Zum Tod von Rallye-Legende Erik Carlsson
Mach's gut, Carlsson auf dem Dach!
Er fuhr zweitaktend der Konkurrenz davon und blieb Saab zeitlebends treu. Der legendäre Rallye-Fahrer Erik Carlsson ist tot. Ein Nachruf.
Mit ihm begann der Tanz auf den Pedalen
Der hünenhafte Schwede wurde trotz seines wilden Fahrstils nie belächelt, sondern verehrt. Noch heute macht der breitschultrige Carlsson auf Bildern von früher Eindruck, so, wie er an seinem überschaubar großen Saab 96 lehnt. Und dann erst seine Fahrkünste, der immerhin mit seinem Dreizylinder-Zweitakter mit Frontantrieb und um die 40 bzw. 50 PS der Konkurrenz Paroli bot! Wie Carlsson das anstellte? Mit dem linken Fuß auf der Bremse. Rauschte er auf eine Kurve zu, blieb er mit dem rechten Fuß auf dem Gas, um den Zweitakter auf Touren zu halten. Mit links tippte er die Bremse so lange an, bis das Heck leicht wurde, ausbrach, und mit Schwung um den Scheitelpunkt segelte, Schonend fürs Auto war das nicht, das gab er später zu, funktionierte aber bestens – speziell auf den unbefestigten Waldwegen Skandinaviens und im Schnee der französischen Seealpen.So gut, dass er 1962 und 1963 die Monte gewinnen konnte, im ersten Jahr sogar vor Eugen Böhringer auf einem Mercedes 220 SE. Dieser Sieg war nicht nur wichtig für das internationale Renommee von Saab, er markierte auch den Beginn einer neuen Ära im Rallyesport. Den Beginn der Zeit, in der seitdem das beidfüßige Bedienen der Pedale zum Standard nicht nur der erfolgreichen Piloten gehört. Eines der Landemanöver auf dem Dach war übrigens weniger einer Unachtsamkeit Carlssons geschuldet, es diente der Rettung aus höchster Not. Wer die Wahl hat, in einen plötzlich die Rallye-Strecke kreuzenden Zug zu krachen oder das Auto aufs Dach zu legen, entscheidet sich wohl nicht für den Zug.
Was heißt Schlitzohr auf schwedisch?
Kreativ mit besonderen Situationen umgehen, das müssen Rallyefahrer auch heute noch. Ob sie den Charme und die Schlitzohrigkeit besitzen, mit denen Carlsson sich 1962 aus einer einer besonderen Notlage befreien konnte, steht auf einem anderen Blatt. Der hielt, als während der Rallye England ein wichtiges Teil an der Hinterachse seines Autos brach, kurzerhand neben einem am Streckenrand geparkten, baugleichen Fahrzeug – und baute dort das benötigte Ersatzteil aus. Den verdatterten Besitzern hinterließ er eine Notiz hinter dem Scheibenwischer, die besagte, er sei Werksfahrer bei Saab und werde für Ersatz sorgen. Ein Grund für Streit? Ganz im Gegenteil. Der Beginn einer Freundschaft zwischen den Besitzern des Spender-Saab und dem Ehepaar Moss-Carlsson, die viele Jahre hielt. Apropos Moss-Carlsson. "Carlsson på taket" (Carlsson auf dem Dach) verliebte sich zweimal in seinem Leben. Einmal in Pat Moss, die kleine Schwester des Mannes, der heute als Sir Stirling Moss selbst eine Renn-Legende ist, und die zudem ebenfalls talentierte Rallye-Fahrerin war. Die Ehe hielt bis zu Pats Tod 2008. Die zweite Liebe aber galt der Marke Saab. Obwohl Carlsson nie einen Vertrag mit dem Autobauer aus seiner Heimatstadt Trollhättan unterschrieb, blieb er Saab zeitlebens treu. Vielleicht ist es auch das, was mich bis heute so sehr an Erik Carlsson fasziniert. Lieber Mr. Saab, danke für viele wunderbare Augenblicke!
Service-Links