbolpolitik: Das Gedenken an verfolgte Homosexuelle in Österreich und Deutschland
Nina Reusch: Die strafrechtliche Verfolgung von Homosexuellen zwischen akademischer Forschung, aktivistischer Aufarbeitung und gesellschaftlicher Erinnerung – Möglichkeiten einer Public History
Moderation: Renée Winter
16:30 Uhr: FÜHRUNG DURCH DAS LANDESGERICHT FÜR STRAFSACHEN WIEN durch den Präsidenten des Landesgerichts für Strafsachen Wien, Friedrich Forsthuber (16:15 – 16:30 Uhr: Einlass, Eingang Wickenburggasse 22, Kein Einlass nach 16:30 Uhr!)
18:00 Uhr: PODIUMSDISKUSSION im Großen Schwurgerichtssaal des Landesgerichts für Strafsachen Wien (17:30 – 17:45 Uhr: Einlass, Eingang Wickenburggasse 22, Kein Einlass nach 17:45 Uhr!)
Straftatbestand „gleichgeschlechtliche Unzucht“. Geschichte und Nachwirken der Strafverfolgung im Kontext lebensweltlicher Erfahrungen und aktivistischer Politiken
Begrüßung: Friedrich Forsthuber, Präsident des Landesgerichts für Strafsachen Wien
Diskutant_innen:
Helmut Graupner
Hanna Hacker
Marty Huber
Katharina Miko
Hannes Sulzenbacher
Moderation: Barbara Kraml

Kontakt

Johann Karl Kirchknopf

Institut für Wirtschafts- und Sozialgeschichte, Universität Wien
Universitätsring 1, A-1010 Wien

johann.kirchknopf@univie.ac.at

http://homosexualitaeten.univie.ac.at/