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Sachsen-Wahl
Themenarmer Weg zum Wahlsieg der CDU

Am 31. August wird in Sachsen gewählt. Alles sieht nach einem erneuten sicheren Sieg der CDU mit Ministerpräsident Stanislaw Tillich aus. Nur bei der Bildungspolitik gibt es thematisch etwas Protestpotenzial. Und doch könnte der Wahlabend Veränderungen bringen, die weit über die Landesgrenzen hinausweisen - gerade bei den kleineren Parteien.

Von Nadine Lindner | 26.08.2014
    Eine Sachsen-Fahne weht am 18.06.2014 vor dem Sächsischen Landtag in Dresden (Sachsen)
    In Sachsen wird am 31. August gewählt. (picture alliance/dpa/Arno Burgi)
    Eigentlich ist es ein Tag ganz nach dem Geschmack des Ministerpräsidenten Stanislaw Tillich.
    Die Sonne scheint, der Marktplatz der Kleinstadt Grimma ist voll. Einige haben ein Schild "Tillich – Wähl ich" in der Hand.
    "Wer nicht weiß, was er am 31. August in der Wahlkabine machen soll, weil er einen viel zu großen und langen Zettel vor sich hat. Wenn sie den Wahlschein nehmen, dann sind sie oben rechts richtig Vielen Dank!"
    Die CDU-Vorsitzende, Bundeskanzlerin Angela Merkel, hat für ein paar Stunden die Krisendiplomatie zum Irak und der Ukraine unterbrochen und ist nach Sachsen gereist - Wahlkampfhilfe.
    "Heute ist unter den neuen Bundesländern Sachsen ein Vorbild. Aber Sachsen ist nicht nur unter den neuen Bundesländern ein Vorbild. Vieles, das hier geschafft wird, die Schulabschlüsse, die Studienabschlüsse das ist deutschlandweit Spitze!"
    Bildungspolitik ist in der Kritik
    Und doch ist die Idylle getrübt. Denn da steht auf einmal diese Teenagerin vor der Bühne – sie unterbricht die Kanzlerin in ihrer Rede. "Es gibt zu wenige Lehrer hier", ruft sie laut.
    - "Aber es gibt viel zu wenige Lehrer!"
    - "Viel zu wenige, was?"
    - "Lehrer
    "Es gibt noch immer was zu verbessern, aber ich muss ihnen sagen, den Erfolgskurs, der hier in 20 Jahren gelegt wurde, den darf man nicht aufs Spiel setzen."
    Ja, die Bildungspolitik. Es ist das Thema im sonst so themenarmen Sommerwahlkampf. Nicht nur über den Lehrermangel wird gestritten, auch der Betreuungsschlüssel in Kitas oder die Kürzungspolitik an den Hochschulen sorgen für Zündstoff.
    "Wir Eltern erklären das Wort Klassenoptimierung zum Unwort des Jahres."
    Leipzig, im Juli. Kurz vor Schuljahresende haben sich rund 300 Lehrer, Eltern und Schüler vor der Bildungsagentur im Leipziger Westen versammelt. Dieser Vater ist heute hier:
    "Weil die Schulen immer voller werden, die Klassen sind vollgestopft bis zum letzten Platz. In der Schule meines Sohnes werden jetzt vier neue Klassen aufgenommen, nur zwei sind abgegangen. Die Schule hat inzwischen mehr Klassen als Räume. Ich weiß nicht, wo das noch hinführen soll. Also es muss sich was ändern."
    Auch der 13-jährige Moritz, der ein Gymnasium in Leipzig besucht, ist mit seinen Freunden gekommen. Er erlebt das, was bislang nur die Statistiken sagen, jeden Tag in seinem Klassenzimmer: Sachsen steht vor einem dramatischen Generationenwechsel bei der Lehrerschaft. Bis zum Jahr 2030 gehen zwei Drittel der Lehrer an allgemeinbildenden Schulen in den Ruhestand. Der Altersschnitt ist nun entsprechend hoch: Ein Großteil der heute tätigen Lehrer hat den Studienabschluss noch in der DDR gemacht.
    "Es ist nicht bei allen älteren Lehrern so, aber bei einigen, dass die älteren keine Lust mehr haben zu unterrichten. Die denken sich dann auch, jetzt bin ich bald in Rente und fertig. Das ist schon blöd, wenn man so einen Lehrer im Hauptfach erwischt."
    Das sind Aussagen, die verwundern, galt doch Sachsen immer als das Bildungsmusterland schlechthin: Bei den Pisa-Tests immer auf den vorderen Plätzen zu finden.
    Die Landesregierung hat mittlerweile den Unmut erkannt und nach Jahren des eisernen Sparens etwas umgesteuert. Mindestens 1.000 neue Lehrer pro Jahr, verspricht Ministerpräsident Stanislaw Tillich.
    "Wir wissen, dass einen Alterswechsel in den Lehrerzimmern geben wird. Darauf haben wir reagiert. Wir haben die Anzahl der Studentenzahlen erhöht. Wir haben die Anzahl der Referendare erhöht."
    Sparpolitik in Sachsen ist eisern
    Der CDU-Politiker weist auf den Hintergrund der Sparpolitik hin, der liegt darin,
    "dass wir im Jahre 2019 insgesamt im Vergleich zu heute reichlich drei Milliarden Euro an Einnahmen weniger haben werden, die aus Solidarpaktmitteln und aus EU-Fördergeldern sich zusammensetzen. Wir können heute nicht so tun, als ob das nicht stattfindet."
    Doch ob das reicht? Die Opposition hat da ihre Zweifel. Wie die Spitzenkandidatin der Grünen, Antje Hermenau:
    "Die CDU hat über viele Jahre durchgehalten, egal ob mit der SPD oder der FPD sich nicht auf dem Kapitalmarkt zu verschulden. Aber sie haben sich bei den Bürgern verschuldet. Zum Beispiel im Bildungsbereich."
    Am Sonntag wird in Sachsen gewählt. Es ist die erste Abstimmung über ein Landesparlament nach der Bundestagswahl. Ein wichtiger Stimmungstest – auch für die Bundespolitik. Was wird aus der FDP? In Sachsen regieren die Liberalen noch mit. Kann sich die AfD etablieren? Erstmals in einen Landtag einziehen? Welche Koalition wird sich in Dresden am Ende bilden? Zwei Wochen später wird in Brandenburg und Thüringen gewählt.
    Der Wahltermin in Sachsen am letzten Tag der Sommerferien hatte für viel Kritik gesorgt. Die Opposition fürchtet eine geringe Wahlbeteiligung. Schon 2009 hatte sie bei nur 52,2 Prozent gelegen.
    Die 3,5 Millionen sächsischen Wahlberechtigten können sich zwischen 14 Parteien entscheiden. Darunter die sechs Parteien von Linkspartei bis NPD, die bereits im Landtag sitzen. Hinzu kommen die Freien Wähler, die Piraten und die eurokritische AfD, die auf einen Einzug in den Landtag hoffen.
    Nach den letzten Umfragen kann die CDU davon ausgehen, wieder stärkste Fraktion zu werden und damit den Ministerpräsidenten zu stellen - wie schon in den vergangenen 24 Jahren. Mit knapp 40 Prozent der Stimmen liegen die Christdemokraten weit vor der politischen Konkurrenz. Für eine Alleinregierung wird es wohl nicht reichen, aber den Koalitionspartner kann sich Tillich aussuchen.
    Ein komfortabler Vorsprung, der träge macht? Verwalten statt Regieren. So hat Politikwissenschaftler Werner Patzelt von der TU Dresden die zu Ende gehende Legislaturperiode zusammengefasst.
    "Man kann sich fragen, warum entwickelt die sächsische Staatsregierung keine großen Visionen für das Land. Man bricht nicht auf gen Westen über den Ozean ins Ungekannte, sondern hält sich an das, was man kennt. Das nennt man Küstenschifffahrt. Und wenn ein Unwetter aufzieht, man findet immer eine sichere Stelle. So ungefähr macht Tillich Politik."
    Auf der anderen Seite, so hält es ihm Politikwissenschaftler Patzelt zu Gute, habe Tillich seine politische Karriere bislang ohne jeden sichtbaren Kratzer gemacht. Für den 55-jährigen Sorben, der im beschaulichen Panschwitz-Kuckau bei Bautzen wohnt, ging es nur stetig nach oben. Er trat noch zu DDR-Zeiten in die CDU ein, nach der Wiedervereinigung ging er als Mitarbeiter ins Europäische Parlament, bevor er Chef der Staatskanzlei in Dresden wurde, dann Umwelt- und Finanzminister. Nachdem sein Vorgänger Georg Milbradt 2008 über die Sachsen-LB-Affäre gestolpert war, wurde Tillich Regierungschef. Zwischenzeitlich ist er der dienstälteste Ministerpräsident der CDU.
    Der 55-Jährige mit den weißen Haaren und dem oft etwas verschmitzten Lächeln kommt gut an, bei den Bürgern im Land. Endlich sei – nach den Wessis Biedenkopf und Milbradt – ein Sachse Ministerpräsident. Er gibt sich bodenständig. Als Stanislaw von nebenan.
    Der Vater im Landesvater wird auch auf seinen Wahlplakaten sichtbar:
    Langweiliger Wahlkampf in Sachsen
    "Was in der Tat auffällt, in Berlin regiert Mutti, in Dresden regiert Vati. Und ich bin darauf gekommen, weil die ganze Präsentation der CDU ist so, wie man das von einem Marktführer eigentlich erwartet, sehr unaufgeregt, um nicht zu sagen langweilig."
    Findet Olaf Schumann, Geschäftsführer der Dresdner Werbeagentur Viertakt. Marktführer, wie Werber Schumann es nennt, wird Tillich wohl auch die kommenden fünf Jahren bleiben.
    Denn von Wechselstimmung ist im Freistaat wenig zu spüren. Das hängt auch mit den politischen Kräfteverhältnissen zusammen: Linkspartei, SPD und Grüne reichen gemeinsam gerade so an das Ergebnis der CDU heran. Die Linken kommen in den Umfragen auf rund 20 Prozent der Wählerstimmen, die SPD liegt bei 14, die Grünen bei etwa sechs Prozent.
    Doch rot-rot-grüne Farbspiele sind wenig realistisch - anders als im Nachbarbundesland Thüringen.
    Auch wenn die inhaltliche Übereinstimmung zwischen den drei Parteien auf der Hand liegt, die Vorbehalte gegen die Nachfolgepartei der SED überwiegen in Sachsen noch. Zu groß ist die Skepsis derjenigen bei Grünen und SPD, die aus der Bürgerrechtsbewegung der ehemaligen DDR kommen, wie die Spitzenkandidatin der Grünen Antje Hermenau.
    "Ich persönlich, das ist kein Geheimnis, habe gewisse Vorbehalte gegen Vertreter bei der Linken. Das betrifft nicht jeden. Aber wenn ich da zum Beispiel einen sehe, der bekennender IM ist, und heute noch sagt, das war alles gut und richtig, was er getan hat, dann geht mir wirklich in der Hosentasche das Taschenmesser auf."
    Prinzipiell gibt sich der Spitzenkandidat der SPD, Martin Dulig, offen für ein Linksbündnis. Glaubt aber, dass es dafür in der Bevölkerung Sachsens noch keine Mehrheit gibt. Deshalb orientiert er sich eher Richtung schwarz-rote Koalition. Der Spitzenkandidat der Linken, Rico Gebhardt, ist enttäuscht, hofft aber auf die Landtagswahl 2019.
    "Das ist tatsächlich ein Punkt, der mich nicht zufriedenstellt. Wir haben gesagt, klar ist, wenn es zu einem Politikwechsel kommen soll, geht das nur mit den Linken. Alles andere ist nur eine Fortsetzung der CDU-Politik mit anderen Voraussetzungen."
    Zum Beispiel mit der SPD statt der FDP als Juniorpartner. Die Große Koalition ist die Konstellation, die sich die meisten Sachsen laut Umfragen wünschen.
    „Mister 15 Prozent" so wird SPD-Landeschef Martin Dulig auch gerne genannt. Hier schwingt ein wenig Spott mit. Denn Sachsen ist eigentlich sozialdemokratisches Kernland: 1863 wurde in Leipzig der Allgemeine Deutsche Arbeiterverein gegründet, die erste Keimzelle der Partei. Doch nach der Wiedervereinigung ist die SPD im Freistaat nie richtig auf die Füße gekommen. Das lag auch an der Entscheidung, keine ehemaligen SED-Mitglieder in der Partei aufzunehmen. Der Tiefpunkt war das Wahlergebnis im Jahr 2004: von 9,8 Prozent.
    Und deshalb schwingt im Spitznamen „Mister 15 Prozent" auch etwas Respekt mit. Denn der 40-Jährige gilt als Hoffnungsträger der Sozialdemokraten, der die Genossen aus dem Zehn-Prozent-Desaster befreien könnte.
    Duligs Biografie wirkt wie aus einem Bilderbuch der Genossen: 40 Jahre alt, gelernter Maurer, studierter Pädagoge. Vater von sechs Kindern. Seine Kampagne: bis an die Schmerzgrenze personalisiert, ganz auf den Spitzenkandidaten zugeschnitten. Sein wichtigster Wahlhelfer ist sein alter Küchentisch:
    "Ich habe im letzten Wahlkampf eine Rede gehalten, wo ich gesagt habe, meine besten Berater sitzen bei mir am Küchentisch. Und das war für mich so der ausschlaggebende Punkt, diesen Küchentisch nicht nur sozusagen in meinen Reden einzubauen, sondern ihn wirklich physisch mitzunehmen."
    Den Küchentisch will er gegen den Kabinettstisch eintauschen und dort den Platz der Liberalen einnehmen. Denn noch regiert in Sachsen die letzte schwarz-gelbe Koalition Deutschlands. Das Ende von Schulschließungen im ländlichen Raum, der Kampf gegen Mindestlohn und Windkraft, die Einführung sogenannter Heimatkennzeichen fürs Auto – das waren die großen Projekte der FDP-Minister.
    3,5 Prozent der Stimmen – das sagen die Demoskopen der FDP voraus. Trotzdem geben sich die Liberalen cool.
    "Ich bin hier der Chef, ich bin der Holger. Dann stellt ihr anderen euch mal bitte mit vor."
    Letzte Vorbereitungen zur Motorradtour, rund 20 liberale Biker werden in den kommenden Tagen durch Sachsen fahren. Wer Parteichef Holger Zastrow in diesen Tagen beobachtet, der fragt sich, ob er ein gnadenloser Optimist, ein Schönredner oder vielleicht beides ist.
    - "Die Stimmung ist ganz, ganz anders, als im letzten Jahr bei der Bundestagwahl. Jetzt, wo es auf die Zielgerade zugeht, ist es so, dass der Zuspruch ein bisschen wächst."
    - "Wie blicken sie denn auf die politische Konkurrenz, vor allem auf die AfD?"
    - "Gar nicht. Mir völlig egal.
    Ob diese Ansicht alle in seiner Partei teilen? Denn die AfD könnte der FDP genau die Stimmen kosten, die ihr zum Wiedereinzug in den Landtag fehlen. Der 45-Jährige gebürtige Dresdner gilt innerhalb seiner Partei als kritischer Geist, wenn nicht sogar als Querkopf. Mit eigenen Ansichten, die sich nicht immer mit denen der Bundespartei decken. So hielt er den Atomausstieg und die Energiewende für einen Fehler, warf seiner Bundesspitze vor, sie sei umgefallen.
    Der oft beschworene sächsische Weg der Eigenständigkeit, für Zastrow auch der reine marktwirtschaftliche Weg, das ist das, was er auch im Wahlkampf anspricht, wie in diesem Wahlvideo:
    "Ist das gut für Entwicklung unseres Freistaats? Das haben wir es bei dem Mindestlohn gesehen, das ist nicht gut für den Freistaat. Und auch bei der Energiewende. Deswegen lehnen wir die, wie sie gemacht ist, auch ab."
    Abgrenzen will sich die sächsische FDP aber auch von ihrer Bundespartei und klebt Plakate, auf denen sie verkündet: "Sachsen ist nicht Berlin." Will sagen, hier könne man die FPD ruhig noch wählen. Doch ob das reicht? Fakt ist, der Absturz der Liberalen in die Bedeutungslosigkeit würde sich verstetigen, wenn sie auch in Sachsen verlieren.
    AfD könnte in den Landtag einziehen
    Die AfD, die FDP-Chef Zastrow so beharrlich ignoriert, betreibt unterdessen fleißig Wahlkampf. Frauke Petry, Landesschefin und Bundessprecherin der Eurokritiker, ist auf Wahlkampftour unterwegs. Diesen Vormittag in der Kleinstadt Markkleeberg, nur wenige Kilometer südlich von Leipzig.
    "Wir haben als Ziel ausgegeben, das Ergebnis der Bundestagswahl in Sachsen wenigstens zu erreichen, das waren 6,8 Prozent. Als Kampfziel für die Mitglieder haben ausgegeben, dass wir die Zweistelligkeit erreichen wollen. Wobei wir wissen, dass das schwierig werden könnte, weil die Wahlbeteiligung aller Voraussicht nach sehr niedrig sein wird."
    An Selbstbewusstsein mangelt es der 39-Jährigen nicht. Sie kann bereits auf zwei Erfolge verbuchen: Sowohl bei der Bundestagswahl als auch bei der Europawahl hatte die AfD in Sachsen die mit Abstand besten Ergebnisse.
    "Die meisten Sorgen haben die Bürger mit Hinblick auf die Bildungspolitik, den großen Lehrermangel, den wir in Sachsen haben Aber auch bei Polizisten. Die Bürger sehen gerade im ländlichen Raum kaum noch Polizisten. Das Vertrauen in den Rechtsstaat ist gesunken."
    Für Aufsehen in den Medien hat Petry kürzlich mit ihrem Plädoyer für eine Drei-Kind-Politik gesorgt, als sie forderte, eine "normale deutsche Familie" solle drei Kinder haben.
    "Weil wir seit Jahrzehnten einen Geburtenmangel verzeichnen müssen. Und weil wir den Geburtenmangel durch Einwanderung nicht decken können. Und das auch sicherlich nicht die richtige Herangehensweise ist.
    Wir müssen einen Eigenanspruch haben, uns als Nation auch selbst zu erhalten. Und dazu gehören auch ausreichend Kinder."
    Es ist vor allem ein Gefühl, von dem die AfD scheinbar profitiert. Das Gefühl, dass das da oben in Berlin oder Dresden etwas falsch laufe. Dieses spürbare Missbehagen mit Staat und Politik wurde wenige Tage später, bei einem Vortrag der Parteichefin in Freital auch hörbar:
    "Sicherheits- und Mitgrationspolitik ist ein Punkt. Ich als Dresdner Bürger, merke ja, dass es in den letzten Jahren eine zunehmende, schleichende Migration vorherrscht. Und da bin ich auf Antworten gespannt. Eigentlich, dass sie sich der Probleme des Landes annehmen möchte, in puncto Familien, Einwanderung und Energiepolitik. Und bei der GEZ."
    Im Wahlprogramm fordert die AfD in Sachsen Volksabstimmungen über Minarette und ein Ende der "Integrationsfolklore"; Ausländer, die hier sind, sollen sich anpassen. Ein rechtspopulistischer Kurs also, der der Bundessspitze der AfD nicht gefällt, in Sachsen aber Erfolg verspricht:
    Aller Voraussicht nach wird die Alternative in Dresden in den Landtag einziehen – es wäre ihr erster Erfolg auf Länderebene. Und doch läuft es in der Endphase des Wahlkampfs nicht so richtig gut für die noch junge Partei. Da war unter anderem der Rücktritt von Landesvize Thomas Hartung, der bundesweit für Schlagzeilen sorgte, nachdem Hartung via Facebook einen spanischen Lehrer mit Down-Syndrom beschimpft hatte. Und dann waren immer wieder Veranstaltungen mit Rechtsaußenpolitikern geplant, wie mit dem Rechtspopulisten Andreas Mölzer von der FPÖ oder eine Diskussionsrunde zur Asylpolitik mit der "Blauen Narzisse", eine Publikation, die dem neu-rechten Spektrum zuzuordnen ist. Beide wurden erst angekündigt, um dann in letzter Sekunde abgesagt zu werden.
    Und auch diese Äußerungen des AfD-Direktkandidaten Thorsten Reiter in Markkleeberg werfen Fragen über sein Politikverständnis auf:
    "Wenn man sich so Gesellschaftsmodelle anschaut, dann ist für mich die Demokratie nicht wirklich das Beste aller Dinge. Weil dann viele Leute abstimmen, denen ich die dafür nötige Bildung oder Meinungsbildung absprechen würde.". Aber das nur mal so, dass wir in einer Demokratie leben."
    Später erklärte Reiter auf Nachfrage, dass er die Demokratie natürlich nicht komplett stellen wollte, es sei einfach eine Meinungsäußerung gewesen.
    Wer Ministerpräsident Stanislaw Tillich in diesen Tagen ärgern möchte, sollte ihm die Frage stellen, wie er es nach der Wahl mit der AfD halten will. Denn eine Koalition mit den Eurokritikern schließt der CDU-Ministerpräsident nicht von vornherein aus:
    "Wissen Sie, das ist eine immer wieder gestellte Frage. Die AfD ist nicht im sächsischen Landtag. Da lassen Sie erst mal den Wähler sprechen. Alles andere, das ist ein Thema..... Ich habe meine Antwort gegeben."
    Der Aufstieg der AfD erstaunt auch, weil er relativ wenig auf Kosten der rechtsextremen NPD geht. Bislang waren Politikexperten zumindest von einer partiellen Überschneidung der Wählerschaft ausgegangen. Doch nach den neuesten Zahlen könnte auch die NPD den Sprung über die Fünf-Prozent-Hürde schaffen.
    Spitzenkandidat Holger Szymanski versucht, beim Wahlkampftermin in Zittau im dunklen Anzug und Krawatte Seriosität auszustrahlen, doch seine Feinbilder sind klar.
    "Wir wollen unsere Heimat Sachsen bewahren. Die Heimat wird bedroht. Durch Asylbewerber, die sich hier unberechtigt unserer Ansicht nach aufhalten
    Auch für die Rechtsextremen ist die Wahl in Sachsen von bundespolitischer Bedeutung, weil eine Landtagsfraktion eine wichtige Finanzquelle ist, sagt Michael Nattke vom Kulturbüro Sachsen. Er berät Kommunen und Organisationen im Umgang mit Rechtsextremismus und beobachtet die Szene seit Jahren:
    "Die Wahl in Sachsen hat eine grundlegende bundespolitische Bedeutung für die NPD. Die Mitarbeiter, die da bei der sächsischen Fraktion mitarbeiten, sind Spitzen der JN bundesweit."
    Konsequent wurde Sachsen seit den späten 90er-Jahren zu einem Dreh- und Angelpunkt auch für die Bundes-NPD ausgebaut
    Fazit: Sachsen vor der Wahl – ein Land mit Gegrummel, aber ohne spürbare Wechselstimmung. Einen Machtwechsel wird es am 31. August wohl nicht geben. Und doch könnte der Wahltag spannende Veränderungen bringen, die weit über die Landesgrenzen hinaus eine Bedeutung haben – vor allem bei den kleinen Parteien.