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Fotostrecke

Aktion Street reView: Ein neues Bild von Mons

Foto: Creation Xtnt / Bram Goots

Kulturhauptstadt 2015 Ein Hirsch für Mons

Männer in Grasanzügen, Frauen mit Schwanenfedern - die Einwohner des belgischen Städtchens Mons inszenieren sich selbst und ihre Kulturhauptstadt 2015. Dabei entsteht eine Parodie von Google Street View.

Eine Parade aus Schönheitsköniginnen, Männer ohne Hose oder ein in Nebel getauchter Hirsch mitten in der Stadt - auf den Straßen von Mons  geht dieser Tage Merkwürdiges vor. Das belgische Städtchen bringt sich auf besondere Weise für das nächste Jahr in Form. Dann ist der Ort 65 Kilometer südlich von Brüssel Kulturhauptstadt Europas .

Auch Pilsen hat 2015 diese Ehre. Und während den Tschechen dort schon wegen des Pilseners, der nach ihrer Heimat benannten Brauart, ein gewisses Maß an Aufmerksamkeit sicher ist, setzen die Belgier auf ihre Straßen - und auf ein Auto, auf dessen Dach Kameras für einen 360-Grad-Blick montiert sind. Zur Feier des Kulturhauptstadt-Jahres nimmt Mons sein eigenes Street View auf.

Zehn Kilometer der Stadt, in der etwa 90.000 Einwohner leben, werden für das Street reView genannte Projekt  in ähnlicher Weise fotografiert, wie der Suchmaschinenbetreiber Google es bei seinem Angebot vorgemacht hat. Doch die dabei entstehenden Bilder werden nicht das Alltagsleben in den Straßen von Mons wiedergeben, sondern extra für die Aufnahmen inszenierte Szenen. Eine Mitwirkung von Einheimischen - und Besuchern - ist ausdrücklich erwünscht.

Grasanzüge, Anonyme und eine Jagd auf Autos

Das Ziel sei, so den Ort und seine Bewohner vorzustellen, sagt Johan Vreys vom Organisationsteam Mons 2015. Mehr als 400 Einheimische hätten sich bei den Terminen im Mai und Juni  beteiligt. Derzeit fährt das Auto wieder durch die Stadt: Für die bis zum 31. August angekündigten Termine   müssen Interessierte sich anmelden.

Für den bislang letzten Fototag suchen die Organisatoren auch noch nach Touristen aus dem Ausland: An jenem Termin soll eine möglichst große Gruppe von Anhaltern an der Rue de Nimy in Szene gesetzt werden, die ein mit ihrem Heimatort beschriftetes Schild in die Höhe halten. An anderen Orten in der Stadt ging es bislang nicht weniger bunt zu.

Die Rue Verte etwa, die "grüne Straße", hat man für das Foto am 8. Juni in einen Ort der Natur verwandeln wollen und dafür unter anderem Männer in Grasanzüge gesteckt. In der Rue de la Peine Perdue, der Straße der vergeblichen Mühe, halten Einwohner Schilder mit Dingen - und Menschen - hoch, die sie verloren haben.

In der Rue Gouverneur Damoiseau gingen die Anwohner auf Jagd nach Autos - was man als Beitrag zum Thema Mobilität, aber auch als Angriff auf das Kameragefährt von Google verstehen könnte. Und die Rue d'Havré wurde zur Straße der Anonymen, die auf kreative Weise ihre Gesichter vor dem Kameraauto verbergen.

Konzipiert wurde Street reView von der Gruppe xTNT

Seitenhiebe auf Google und sein Street View seien nicht absichtlich eingebaut worden, sagt Johan Vreys vom Organisationsteam Mons 2015, aber man könne die Szenen auch so verstehen: "Es gibt keine klare Erklärung, wie ein Motiv zu deuten ist." Konzipiert hat das Projekt die französische Künstlergruppe xTNT . Ihr Ziel sei gewesen, eine "künstlerische und lustige Parodie" auf den Google-Dienst zu kreieren, sagt Vreys. Und so greift ihre Umsetzung des Kulturhauptstadt-Mottos, "Mons - wo Technologie auf Kultur trifft", eben nicht nur die Historie bestimmter Orte oder Details ihrer Lage in der Stadt auf.

Google selbst ist laut Vreys nicht an der Aktion beteiligt, weder durch Technik noch mit Geldern. Street reView sei ein unabhängiges Kunstprojekt. Allerdings besteht zwischen dem Unternehmen und der Region seit 2010 eine besondere Verbindung, ein Grund, weshalb Google auch das Mundaneum  in Mons unterstützt, ein Musuem, das sich mit Informationstechnologie beschäftigt.

Seit 2010 befindet sich in St. Gishlain , einem Nachbarort von Mons, eines drei großen Rechenzentren  des Konzerns in Europa, neben Dublin in Irland und dem finnischen Hamina. Trotzdem konnten die Belgier sich, als das Google-Auto für den in Belgien seit Ende 2011 verfügbaren Kartendienst durch ihr Land fuhr, nicht mit Street View anfreunden. Genau wie in Deutschland gab es Proteste gegen den Kartendienst.

Das zumindest ist bei Street reView nicht zu erwarten, wenn das Ergebnis am 24. Januar 2015 auf einer speziellen Website veröffentlicht wird.