BGH-Urteil: Händler können AdWords-Markenfreigaben einfordern
Auf Legal Tribune Online hat Martin Schirmbacher ein interessantes Urteil des Bundesgerichtshofs zu der Verwendung von Marken in AdWords kommentiert. Demnach können Markeninhaber zwar weiterhin unterbinden, dass jeder ihre Marken einfach so in AdWords-Anzeigen verwendet. Allerdings müssen sie das Werbetreibenden bei zulässiger Nutzung dann aber doch erlauben.
Hintergrund
Wer bei AdWords viele Anzeigen für Markenprodukte schaltet, bekommt früher oder später eine Mail von Google: Anzeige abgelehnt. Ablehnungsgrund:
Marke und Anzeigeninhalt: Aufgrund von möglichen Beschwerden wegen Markenrechtsverletzungen dürfen Inserenten bestimmte markenrechtlich geschützte Begriffe bzw. Elemente nicht in ihren Google AdWords-Kampagnen verwenden
Das passiert, wenn man eine Marke im Anzeigentext verwenden möchte, die der Inhaber bei Google quasi “gesperrt” hat. Markeninhaber können das tun, indem sie eine sogenannte “Markenbeschwerde” bei Google einreichen. Den Begriff “Beschwerde” halte ich dabei für unglücklich gewählt, denn letztlich beschwert man sich dabei gar nicht über eine konkrete Sache, sondern sperrt praktisch einfach die Marke gegen unbefugte Verwendung. Das Ganze lässt sich recht einfach per Formular anstoßen.
Ist die Beschwerde erfolgreich, dann können Werbetreibende zwar weiterhin auf die zugehörigen Keywords bieten, den Markennamen aber nicht mehr im Textteil ihrer Anzeigen verwenden. Das dürfte der Grund sein, weswegen sich bei der Suche nach “nike laufschuhe” auch die rechts abgebildeten Anzeigen ohne konkrete Nennung der Marke wiederfinden.
Markeninhaber können Werbetreibenden aber das Recht einräumen, ihre Marken in Anzeigen zu verwenden. Auch dafür stellt Google ein Formular bereit.
Üblicherweise bekommt man als autorisierter Händler diese Freigabe problemlos, auch wenn das Hin und Her ein bisschen umständlich ist. Ich nehme an, dass Amazon sich die Mühe im obigen Beispiel gespart hat. Es gibt aber auch Fälle, in denen sich Markeninhaber weigern, eine Freigabe zu erteilen. Um einen solchen Fall geht es im angesprochenen Urteil.
Das Urteil
Ursprünglich geklagt hatte ein Unternehmen, das den Begriff “Rolex” verwenden wollte, der bei Google durch eine Markenbeschwerde gesperrt war. Der Markeninhaber wollte die Freigabe dazu nicht erteilen, wozu er dann aber gerichtlich verpflichtet wurde.
Die Klage hatte sich eigentlich gehen die Markenbeschwerde an sich gerichtet, da diese eine wettbewerbswidrige Behinderung sei. Dem folgte das Gericht allerdings nicht: Die Beschwerde an sich diene der Verhinderung massenhafter Markenverletzungen. Wer aber in zulässiger Weise werben möchte, könne sich ja an den Markeninhaber wenden.
Der muss die Freigabe dann auch erteilen. Er kann die Markenbeschwerde also nicht einfach dazu einsetzen, Werbetreibende nach eigenem Gutdünken zu blockieren.
Fazit
Martin Schirmbacher als Anwalt hat das Urteil nicht überrascht, für mich als Online-Marketer ist es aber nicht selbstverständlich. Denn in der Vergangenheit habe ich durchaus öfters erlebt, dass Markeninhaber von Markenbeschwerden Gebrauch machten, um die Werbung von Online-Händlern zu unterdrücken. Mal geschah das, um nur ausgewählten Partnern die Werbung zu ermöglichen. Ich habe aber auch schon erlebt, dass ein Markeninhaber seinen eigenen Shop eröffnet hat und auf diese Weise die anderen Händler verdrängen wollte – verkaufen zum Originalpreis ohne Mittelsmann lohnt sich halt.
Mit dem Urteil können sich betroffene Händler jetzt zumindest gute Chancen auf dem Klageweg ausrechnen. Inwiefern das in der Praxis auch ausgereizt wird, ist natürlich eine andere Frage. Schließlich ist Händlern und Markeninhabern meist an einer guten Beziehung gelegen.
Martin Röttgerding
Martin Röttgerding ist Head of SEA in der Online-Marketing-Agentur Bloofusion und schreibt schwerpunktmäßig über Google Ads im Bloofusion-Blog und hin und wieder in seinem SEA-Profi-Blog PPC Epiphany.
Martin Röttgerding ist auf LinkedIn zu finden.
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Mai 11th, 2015 at 15:15
hmm…ja, fraglich in der Tat, ob das irgendjemandem in der Praxis was bringt.
Der Abschlusssatz:
“Inwiefern das in der Praxis auch ausgereizt wird, ist natürlich eine andere Frage. Schließlich ist Händlern und Markeninhabern meist an einer guten Beziehung gelegen.”
trifft es da ganz gut 🙂
Wenn ich nicht grade wie im besagten Fall “gebrauchte” Markenartikel verkaufe, sondern z.B. wie bei mir Versicherungsprodukte großer Versicherungsmarken, dann dürfte es schwierig werden, da der Markeninhaber u.U. anderweitig sanktionieren könnte (Zusammenarbeitsvereinbarung, Einkaufspreise o.Ä.)