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Expertenkommission Atomausstieg wird etliche Milliarden Euro teurer

Die großen Energiekonzerne sollen bis zur Belastungsgrenze für den Atomausstieg zahlen. Das empfiehlt die Expertenkommission in ihrem Abschlussbericht. Die Regierung gerät bei der Endlagersuche in Zugzwang.
Reaktorbecken eines Atomkraftwerks: Kosten hart an der Belastungsgrenze

Reaktorbecken eines Atomkraftwerks: Kosten hart an der Belastungsgrenze

Foto: David Ebener/ dpa

Die Reaktion an der Börse fällt überraschend positiv aus. Nachdem am Montag der Entwurf des Abschlussberichts der sogenannten Atomkommission kursierte, machten die Aktien der großen Energieversorger einen Sprung nach oben. Papiere von E.on stiegen zeitweise um fast sechs Prozent, Papiere von RWE um mehr als vier Prozent.

Aktienhändler begründeten die positive Reaktion damit, dass das von der Regierung eingesetzte Expertengremium die Kostenrisiken für die AKW-Betreiber begrenzen wolle. Doch ob der Aufwärtstrend hält, ist ungewiss.

Tatsächlich haben die Vorsitzenden der Atomkommission einen Plan ausgearbeitet, der die Versorger hart an ihre finanzielle Belastungsgrenze bringen würde. Besonders RWE käme in arge Bedrängnis, wenn die Bundesregierung dem Vorschlag von Jürgen Trittin (Grüne), Ole von Beust (CDU) und Matthias Platzeck (SPD) folgt.

Es sind vor allem drei Punkte, die den hoch verschuldeten und durch die Energiewende immer weniger profitablen AKW-Betreibern schwer zusetzen:

  • Die Reserven, die die Konzerne für den Atomausstieg gebildet haben, reichen nicht, glaubt die Atomkommission. Auf die Konzerne könnten zusätzliche Kosten von rund zehn Milliarden Euro zukommen.
  • Die Versorger bleiben auf einem Großteil der Risiken sitzen. Sie sollen den Rückbau der Atomkraftwerke und den Transport der nuklearen Abfälle weiterhin selbst stemmen. Die Kosten dafür beziffert die Atomkommission auf 30 Milliarden Euro. Wird es am Ende teurer, müssen die Unternehmen dafür allein geradestehen.
  • Die Konzerne müssen bis 2022 gut 18 Milliarden Euro in einen staatlichen Fonds einzahlen - und zwar in Cash. Bislang stecken die Rücklagen teilweise in Beteiligungen an Gas- und Kohlekraftwerken, die aufgrund eines steigenden Stromangebots kaum noch profitabel sind und immer stärker an Wert verlieren. E.on, RWE & Co werden nach Ansicht von Experten in den kommenden Jahren wohl weitere Milliarden auftreiben müssen. Geld, das dann für den Konzernumbau fehlt.

Auch für die Bundesregierung ist der Vorschlag der Atomkommission unbequem. Das Risiko für die Kosten eines Atomendlagers läge künftig komplett beim Steuerzahler. Die Kosten sind bereits jetzt um mehrere Milliarden Euro höher als ursprünglich geplant, weil die Regierung sich seit Jahren darum drückt, einen Standort für ein Endlager festzulegen. Damit die Kosten nicht explodieren, müsste die Regierung bei der Endlagersuche nun Ernst machen.

Trittin, Beust und Platzeck wollen ihren Plan an diesem Dienstag der 19-köpfigen Atomkommission präsentieren. Diese soll dann darüber abstimmen. Spätestens am 3. März wollen die Experten der Regierung ihren Abschlussbericht vorlegen.

Die Atomkommission hat einen Arbeitsauftrag, der einer Quadratur des Kreises gleicht: Sie soll die Finanzierung des Atomausstiegs sichern, ohne die angeschlagenen Energiekonzerne in die Insolvenz zu stürzen. Denn dann müssten die Steuerzahler die Kosten des Ausstiegs größtenteils alleine stemmen.

Die Bundesregierung muss dem Vorschlag der Kommission nicht folgen. Möglich, dass manch ein Investor darauf spekuliert, dass der jetzige Vorschlag nur die Maximalforderung ist - und dass er in den noch ausstehenden Verhandlungsrunden weiter abgeschwächt wird.

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